An Rhein und Ruhr. Hohe Infektionszahlen bestimmen den Alltag. Dennoch sollen alle tiefgreifenden Maßnahmen fallen. Ein Überblick über die Corona-Lage in NRW.
Die Infektionszahlen steigen, Inzidenzen und Todesfälle sind immer noch hoch: NRW befindet sich weiterhin inmitten der Omikron-Welle. 60,5 Prozent der Bürgerinnen und Bürger im bevölkerungsreichsten Bundesland haben, Stand 14. März, eine Auffrischimpfung erhalten. Insgesamt 81,4 Prozent sind es bei den Ü60-Jährigen, 64,9 Prozent in der Altersklasse von 18 bis 59 Jahren und 31,9 Prozent bei den 12- bis 17-Jährigen. Zahlreiche Impfdurchbrüche in der Gesamtbevölkerung bedingen derzeit zusätzlich die steigenden Infektionen. Dennoch sollen ab dem 20. März alle tiefgreifenden Corona-Maßnahmen fallen. Für die einen ein Tag, den sie mit Freude herbeisehnen, für die anderen bedeutet es neue Sorgen und Ängste.
Die Situation der Wirte in NRW
„Ich kann es überhaupt nicht nachvollziehen“, sagt Matthias Langhoff. Der Gastronom und Inhaber des Walsumer Hof in Duisburg hat sich deswegen auch entschieden, weiterhin auf den beschränkten 2G-Zugang in seinem Lokal zu setzen: „Schon alleine, um meine Mitarbeiter zu schützen.“
Caritasdirektor der Dekanate Wesel und Dinslaken macht sich Sorgen
So leicht wie für Langhoff, einfach weiter an strengeren Maßnahmen festzuhalten, ist es für Michael van Meerbeck nicht. Der Caritasdirektor der Dekanate Dinslaken und Wesel dürfe nicht einfach selbst entscheiden, dass nur Menschen mit einem 2G- oder 2Gplus-Nachweis die Bewohner in den Altenheimen besuchen dürfen. Dies entscheide immer noch die Heimaufsicht. Die Angst vor einer neuen Corona-Welle in den Pflegeeinrichtungen sei groß. „Natürlich bin ich nervös“, zeigt sich van Meerbeck besorgt. Bereits jetzt sei die personelle Situation angespannt, die einrichtungsbezogene Impfpflicht verschärfe die Lage weiter. „Wir haben enorme Personalausfälle“ und dennoch: „Uns bleibt nichts anderes als mitzuziehen.“
Hoher Andrang bei Hausärzten am Niederrhein
Dass sich viele Mitarbeiter derzeit krankmelden, merken auch die Mediziner in den Hausarztpraxen. „Es wird wieder voller“, berichtet Monika Baaken, Pressesprecherin des Hausärzteverbandes Nordrhein. Das sei sicherlich auch eine Nachwirkung der Karnevalstage, an denen sich viele Menschen getroffen hätten. „Wir haben im Moment sehr viele Krankheitsfälle unter unseren Patienten.“
Ist die vierte Impfung nötig?
Immer weniger zu tun haben die hausärztlichen Praxen hingegen mit dem Impfen. Das gehe laut Monika Baaken mittlerweile in den Alltag der Hausärztinnen und Hausärzte über: „Das Gros der Leute, die geimpft werden wollten, ist geimpft“, so die Sprecherin. „Mittlerweile gibt es die ersten Patienten, die verständlicherweise mit den Hufen scharren und sich bereits nach einer vierten Impfung erkundigen möchten.“
Wie das Land NRW auf NRZ-Anfrage mitteilt, werde von der Stiko die vierte Impfung „nur für einen bestimmten vulnerablen Personenkreis sowie Personen, die mit vulnerablen Personen einen direkten beruflichen Kontakt haben“, wie Pflegekräfte, empfohlen. Dies gelte aber nur, sofern sich die Person nach der dritten Impfung nicht infiziert hat. „Es entfällt somit bei dreifach geimpft und danach Genesenen die Empfehlung für eine zweite Auffrischungsimpfung.“
Was ist mit Novavax?
Deutlich geringer ist das Interesse an einer Impfung mit dem Impfstoff des amerikanischen Herstellers Novavax. Mit dem Totimpfstoff, der keine Erbinformationen enthält, waren viele Hoffnungen verbunden, so sollte er etwa als Brücke für Menschen ohne Impfung dienen. 309.000 Dosen hatte das Land Nordrhein-Westfalen bestellt. Ende Februar wurden diese an Städte und Kreise verteilt. Bislang wurden laut dem Robert-Koch-Institut allerdings bloß 5.975 Erst- und 482 Zweitimpfungen mit Novavax in NRW verabreicht.
Aus dem Landesgesundheitsministerium heißt es auf NRZ-Nachfrage, die Dosen seien noch bis Ende Juli haltbar. Ob sich für alle eine Abnehmerin oder ein Abnehmer finden lassen wird, dürfte zumindest in Frage gestellt werden. Auch in den Hausarztpraxen gebe es kaum Nachfrage nach Novavax, schildert Monika Baaken. Bisher ist der Impfstoff meist nur im Impfzentrum verfügbar. Dort ist er auch gut aufgehoben, findet die Sprecherin des Hausärzteverbandes: „Der Beratungsaufwand bei Menschen, die noch immer vor einer Impfung zögern, ist sehr hoch. Das kann nicht zum Nachteil der anderen Patienten sein, wir müssen die Allgemeinversorgung sichern.“
Lage auf der Intensivstation am Uniklinikum in Essen
Das ist ebenfalls Aufgabe der Krankenhäuser. Dort hat sich die Lage auf den Intensivstationen durch meist schwächere Verläufe bei der Omikron-Variante im Vergleich zu vorherigen Wellen leicht entspannt. Von aktuell 83 Corona-Patienten, die etwa die Universitätsmedizin Essen versorgt, sind 15 Personen auf der Intensivstation. Bei rund der Hälfte der Coronafälle auf den Stationen sei die Infektion als Nebenbefund bei der Aufnahme ins Krankenhaus festgestellt worden, teilt das Klinikum auf Nachfrage mit.