Weeze/Kreis Kleve. Der Windpark Kalbeck soll um drei Anlagen erweitert werden. Projekte dieser Größe sind beim schleppenden Windenergie-Ausbau selten geworden.

Der Ausbau der Windkraft ist in Nordrhein-Westfalen deutlich ins Stocken geraten. Eine Analyse der „Fachagentur Windenergie an Land“ zeigte kürzlich auf, dass in NRW in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 38 neue Windenergieanlagen mit zusammen 145 Megawatt (MW) Leistung neu in Betrieb gegangen sind. Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2017 wurde gut 890 MW an neuer Windkraftleistung generiert. Das verschleppte Tempo gefährdet das ambitionierte Ziel der schwarz-gelben Landesregierung, die bis 2030 insgesamt 10.500 MW Windkraft installiert haben möchte. Ende 2020 waren erst rund 6200 MW erreicht. Auch im Kreis Kleve sind derzeit nur sechs Anlagen im Bau (siehe Infobox).

Strom für 9000 Haushalte

Max Freiherr von Elverfeldt hat diese Zahlen im Kopf, wenn er sagt: „Ich sehe mit Sorge, ob wir das wirklich hinkriegen, was wir uns vornehmen.“ Gleichzeitig arbeitet er konkret am Ausbau der Windenergie in Weeze. Der Windpark Kalbeck mit vier bestehenden Anlagen liegt auf Grundstücken des Hauses Kalbeck, dessen Hausherr der 57-Jährige ist. Mit der Kalbecker Wind GmbH betreibt er den Windpark, der bereits seit 2017 jährlich rund 32 Millionen Kilowatt Strom liefert und damit circa 9000 Drei-Personen-Haushalte versorgt.

Nun soll die Fläche um drei weitere, leistungsstärkere Windräder vergrößert werden, die zusammengenommen in etwa die gleiche Menge an Strom wie die vier alten Anlagen produzieren sollen. Rund 15 Millionen Euro investiert die Betreibergesellschaft. Der Baubeginn ist für 2023 geplant.

Den auswärtigen Investoren zuvorgekommen

Elverfeldt, der Vorsitzende der CDU Weeze, der in der Vergangenheit auch Mitglied des Kreistags war, hat früh die Chancen der Windkraft erkannt. Zum einen als vorausschauender Unternehmer, der im Weezer Raum große Flächen bewirtschaftet. Zum anderen als klimaschützender Waldbauer, der die Schäden im Ökosystem jeden Tag vor Augen hat. „Die erneuerbaren Energien sind die Zukunft. Mit den fossilen Brennstoffen können wir nicht auf Dauer arbeiten“, sagt Elverfeldt, den das Handelsblatt vor zwei Jahren einmal den „schwarz-grünen Baron“ nannte.

Er ging proaktiv auf die Politik in Weeze zu. „Lasst uns das Thema Windenergie doch lieber vor Ort gemeinsam angehen, bevor Investoren von außen kommen und wir die Entwicklung nicht mehr in der Hand haben“, schlug Max von Elverfeldt vor – und traf in der Gemeinde auf überparteiliche Unterstützung. Auch die Grafen-Familie von Loë von Haus Wissen, der in Weeze ebenfalls große Flächen gehören, beteiligte sich am Vorhaben.

Weezer Vereine profitieren

In vielen Begegnungen und Bürgerversammlungen versuchten Betreiber und Politik, einen breiten Konsens zu schaffen. „Solche Projekte bekommt man nur gestemmt, wenn man alle frühzeitig mitnimmt und alle Bedenken ernst nimmt. Es ist sehr wichtig, die Menschen nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen und über sie hinweg zu planen“, sagt Elverfeldt. Verstellte Sicht, Schattenwurf, Krach – zahlreiche Gutachten und persönliche Gespräche entkräfteten die Sorgen der Bürger. „Wenn der Widerstand zu groß gewesen wäre, hätte ich es nicht durchgezogen. Ich wollte keine Streitigkeiten“, meint er.

Max Freiherr von Elverfeldt vor Schloss Kalbeck.
Max Freiherr von Elverfeldt vor Schloss Kalbeck. © Unbekannt | Niklas Preuten

Die große Akzeptanz der Windenergie in Weeze hat mit dieser Transparenz zu tun. Aber auch mit der Entscheidung der Häuser Kalbeck und Wissen, einen Teil der Pachterlöse an die Stiftung „Jetzt Weeze“ zu spenden. 2020 kamen so 125.000 Euro zusammen, die an Vereine und Organisationen ausgezahlt werden.

Konzentrationszone wird erweitert

Max von Elverfeldt gibt gerne zu, dass nicht nur altruistische Motive ihn zum entschiedenen Windkraft-Befürworter gemacht haben: „Wir sehen auch den wirtschaftlichen Faktor und das Geschäftsfeld, das sich für uns als kleiner, dezentraler Stromproduzent auftut.“ Die 20-Millionen-Euro-Investition in den Windpark Kalbeck sei eine gute Entscheidung gewesen, auch wenn die Einspeisevergütung sinkt.

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Die Windenergie bleibt für die Weezer Betreiber attraktiv, sonst hätten sie für die Erweiterung der Konzentrationszone auch nicht die Mühen des aufwendigen Planungs- und Genehmigungsprozesses auf sich genommen. Zwei alte Hofstellen werden leergezogen, um die Abstandsregelungen zu Wohnhäusern einhalten zu können. Auch das Problem mit dem Wasserreservegebiet, das die Bezirksregierung in Kalbeck vorhält, ist mittlerweile gelöst. Der Weg scheint frei für den Bau der drei neuen Anlagen. Zwei werden mit 200 Metern so hoch wie die bestehenden Windräder, eines soll noch rund 25 Meter höher in den Himmel ragen.

Weeze treibt den Windkraftausbau voran. Andernorts scheitern Projekte auch an der restriktiven Politik der Landesregierung, die nicht von der 1000-Meter-Abstandsregelung und dem Verbot von Windenergie im Wald abrückt. „Unglücklich“, findet das der CDU-Mann Max von Elverfeldt und erhofft sich von seinen Parteifreunden in Düsseldorf „mehr Offenheit und Flexibilität“. Damit das Wachstum der Windenergie in NRW wieder an Tempo gewinnt.