Kreis Wesel. Viele Ausbildungsstellen sind noch unbesetzt, auch in beliebten Berufen. Jugendliche haben noch gute Möglichkeiten. Auch über den Sommer hinaus.
Das neue Ausbildungsjahr ist offiziell gestartet. Doch auch weit über den 1. August hinaus ist es möglich, eine Lehrstelle zu finden. Darauf weist die Agentur für Arbeit im Kreis Wesel ausdrücklich hin. Laut Barbara Ossyra, Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur, bietet der Ausbildungsmarkt „noch jede Menge Chancen“. Demnach sind im Kreis Wesel bislang 1045 Lehrstellen unbesetzt, während 610 Jugendliche noch einen Ausbildungsplatz suchen.
Lehrstellen im Kreis Wesel: Ein Einstieg ist auch im Herbst noch möglich
Doch auch das müsse nichts bedeuten, sagt Markus Brandenbusch, Bereichsleiter Berufsberatung in der Agentur für Arbeit, auf Nachfrage. Da sich die üblichen Starttermine für eine Ausbildung bis Anfang September erstreckten, sei jetzt „noch ganz viel Bewegung im Markt“, so Brandenbusch. Und auch nach dieser Frist muss nicht Schluss sein. „Selbst nach diesen klassischen Einstiegsterminen kann eine Ausbildung auch noch bis in den Herbst hinein und manchmal sogar noch später begonnen werden“, erklärt der Bereichsleiter.
„Erfahrungsgemäß werden zudem kurzfristig neue Ausbildungsstellen gemeldet oder erneut ausgeschrieben, weil zum Beispiel eine Bewerberin oder ein Bewerber abgesprungen ist“, sagt Brandenbusch. Oftmals passten auch Angebot und Nachfrage nicht zusammen, wenn einem Jugendlichen zum Beispiel eine Ausbildungsstelle angeboten werde, die von seinem Wohnort aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum oder nur schlecht zu erreichen sei.
„Selbst nach diesen klassischen Einstiegsterminen kann eine Ausbildung auch noch bis in den Herbst hinein und manchmal sogar noch später begonnen werden“
Einige Jugendliche, so Brandenbusch weiter, setzten statt einer Ausbildung auch alternativ ihre schulische Ausbildung fort. Deshalb wisse man erst nach Beginn des neuen Schuljahres, wie viele Jugendliche im Kreis Wesel am Ende tatsächlich ohne Lehrstelle dastehen. Ende September werde es eine abschließende Auswertung geben.
Für die Bewerberinnen und Bewerber, die keine passende Ausbildung gefunden haben, gibt es laut Arbeitsagentur mehrere Möglichkeiten. „Einige nutzen dann doch lieber die Möglichkeit, weiter zur Schule zu gehen, bevor sie eine Ausbildung aufnehmen, die nicht ihren Wünschen entspricht“, sagt Markus Brandenbusch. Dafür sei es aber wichtig, im engen Austausch mit der Berufsberatung zu bleiben, „um eventuell doch noch interessante Alternativen zu finden“.
Sommer der Berufsausbildung
Für Unentschlossene bietet sich ein Blick auf die Angebote unter www.arbeitsagentur.de/jobsuche an. „Bei vielen gemeldeten Ausbildungsstellen ist vorher ein Praktikum möglich“, schreibt die Agentur für Arbeit, die im Rahmen des „Sommers der Ausbildung“ mehre Gesprächstermine im Angebot hat. Los geht es am Mittwoch, 7. August, in der Agentur für Arbeit an der Reeser Landstraße 31 in Wesel mit der offenen Sprechzeit im Berufsinformationszentrum (BiZ) von 9 bis 14 Uhr für Jugendliche und Eltern zu allen Fragen rund um Ausbildung, Bewerbung und Studium. Weitere Angebote finden sich in der Agentur für Arbeit Dinslaken, Moltketstraße 11, am 19. August, von 8 bis 14 Uhr mit einer offenen Sprechzeit und am 2. September in einem Blind Date mit örtlichen Handwerksbetrieben und offene Sprechzeit der Berufsberatung für ausbildungsinteressierte Jugendliche. Die Arbeitsagentur in Moers bietet am 10. September, ab 14 Uhr eine Fortbildung für Arbeitgeberinnen und -geber unter dem Totel „Talente fördern“ an. In Kamp-Lintfort steigt am 12. September die Messe „connect me“ auf dem Campus der Hochschule Rhein-Waal an der Friedrich-Heinrich-Allee 25.
Für Jugendliche, die nicht mehr in die Schule zurückkehren, sich aber unsicher über ihren weiteren Berufsweg sind, kommt eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine Einstiegsqualifizierung (EQ) in Betracht. Laut Agentur für Arbeit ist eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme sinnvoll, wenn man nicht weiß, welcher Ausbildungsberuf infrage kommt, sich nach einer verlorenen Ausbildungsstelle neu orientieren möchte oder sich nicht sicher ist, ob der Wunschberuf tatsächlich passt. Die Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme kann bis zu zwölf Monate dauern und ist in theoretische und praktische Abschnitte unterteilt.
Eine Einstiegsqualifizierung ist ein sozialversicherungspflichtiges Praktikum für die Dauer von vier bis zwölf Monaten, das sich vor allem an Arbeitgeber richtet, die ihre potenziellen Azubis vorher kennenlernen möchten. Die Arbeitsagenturen oder die Jobcenter fördern das Praktikum durch einen Zuschuss zur Praktikumsvergütung und eine Pauschale für die Beiträge zur Sozialversicherung.
Von den 1045 noch offenen Ausbildungsstellen im Kreis Wesel verteilen sich zahlreiche auch auf Ausbildungsberufe, die bei den Bewerberinnen und Bewerbern hoch im Kurs stehen, zum Beispiel Einzelhandelskaufleute, Bürokaufleute oder zahnmedizinische Fachangestellte. Auch Kfz-Mechatroniker und -Mechatronikerinnen werden noch gesucht, genauso wie Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie Pflegefachfrauen und -männer oder angehende Friseurinnen und Friseure.
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An den Zahlen der Arbeitsagentur ist der Fachkräftemangel deutlich ablesbar. Demnach hatten sich seit Oktober 2023 insgesamt 2228 Bewerberinnen und Bewerber gemeldet, dieser Zahl standen 2554 Ausbildungsstellen gegenüber. So habe die Nachfrage rein rechnerisch ohnehin nicht gedeckt werden können, so Markus Brandenbusch. Hinzu kämen die Ausbildungsverhältnisse, die an verschiedenen Vorstellungen scheiterten. „Da aber gerade in den kommenden Wochen die noch unversorgten Bewerber auf die unbesetzten Ausbildungsstellen hingewiesen werden, bildet sich hier zurzeit auch erst ein Zwischenergebnis ab“, sagt der Bereichsleiter.