Kalkar. Weniger Flächenbedarf und mehr pflegeleichte Angebote: Mit einem Friedhofskonzept möchte Kalkar auf die veränderte Bestattungskultur reagieren.
Der Wandel der Bestattungskultur lässt sich auch auf den Friedhöfen in Kalkar an zunehmenden Lücken zwischen klassischen Gräbern und den größer werdenden Flächen für kleinere Urnengräber feststellen. Weil dieser Prozess nicht aufzuhalten ist und sich eher noch verstärken wird, hat der Rat auf Antrag des Forums im vergangenen Jahr die Verwaltung beauftragt, ein Zukunftskonzept für die kommunal verwalteten Friedhöfe im Stadtgebiet zu entwickeln.
Die Vorarbeiten dafür haben mittlerweile begonnen. Dem Gespräch mit Bestattern, Pfarrerin und Pfarrern folgte Mitte März ein Beratungstag mit Rundgängen über die Friedhöfe in Kalkar und Wissel mit dem Fachbüro „PlanRat – Perspektive Friedhof“ aus Kassel. Erste Erkenntnisse daraus stellte Experte Klaus Güß nun im Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss vor. Der Gesellschafter des auf Friedhofsplanung spezialisierten Büros zeigte zum einen die Gefahr auf, dass ohne Steuerung auf dem Hauptfriedhof in Kalkar und auch auf den Grabfeldern in den Stadtteilen ein „ausgedünnter Flickenteppich“ entstehen werde. Der Friedhofsflächenbedarf wird auf etwa 40 bis 70 Prozent der heutigen Belegung schrumpfen. Zum anderen präsentierte Güß Lösungsvorschläge für die Entwicklung in den nächsten Jahren.
Nur noch Trittplatten sollen die Gräber abgrenzen
„Wir empfehlen, möglichst schnell pflegevereinfachte und nachfrageorientierte Bestattungsangebote zu schaffen“, sagte der Fachmann. In dieser Kategorie gibt es in Kalkar bislang bereits Rasentafelgräber, die jedoch zu pflegeleichten Gräber weiterentwickelt werden sollten. Aktuell sei es kein besonders würdiges Erscheinungsbild, meinte Güß. Auch die Mäharbeiten seien durch den abgestellten Grabschmuck schwierig für die Friedhofsmitarbeiter. Umgebaut würden die Flächen im vorderen Bereich frei bleiben und auf einem hinteren Streifen Platz für Grabschmuck und Bepflanzung bieten. Das Kasseler Fachbüro schlägt vor, ein erstes solches Grabfeld unterhalb der Kapelle auf dem Kalkarer Friedhof anzulegen.
Auch die herkömmlichen Sarg- und Urnengräber sollen eine Aufwertung erfahren. „Die Zwischenräume sind sehr pflegeintensiv und verursachen hohe Kosten“, stellte Klaus Güß fest. Eine Lösung: Die Gräber stoßen künftig nahtlos aneinander und werden nur noch von Trittplatten abgegrenzt.
Populäre Alternative: Baumgemeinschaftsgrabanlagen
Ein weiterer Vorschlag lautet, zusätzlich Baumgemeinschaftsgrabanlagen als Alternative zu Friedwäldern einzurichten. „Damit soll eine Abwanderung in Bestattungswälder verhindert werden“, so Güß. Unter einem bestehenden oder neu gepflanzten Baum wird ein immergrünes Beet angelegt mit Steinquadern oder Findlingen sowie Raum für Grabschmuck und Namenstafeln. Viele Kommunen nutzten dieses Modell bereits und müssten wegen der großen Nachfrage regelmäßig Bäume nachpflanzen, hörten die Ausschussmitglieder. Auch Urnengemeinschaftsgrabanlagen mit Namenstafeln direkt am Beisetzungsort rund um eine Bronzeskulptur sind möglich.
Statt anonyme Gräber könnte Kalkar aus Sicht der Fachplaner außerdem namenlose Beisetzungen ermöglichen. So würden Trauernde auch ohne Namenskennzeichnung zumindest ungefähr wissen, wo sich das Grab befindet. Gänzlich eingestellt werden soll in absehbarer Zeit das Angebot der Ascheverstreuung.
Rasen statt Kies auf manchen Wegen
Die Analyse der Friedhofsgebäude hat ergeben, dass es ausreichend ist, Kühl- und Aufbahrungsräume – eine kommunale Pflichtleistung – nur noch am Hauptfriedhof in Kalkar vorzuhalten, da auch Bestatter Särge zwischenzeitlich einstellen. Die Bereitstellung von Feierräumen ist dagegen ein freiwilliges Angebot der Stadt. Friedhofs-Fachmann Güß empfahl, bei Friedhofsstandorten mit einem Kirchengebäude wie bislang mit der Gemeinde zusammenzuarbeiten, sich aus städtischer Sicht finanziell jedoch auf die bestehenden Räume in Kalkar und Grieth zu fokussieren.
Verändern wird sich auch das Wegenetz auf den Friedhöfen. Auf Teilstücken sollen Kieshauptwege in Rüttelschotterdecken umgewandelt und einige untergeordnete Grabfeldwege testweise durch Rasentragschichten ersetzt werden. „Diese sind auch mit Rollatoren gut begehbar“, versicherte Klaus Güß, der auch die Wasserstellen in den Blick nahm: Die bisher nicht repräsentativen Kunststoffbottiche sollen von wertigeren Schöpfbecken oder Zapfstellen abgelöst werden. Und in Kalkar soll am südlichen Friedhofsausgang eine vierte zentrale Abfallsammelstelle aufgebaut werden.
Carsten Naß: Ortsteilfriedhöfe nicht vergessen
Die vorgestellten Details trafen im Ausschuss auf viel Zustimmung. Der Vorsitzende Carsten Naß (CDU) betonte jedoch mit Blick auf die kommunalen Grabstätten in Wissel, Grieth, Hönnepel und Niedermörmter, dass die kleineren Friedhöfe nicht vernachlässigt werden sollten: „Die Nachfrage für pflegeleichte Angebote besteht auch in den Ortsteilen.“ Die Ergebnisse für den Hauptfriedhof seien durchaus übertragbar, auch wenn bei niedrigen jährlichen Fallzahlen nicht alles überall angeboten werden könne, antwortete Fachplaner Güß.
Er wird die Kalkarer Verwaltung bei der Erarbeitung eines vorläufigen Friedhofsentwicklungskonzept, das die Politik einstimmig auf den Weg brachte, auch in der Zukunft unterstützen. Die ersten Maßnahmen – Ermittlung der Kernflächen, Schaffung von pflegeleichten Angeboten und testweise Umgestaltung von Wegen – würden sich in einem vertretbaren Kostenrahmen bewegen, so Frank Sundermann, Leiter des Fachbereichs Bauen, Planen, Umwelt.