Kreis Kleve. Norbert Hayduk von den Linken will schneller die erneubaren Energien ausbauen und er erklärt, warum sich Die Linke in Putin getäuscht hat.
Für Norbert Hayduk ist gefühlt immer Wahlkampf. Der 63-jährige Kandidat der Partei Die Linke tritt jetzt zum dritten Mal in Folge im Kreis Kleve an: 2020 bei den Kommunalwahlen, 2021 bei der Bundestagswahl und in diesem Jahr bei der Landtagswahl. „Bei der Europawahl 2024 bin ich nicht mehr dabei. Garantiert“, sagt Hayduk lachend.
Klimaschutz wichtig nehmen
Für den Vertreter einer kleinen Partei sei es gar nicht so einfach, aktive Mitglieder zu finden, die bereit sind, sich im Kreis Kleve politisch zu engagieren. „Vermutlich hat jeder Brieftaubenzuchtverein mehr aktive Mitglieder als eine Partei“, sagt Hayduk offen. Am Abend vor dem Interview habe er noch Wahlplakate vorbereiten müssen.
Von den widrigen Umständen möchte er sich allerdings nicht entmutigen lassen. Hayduk kämpft für die Sache und als Linker ist er nicht gewillt, die ungleichen sozialen Verhältnisse und die Ausbeutung der Erde weiter hinzunehmen. Besondere Sorge bereite ihm die „Umweltkatastrophe, die wir täglich erleben“. Der aktuelle Bericht des Weltklimarates spreche Bände: „Wenn wir so weiter machen, dann wird die Welt unbewohnbar. Und das meinen die Wissenschaftler ernst“, sagt er und fordert, den Ausstieg aus sämtlichen fossilen Energieträgern.
1000-Meter-Abstände bei Windrädern aufheben
Ihn ärgert es, dass man in Deutschland bis heute kein Tempolimit habe beschließen können, obwohl die Effektivität dieses Mittels doch so offenkundig ist. Auch der Ausbau der Erneuerbaren gehe viel zu langsam vonstatten: „Wir müssen auf jeden Fall die 1000-Meter-Abstandsregel für Windräder zurücknehmen“, fordert Hayduk. „Die Genehmigungsverfahren sind richtige Bürokratiemonster.“
Als Linker müsse er zur Kenntnis nehmen, dass man sich in Wladimir Putin sehr getäuscht habe. „Ich bin ja schon froh, dass auch Politiker wie Merz und Habeck gesagt haben, dass sie sich geirrt haben. Aber ohne Frage, ich hielte einen Beschwichtigungskurs jetzt für falsch.“ Allerdings hält Hayduk auch nichts von einer raschen Aufrüstung: „Wenn wir gegen Russland Krieg führen würden, dann ist dies das Ende.“
Das Thema Bildung steht zentral
Das Thema Bildung steht für Hayduk im Landtagswahlkampf zentral. „Wir müssen allen Schülern die gleichen Bildungschancen geben.“ Und dies gehe am besten in einer Gesamtschule. Die ewigen Systemfragen sollte man allerdings ad acta legen: „Ich fände es ja schon großartig, wenn man das Schulsystem auf Gymnasien und Gesamtschulen begrenzen würde. Was wir brauchen, sind Ganztagsschulen ohne Noten und Hausaufgaben.“
Die Pandemie habe die Schwächen der Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre offengelegt. „Man hat in der Vergangenheit in den Krankenhäusern nicht nach Bedarf geplant, sondern nach Rentabilität. Und das muss aufhören.“ Das Pflegepersonal sei über Jahre vernachlässigt worden, immer mehr Aufgaben seien hinzugekommen, immer mehr Bürokratie: „Ist doch klar, dass die Leute dann aus der Pflege abhauen.“
Sozialer Wohnungsbau wurde jahrelang vernachlässigt
Auch beim sozialen Wohnungsbau sei jahrelang geschludert worden und dies falle den Regierungsparteien jetzt auf die Füße. Hayduk spricht sich für eine Enteignung der großen Wohnungsgesellschaften wie Vonovia oder Deutsche Wohnen aus. Sie sollten dafür entschädigt werden, aber das Thema Wohnen sollte man nicht Großunternehmen überlassen, findet der Linke. Es gebe kein staatliches Pendant, das es mit diesen Unternehmen aufnehmen könnte und das sei ein struktureller Fehler. „Städte und Kommunen müssen jetzt mehr bauen. Gerade vor dem Hintergrund der zusätzlichen Flüchtlinge aus der Ukraine wird der Wohnraum knapper. Und es ist schon schwierig genug auf dem Wohnungsmarkt.“
Hayduk spricht sich auch für eine deutliche Verdichtung des Wohnraums aus, um weiteren Flächenverbrauch zu reduzieren. „Die Zeiten des Einfamilieneigenheims sind vorbei. Nicht, weil ich den Leuten das nicht gönne, sondern weil es einfach nicht mehr geht.“ Für viele Menschen wäre eine Eigentumswohnung eine gute Alternative und viele würden auch nie in die Lage kommen, Wohnraum käuflich zu erwerben.
Grabenkämpfe bei den Linken schaden der Partei
Die Linke wird es in diesem Wahlkampf schwer haben. Das Ergebnis des Saarlandes habe gezeigt, dass man sich keine Grabenkämpfe leisten sollte. Der Parteiaustritt von Oskar Lafontaine und das Buch von Sahra Wagenknecht hätten der Partei geschadet. Es sei nicht richtig, dass Die Linke sich nicht mehr um ihre Klientel kümmere: „Fast jeder Kreisverband bietet Sprechstunden und konkrete Hilfsangebote für Hartz-IV-Bezieher. Die Äußerungen von Sahra Wagenknecht sind spalterisch. Wir kämpfen im Kreis Kleve um jede Stimme.“
Wenn Norbert Hayduk die Chance hätte in den Landtag einzuziehen, dann würde er sich für eine Abschaffung der Kita-Gebühren einsetzen. Bildung sollte für alle nichts kosten – auch nicht für Gutverdiener, betont er. Ferner ist ihm wichtig, dass das Kindergeld künftig nicht mehr auf den Hartz-IV-Regelsatz angerechnet wird. „Kindergeld muss für alle gleich sein – gerade für Alleinerziehende.“
Finanztransaktionen wirksam besteuern
Überraschenderweise ist Hayduk nicht für die Einführung einer Vermögenssteuer. Er blickt lieber auf eine Steuer von Finanztransaktionen. Hier würden in Deutschland jährlich 200 Billionen Euro umgesetzt. Wenn man es schaffe, nur eine Billion für die öffentlichen Kassen abzuziehen, „dann hätten wir keine soziale Frage mehr“, meint Hayduk.
Norbert Hayduk tritt im Wahlkreis 54 Kleve I an, zu dem folgende Kommunen gehören: Geldern, Issum, Kalkar, Kerken, Rheurdt, Straelen, Uedem, Wachtendonk, Kevelaer und Weeze.