Kalkar/Kleve. Künstler Wilfried Porwol hatte das Kriegerdenkmal in Kalkar „farblich verändert“. Justiz befasste sich zum siebten Mal mit dem Fall. Das Urteil.
Als Richter Alexander Lembke in seiner Urteilsbegründung das Wort Sachbeschädigung in den Mund nahm, verlor der Angeklagte endgültig die Beherrschung. „Das ist Quatsch, das ist eine Sachverbesserung“, rief er dem Gericht entgegen. Der Angeklagte, Wilfried Porwol, jetzt Rentner, ehemals Lehrer, immer Pazifist und Künstler, hatte zu zwei Gelegenheiten das Kriegerdenkmal in Kalkar mit reichlich Farbe versehen und politische Botschaften angebracht. Schon das Wort „beschmiert“ ließ der Künstler im Prozess nicht gelten. „Ich habe es farblich verändert“, so Porwol.
Seit 2019 beschäftigt sich die Justiz mit dem Fall
Die beiden Taten aus den Jahren 2019 und 2020 beschäftigen nun auch schon genauso lange die Justiz. Zweimal wurde der Künstler vor dem Amtsgericht verurteilt, einmal zu 30 Tagessätzen und einmal zu 40 Tagessätzen, jeweils wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung. Er ging in Berufung, die beiden Vorgänge wurden zusammengefasst, und es gab eine neue Strafe, diesmal insgesamt 60 Tagessätze. Gegen das Urteil legte er Revision ein, und, siehe da, das Oberlandesgericht in Düsseldorf hatte Fragen.
Wann ist ein Denkmal ein Denkmal? Erst dann, wenn es in eine amtliche Liste aufgenommen wurde? Wann handelt es sich um ein öffentliches Denkmal? Wenn es der Öffentlichkeit gewidmet wurde, oder reicht dafür schon, dass es öffentlich zugänglich ist – wie das Kriegerdenkmal in Kalkar. Und dann bemerkten die Richter in Düsseldorf noch, dass die Freiheit der Kunst in der Regel nicht den Eingriff in fremdes Sacheigentum beinhalte, so sähe es jedenfalls die Richter des Bundesverfassungsgerichts.
Porwol vergleicht Glorifizierung mit der eines Angriffskrieges in der Ukraine
Da diese Fragen nicht genügend erörtert worden seien, verwiesen die OLG-Richter das Verfahren zurück nach Kleve, sodass sich nun die 10. kleine Strafkammer mit den beiden Farbaktionen beschäftigen musste. Rechnet man zwei Verfahren vor Verwaltungsgerichten wegen der beiden Bescheide für die Reinigungskosten hinzu, handelt es sich also um das siebte Mal, dass die Justiz sich mit dem Kriegerdenkmal in Kalkar befasste.
Einmal mehr erläuterte Porwol in der Verhandlung wortreich, warum das Kriegerdenkmal seiner Ansicht nach eine Zumutung ist. Zum Vergleich hielt er eine Zeichnung in die Höhe, die den Entwurf einer monumentalen Skulptur für die gefallenen russischen Soldaten der „militärischen Spezialoperation“, wie der Ukraine Krieg in Russland offiziell genannt werden muss, imaginierte – mit einem riesengroßen Z. „Das wäre in Deutschland zu Recht verboten, wegen der Glorifizierung eines Angriffskrieges“, so Porwol. Wie könne es da sein, dass der Adler in Kalkar überhaupt noch stehe, zumal im Sockel auch noch ein Zitat aus Hitlers „Mein Kampf“ zu lesen sei.
Verurteilung wegen einfacher Sachbeschädigung kam infrage
Das Gericht ließ sich jedoch auf die Grundsatzdiskussion gar nicht erst ein und folgte dem Hinweis des Oberlandesgerichtes, dass auch eine Verurteilung wegen einfacher Sachbeschädigung infrage käme. Der Verteidiger von Porwol hatte Freispruch beantragt, die Staatsanwältin 35 Tagessätze. Das Gericht entschied jedoch auf 50 Tagessätze zu dreißig Euro. Richter Lembke beendete die Verhandlung mit dem Hinweis: „Ich kann Ihnen nur raten, dass Sie künftig ihre politischen Ansichten anders verbreiten.“ Sonst drohe womöglich eine Haftstrafe.