Kleve. Bauer Michael Hövelmann dreht auf seinen Äckern regelmäßig Filmchen mit „Döntjes van vrugger“. Das Internet ist ganz wild darauf.

Dieser Mann ist wie eine Naturgewalt: „Kommen se rein, setzen se sich hin, ich hab alles vorbereitet. Wat wollen Sie wissen? Wie alt ich bin? Oder ja: alles von Anfang an?“ Michael Hövelmann hält sich nicht mit langen Vorreden auf: In der Kartoffelscheune hat er zwei Stühle auf Abstand hingestellt. Der Trecker steht daneben und Strohballen sind gestapelt: Der 56-Jährige Landwirt aus Kleve geht direkt in die Vollen. Genauso wie seine Döntjes, die er seit Beginn vergangenen Jahres auf Facebook mit großem Erfolg veröffentlicht: kurz, knackig und mit einer unschlagbaren Pointe. „Denn Bur“ auf Facebook war 2020 der Renner.

Mit dem Handy auf dem Acker

Über Michael Hövelmann darf man gerne lachen. „Denn Bur“ von den Schwanenfunkern haben bereits Tausende Menschen auf Facebook angeklickt. Sie alle amüsieren sich köstlich über die kleinen Filmchen auf dem Feld, wo Bauer Hövelmann mit seinem Handy zwischen den Senfpflanzen an der Querallee steht und wieder ein Döntje auf Kleefs Platt von „onze Opa en Oome Hennie“ erzählt: Kleine Anekdoten vom Niederrhein der 50er Jahre. Es geht um Schnäpskes und zu viel Alkohol, über Blagen und „de Familie“, über unglaublichen Dorfklatsch und skurrilen Anekdoten.

Die Videos stehen und fallen mit Hövelmanns Person. Mit seiner sonoren, kräftigen Stimme könnte der Landwirt von der Querallee auch locker als Hamburger Marktschreier durchgehen. Und seine Beiträge im Netz sind mindestens so unterhaltsam wie ein Abend mit Ludger Kazmierczak.

Niederrheinisches Platt darf nicht sterben

Wie kommt er dazu, sich mit dem Smartphone zwischen die Rüben zu stellen und Geschichten von früher zu erzählen? „Eigentlich habe ich die Absicht, die jungen Leute an die plattdeutsche Sprache heranzuführen“, sagt Hövelmann. Er sieht es mit Grausen, dass der niederrheinische Dialekt bereits in wenigen Jahren verschwunden sein wird. „Wenn ich mit jungen Landwirten zusammen bin, dann spreche ich nur auf Platt mit denen. Nach einer gewissen Zeit merkt man dann, dass sie sich auch bemühen Plattdeutsch zu sprechen. Ist doch toll“, sagt der Karnevalist.

Angefangen hat alles mit einer Geschichte über seinen alten Trecker und seinen Miststreuer. Hövelmann wollte den Leute mal erzählen, wie man früher so gearbeitet hat und aus seinem reichen Repertoire von den Schwanenfunker – Hövelmann steht hier seit 20 Jahren in der Bütt – kann er vollends schöpfen. Auf die ersten Videos hat er zahlreiche positive Reaktionen erhalten. „Und da habe ich einfach weitergemacht.“

14.000 Menschen sehen seine Beiträge

Mittlerweile hat „denn Bur“ 20 Videos online gestellt und sie werden regelmäßig von hunderten Leuten geguckt. Als er sich als Bauer über die zunehmende Probleme in der Landwirtschaft aufgeregt hat, haben sogar 14.000 Menschen den Beitrag gesehen. Damit hätte Hövelmann nie gerechnet. Regelmäßig bekommt er jetzt Aufforderungen: „Komm’ erzähl doch noch mal, wie es früher so war.“ Und dann kramt Hövelmann noch mal in seinen Schwanenfunker-Unterlagen oder er denkt sich was Neues aus, dichtet noch was dazu und schon hat er wieder ein prima „Möppken“, welches er erzählen kann. Nicht länger als eine Minute und immer mit der der Schlussformel: „Enne goeie“ – einen schönen Tag auch.

Die besten Ideen gibt es im Wald

"Die besten Dinger fallen mir im Wald ein“, sagt er. Da ist Ruhe, da kann er nachdenken und wenn er mit seinem Hund auf langen Spaziergängen unterwegs ist, dann hat der Hobbyjäger auch genug Zeit, um über die Zeit „nach dem Kriech“ nachzudenken und sich an die Geschichten von Opa und Oma zu erinnern. „Das sind ja alles Sachen, die ich irgendwann mal aufgeschnappt habe, die sind auch nachweislich so passiert. Ein bisschen erzähle ich natürlich noch dabei“, grinst Hövelmann verschmitzt.

In seiner Familie wurde immer nur auf Platt gesprochen: „Da gab es gar nichts anderes. Wenn der Pfarrer kam, dann hat man sich bemüht Hochdeutsch zu sprechen.“ Aber das ging eher schlecht als recht. Seine Töchter würden die Geschichten auf Facebook durchaus verstehen - aber selber sprechen? Niemals.

Der Selfiestick hilft dem Bauer beim Filmen 

Die Döntjes fürs Netz sagt Hövelmann in der Regel nur einmal auf: „Ich habe die Witze ja schon hundert Mal erzählt. Da wäre es doch komisch, wenn ich noch üben müsste.“ Damit er keinen langen Handyarm bekommt, hat er von seiner Familie einen Selfiestick geschenkt bekommen, den er auf seinen Spaziergängen durchs Feld immer mitnimmt. Denn vielleicht fällt ihm just an diesem Nachmittag wieder eine tolle Geschichte für Facebook ein – wäre doch Schade drum, wenn er sie nicht erzählen könnte.​

Weitere Texte lesen sie unter: www.nrz.de/kleve