Kreis Kleve. Auf der Strecke des RE 10 zwischen Kleve und Krefeld werden Gleise und Weichen erneuert. Was macht die Bahn genau, während der Zug nicht fährt?

Ein Ziehharmonikabus mit der Aufschrift RE 10 schlängelt sich in den Kempener Bahnhofvorplatz. Einige steigen aus, einige wieder ein und weiter geht die Fahrt. Dieser „neue“ RE 10 in Form eines Gelenkbusses für den Schienenersatzverkehr fährt bereits seit dem 24. Juni seine Runden durch den Kreis Kleve und darüber hinaus – von Kleve nach Krefeld und wieder zurück. Denn auf der Strecke des Niers-Express wird massiv gebaut. In den Bahnhof fährt zwar gerade auch ein Zug ein, allerdings ein Arbeitszug, der 250 Tonnen neuen Schotter für das Gleisbett bringt.

Der Arbeitszug liefert 250 Tonnen Schotter zur Baustelle.
Der Arbeitszug liefert 250 Tonnen Schotter zur Baustelle. © NRZ | Tobias Harmeling

An einigen Streckenabschnitten kann man die aufwendigen Baumaßnahmen seit einer Weile beobachten, wie beispielsweise in Kempen, wo die Bahn zu einem Pressetermin einlud. „Die Baumaßnahme erstreckt sich über 55 Kilometer und wir sind derzeit im Plan“, erklärt der leitende Bauüberwacher Reinhard Radtke. Im Schichtdienst arbeiten je 20 Arbeiter am Tag und in der Nacht, rund um die Uhr, an den verschiedenen Bauabschnitten auf der Strecke.

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In den Bahnhöfen Kevelaer, Kempen, Weeze, Goch, Bedburg-Hau und Kleve sowie auf freier Strecke werden 23 Weichen und 7500 Meter Gleisabschnitte erneuert. In Abständen von etwa 40 Jahren sind solche Maßnahmen notwendig. „Insgesamt werden dabei 18.000 Tonnen Schotter ein- und wieder ausgebaut“, weiß Radtke und macht die Dimension des Umbaus deutlich. Teile des Schotters werden dabei in einem Kreislaufprozess gereinigt und wieder mit neuem Schotter in die Gleisbetten eingepflegt.

So werden die Gleise erneuert

Der Prozess der Gleiserneuerung läuft wie folgt ab: Zunächst werden die alten Gleise in sechs Meter lange „Jochen“ (Gleisteile) geschnitten und mit dem Bagger entfernt. Danach wird der Schotter dann vollständig aus dem Gleisbett geholt und ausgetauscht. Auf das neu aufgeschüttete Gleisbett werden dann die Schwellen in 60 Zentimetern Abstand gelegt, auf denen dann wiederum die Gleise eingespannt werden. Zum Schluss kommt wieder eine Schicht Schotter zwischen die verlegten Gleise, damit nichts verrutschen kann. „Das ist Millimeterarbeit“, betont Radtke. Die Gleise werden in 120 Meter Länge verlegt und miteinander anschließend so miteinander verschweißt, dass es keine Unterbrechungen gibt. Die Schienen müssen dabei einiges aushalten: „Die Strecke zwischen Kleve und Krefeld wird täglich mit etwa 10.000 bis 12.000 Lasttonnen befahren“, erklärt Radtke. Allerdings gebe es deutlich höher belastete Strecken mit viel Güterverkehr und täglich bis zu 125.000 Lasttonnen und mehr.

Auch in Bedburg-Hau muss das Schotterbett ausgetauscht werden.
Auch in Bedburg-Hau muss das Schotterbett ausgetauscht werden. © NRZ | Tobias Harmeling

Beim Ausbau darf der Arbeitszug auf der Strecke nur 20 km/h fahren und die Arbeiter müssen jeden einzelnen Bahnübergang sichern, bevor sie ihn passieren können. „Das zieht sich auf der langen Strecke natürlich“, sagt Radtke. Für eine Logistikfahrt von Kleve nach Kempen werde daher mit einer Fahrtzeit von sieben Stunden gerechnet. Drei Arbeitszüge sind teils gleichzeitig im Einsatz, die die verschiedenen Bauabschnitte mit Schotter, Schwellen und Gleisen beliefern und altes Material wieder entsorgen.

Der Pressesprecher der Deutschen Bahn Dirk Pohlmann betont, dass die Verspätungen auf dieser Strecke von vielen Faktoren abhängt. Allen voran die vielen Bahnübergänge (60), die mit teils alter Stellwerkstechnik gesteuert wurden und nun im Umbauprozess erneuert werden. Weitere Gründe für Verspätungen seien Fahrzeugstörungen, Sturm und Unwetter, Personen im Gleis oder auch Fahrgäste die lange zum Ein- und Aussteigen brauchen. Probleme beim Oberbau also an den Schienen führen selten zu Verspätungen im Bahnverkehr.

Drei Jahre Planungszeit

Baumaßnahmen der Bahn werden in der Regel etwa drei Jahren im Voraus geplant. Das benötigte Material, wird etwa ein dreiviertel Jahr vorher bestellt. „Die Logistik für die aufwendigen Umbauten muss schon Jahre im Voraus geplant werden“, erklärt Pohlmann und bittet bei diesen Zeitplänen und Dimensionen um Verständnis, dass nicht immer alles reibungslos funktionieren kann.

Über die Erneuerung der Gleise und Weichen hinaus wird zeitgleich die Digitalisierung und Modernisierung der Stellwerke vollzogen – das sogenannte „Schnellläuferprogramm“. Dabei werden die zuvor mechanischen Stellwerke durch elektrische ersetzt, die dann digital gesteuert werden können. Alles zusammen führt dazu, dass die Strecke Kleve-Krefeld ab dem 27. November vollständig erneuert sein wird, wenn alles wie bislang nach Plan läuft.

>> Die Kosten des Umbaus

Die Erneuerung der Bahnstrecke zwischen Kleve und Krefeld kostet laut der Bahn etwa 12 Millionen Euro.

Der Bund hat dafür in einem Konjunkturprogramm 500 Millionen Euro bereit gestellt, die unter anderem für moderne Stellwerkstechnik genutzt werden sollen. Die Strecke Kleve-Krefeld ist eine von sieben Projekten, die von der Modernisierung profitieren.