Kreis Kleve. Erleichterung bei vielen Anliegern über den angekündigten Wegfall der Anwohner-Beiträge. Bürger und Kommunen nennen der NRZ ihre Erwartungen.
Die NRW-Landesregierung hat überraschend angekündigt, dass sie die Anlieger von den Gebühren der Straßenbaubeiträge komplett entlasten will. Noch am Dienstagabend, als die Nachricht ganz frisch war, trafen sich fünf Anlieger der Marienwasserstraße in Goch draußen in ihrer Baustelle. Können wir das glauben?, fragten sie sich und fragen sie sich auch heute.
„Wir wären überglücklich“, sagt Sprecher Jörg Blum zur NRZ. „Der Bund der Steuerzahler hat uns unterstützt und wir ihn mit unseren Unterschriften. Aber warten wir ab, von welcher Seite das offiziell bestätigt wird“, bleibt er skeptisch. „Wir haben der Verwaltung keinen Vorwurf gemacht. Sie hatte uns erklärt, dass ihr die Hände gebunden sind, dass sie die Verpflichtung habe, das Geld einzutreiben“, sagt der Gocher.
„Wir empfinden den Anwohnerbeitrag als Ungerechtigkeit. Das hat uns beflügelt“
„Wir empfinden den Anwohnerbeitrag als Ungerechtigkeit. Das hat uns beflügelt immer weiterzumachen. Die Erstattung von 50 Prozent hatten wir schon als Erfolg gebucht“, sagt Jörg Blum.
„Auf jeden Fall positiv“ sieht es Wolfgang Jansen, Leiter des Vermögensbetriebes der Stadt Goch. „Erst mal abwarten, was im Endeffekt beschlossen wird. Die Informationen sind bisher noch nicht alle gleichlautend“, liest er. Bedeutet die Rückrechnung für die Verwaltung Mehraufwand? „Darüber müssen wir nicht nachdenken. Wir würden uns die Arbeit gerne machen. Wir freuen uns für unsere Bürger“, sagt Jansen. Abgerechnet wurde bisher ja auch und zuletzt dem Land 50 Prozent in Rechnung gestellt.
„Grundsätzlich ist die Nachricht für Bürger und Bürgerinnen positiv, weil sie entlastet werden. Tatsächlich zahlen dann alle“, betrachtet in Kalkar Bürgermeisterin Britta Schulz.
Neuerung gilt nicht beim ersten Ausbau einer Straße
„Wichtig ist, dass nur beitragspflichtige Ausbaumaßnahmen betroffen sind, die bereits jetzt für die Bürger mit 50 Prozent gefördert werden. Die erstmalige Herstellung von Straßen ist nicht betroffen“, gibt Britta Schulz zu bedenken. Welchen weiteren Verlauf erwartet sie nach der Landtagswahl? „Da wird man die Beratungen abwarten müssen, aber so eine Maßnahme dürfte schwer zurückzunehmen sein“, mutmaßt sie. Zumal SPD und Grüne zuvor schon die Steuerentlastung von der CDU-FDP-Regierung gefordert hatten.
Der Anlass fürs Umdenken der Landesregierung „ist uns egal. Hauptsache die Bürgerinnen und Bürger werden von den teilweise gar existenzgefährdenden Kosten verschont und der überzogene bürokratische Aufwand findet ein Ende“, sagt Willi van Beek, Fraktionsvorsitzender der SPD in Bedburg-Hau. Auch die hatte sich an der Unterschriftensammlung des Bundes der Steuerzahler beteiligt. Er zollt den Bürgerinnen und Bürgern Respekt, die sich „mit viel Puste für die Abschaffung der Straßenbaubeiträge eingesetzt haben“.
Vorauszahlungen waren auch bisher nie höher als die tatsächliche Rechnung
Auch Anwohner der Spyckstraße in Kleve hatten an Infoständen in der Innenstadt die Unterschriftenlisten des Bundes der Steuerzahler füllen lassen. Der lange Monate umstrittene erste Bauabschnitt begann dann nach großem Protest 2017. Wohl zu früh, um jetzt eine Gelderstattung zu erwarten. Sprecherin der Anwohner Angelika Paatz-Rürup zur NRZ: „Ich glaube nicht, das wir noch etwas zurück bekommen. Aber uns wurde ja wenigstens die Hälfte erlassen.“ Die Nachbarn am zweiten, vorderen Bauabschnitt Spyckstraße allerdings werden wohl Glück haben. Die Kanalsanierung dort beginnt in der zweiten Jahreshälfte 2022.
Kleves Stadtsprecher Niklas Lembeck erklärt der NRZ: Straßenbeiträge werden nach Abrechnung der Gesamtmaßnahme erhoben. In manchen größeren Fällen werden die Bürger aber um Vorauszahlung gebeten, die aber nie höher als die tatsächliche Rechnung ausfallen.