Goch. Zahlreiche Kommunen suchen händeringend nach Klimaschutzmanagern. Goch hat seinen Experten gefunden: Marco Stabe will CO2-Bilanz verbessern.
Marco Stabes Weg war gewissermaßen vorgezeichnet. Dass er nach Goch führen würde sicher nicht, aber der heute 37-Jährige hatte „seit jeher einen engeren Draht zur Natur“, wie der neue städtische Klimaschutzmanager sagt. „Meine Mutter war Biologie-Lehrerin. Wir sind oft raus in den Wald und haben Tiere und Pflanzen bestimmt“, erzählt Stabe. Dazu gab und gibt es viele Möglichkeiten in der idyllisch gelegenen Kleinstadt Prenzlau in der Uckermark, wo er zwischen Seen und Feldern aufgewachsen ist.
Der Brandenburger wechselt in die Heimat seiner Frau
Der ländliche Raum ist Marco Stabe also nicht fremd, das hat ihm die Eingewöhnung am Niederrhein erleichtert. Mit seiner kleinen Familie ist er nach Rindern gezogen, seine Ehefrau stammt aus dem Klever Ortsteil. Und Anfang des Jahres hat Stabe die neu geschaffene und geförderte Stelle als Klimaschutzmanager in der Gocher Stadtverwaltung angetreten.
„Ich fühle mich hier sehr gut aufgehoben und habe schon einige nette Leute kennengelernt. Die Verwaltung ist insgesamt sehr modern aufgestellt“, schildert der gebürtige Brandenburger seine ersten Erfahrungen. In der Mittagspause schlendert er gerne den kurzen Weg vom Rathaus zur Nierswelle. Und auch von der Bedeutung des Karnevals in der neuen Heimat hat Marco Stabe schon gehört – und bedauert, dass es wegen Corona bislang beim Hörensagen blieb.
Seine Hauptaufgabe ist das Erstellen eines Klimaschutzkonzeptes
Aber der Klimaschutzmanager ist ja ohnehin vor allem zum Arbeiten nach Goch gekommen. Für zwei Jahre wird seine Stelle gefördert. Die Hauptaufgabe in dieser Zeit ist die Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes, zu dem unter anderem eine Bestandsaufnahme und eine CO2-Bilanz gehören. Diese sollen aufzeigen, wo Goch aktuell beim Klimaschutz steht und an welchen Stellen Kohlenstoffdioxid eingespart werden kann. Ein Monitoring wird anschließend regelmäßig überwachen, ob die konkreten Maßnahmen funktionieren.
Lassen sich Bürger beispielsweise überzeugen, ihre Schottergärten wieder in natürlichere Flächen umzugestalten? Marco Stabes Meinung zu dem viel diskutierten Thema ist klar: „Schottergärten sind Wüsten, die sich im Sommer aufheizen und die Hitze selbst über Nacht abstrahlen. Oft machen sie auch nicht weniger Arbeit, weil es doch einen Sameneintrag gibt und zwischen den Steinen etwas wächst.“ Die Stadt Goch fördert bereits mit maximal 1000 Euro pro Projekt die Umwandlung von Schottergärten in naturnahe und insektenfreundliche Vorgärten.
Der Gocher Kampf gegen den Klimawandel und seine Folgen war jüngst auch Thema bei den Haushaltsberatungen. Die Grünen forderten mit einem „Sofortprogramm Klimaschutz“ mehr Tempo, während Stadtwerke-Geschäftsführer Carlo Marks auf das bereits Erreichte unter anderem bei der E-Ladesäulen-Infrastruktur verwies.
„Die Notwendigkeit zur Umsetzung von konkreten Maßnahmen ist unbestritten“
Nach wenigen Wochen im neuen Job wolle er sich noch kein Urteil erlauben, sagt Marco Stabe. Auch sein Vorgesetzter Wolfgang Peiter – Leiter der Abteilung Stadtplanung und Bauordnung, in der die Stelle angesiedelt ist – möchte Gochs Bemühungen nicht direkt mit denen anderer Kommunen vergleichen. Aber er sagt mit Blick auf die Klimaschutzaspekte im nahezu fertiggestellten Radverkehrskonzept und dem Mobilitätskonzept, das in diesem Jahr beauftragt werden soll: „Wir sind auf einem recht guten Weg. Das ist zunächst konzeptionelle Arbeit, aber die Notwendigkeit zur Umsetzung von konkreten Maßnahmen ist unbestritten.“
Auch das Klimaschutzkonzept sei kein Selbstzweck, sondern die Grundlage, um etwa Fördermittel für Goch gewinnen zu können, stellt Peiter fest. Die noch knapp zwei Jahre, bis das Konzept komplett steht, sollen jedoch keine verlorene Zeit werden. „Es gibt attraktive Förderkulissen, die wir bereits jetzt ausschöpfen können, um etwas zu bewegen“, sagt Stabe. „Den Überblick zu behalten, ist nicht ganz leicht, aber ich kenne mich mittlerweile besser aus im Förder-Dschungel.“
Er war bereits als Klimaschutzmanager in der Nähe von Aachen tätig
Denn der neue Mann in der Gocher Verwaltung war zuletzt rund vier Jahre als Klimaschutzmanager in der 48.000-Einwohner-Stadt Alsdorf in der Städteregion Aachen tätig und arbeitete dort vor allem federführend am Klimafolgenanpassungskonzept mit. „Wir sind froh, mit Marco Stabe jemanden mit bereits großer Erfahrung bekommen zu haben, der mithelfen wird, dass wir als Stadt beim Klimaschutz vorangehen“, sagt Wolfgang Peiter, der weiß, wie begehrt Experten wie der gebürtige Brandenburger derzeit auf dem Arbeitsmarkt sind. Zahlreiche Städte und Gemeinden suchen Klimaschutzmanager, der Kreis Kleve konnten zuletzt seine beiden ausgeschriebenen Stellen nicht adäquat extern besetzen. „Beim Vorstellungsgespräch hatte ich ein gutes Gefühl, das sich nach den ersten Eindrücken noch verstärkt hat“, erklärt Stabe seine Entscheidung für Goch.
Im Moment spricht vieles dafür, dass der 37-Jährige auch über 2024 hinaus – dann läuft die Förderung seiner Stelle aus – in der Weberstadt bleiben wird. Der Bedarf, den Klimaschutz lokal zu managen, wird jedenfalls eher größer als kleiner werden. „Das wird ein Dauerthema und ein Schwerpunkt sein, der uns auf nicht absehbare Zeit begleiten wird“, so Peiter.
Der Werdegang von Marco Stabe
Marco Stabe hat an der Hochschule Neubrandenburg Naturschutz und Landnutzungsplanung studiert und sich vertieft mit der Stadtökologie und dem Stadtklima auseinandergesetzt. In seiner Bachelor- und Masterarbeit untersuchte er die mikroklimatischen Auswirkungen von Dachbegrünungen im Raum Berlin. „Sie haben einen deutlichen Effekt und bieten sehr viel Potenzial, das noch völlig unausgeschöpft ist“, sagt Stabe.
Nach dem Abschluss seines Studiums bewarb sich der heute 37-Jährige Ende 2016 in Alsdorf und wurde einer der ersten Klimaschutzmanager in der Städteregion Aachen. „Ich habe dann live miterlebt, wie das Thema Klimaschutz immer größer wurde.“