Kreis Kleve. Hausärzte im Kreis Kleve verändern viele Routinen, um ihre Praxen in der Corona-Krise nicht schließen zu müssen und den Krankenhäusern zu helfen.
Kontaktverbote, geschlossene Schulen und leere Innenstädte: Die vielen einschneidenden Maßnahmen dienen dazu, die Zuwachsraten der Corona-Infektionen soweit zu verringern, dass das Gesundheitssystem nicht kollabiert. Neben den Krankenhäusern, die weitreichende Vorbereitungen getroffen haben (die NRZ berichtete), kommt dabei auch den Hausärzten eine wichtige Rolle zu.
Die Mediziner im Kreis Kleve üben in der Corona-Krise einen engen Schulterschluss. „Wir wollen den Krankenhäusern den Rücken freihalten“, sagt Dr. Roman Stapelfeldt aus der Gocher Praxis von Dr. Roland Schmidt. Und Hausarzt Heinz-Gerd Lingens aus Kleve-Rindern hilft wie weitere niedergelassene Ärzte freiwillig in der Fieberambulanz vor dem St.-Antonius-Hospital aus. „Die Kollegen aus dem Krankenhaus können das nicht alleine stemmen“, sagt er.
Krankschreibung per Telefon
In der eigenen Praxis hat Lingens viele Abläufe verändert. „Ziel ist es momentan, möglichst wenige Menschen gleichzeitig in der Praxis zu haben, um das Infektionsrisiko zu minimieren“, stellt er fest. „Wir haben ohnehin viel zu wenige Ärzte in Kleve. Wenn dann noch Praxen wegen Corona-Fällen schließen müssten, würde es noch schwieriger werden.“
Mit dem Segen der Kassenärztlichen Vereinigung müssen Patienten vorerst für eine Krankschreibung nicht mehr zum Arzt kommen. Heinz-Gerd Lingens und seine Kollegen können jetzt nach einem Telefonat die Bescheinigung und das nötige Rezept nach Hause schicken lassen. Zudem werden Routinekontrollen und Vorsorgeuntersuchungen aufgeschoben. Die Arzthelferinnen arbeiten hinter einer Scheibe.
Patienten mit Erkältungssymptomen gelangen in der Praxis in Rindern direkt in einen speziellen Raum – und im Zweifel zum Corona-Test in das Fieberzelt am Krankenhaus. Das sei gut organisiert und eine unendliche Erleichterung, findet Lingens. „Natürlich wäre es ideal und wünschenswert, wenn jeder getestet werden könnte. Dafür gibt es jedoch einfach nicht die Kapazitäten. Deswegen muss nach den Kriterien des Robert-Koch-Instituts eine Auswahl getroffen werden.“
Warten auf neue Schutzkleidung
Aus eigener Erfahrung weiß Heinz-Gerd Lingens, dass das Personal im Zelt mit Atemschutzmaske, Visier, Häubchen, Schürze, Spezialschuhen, OP-Kleidung und zwei Paar Handschuhen perfekt ausgerüstet arbeiten kann. In der eigenen Praxis wartet der Hausarzt dagegen auf eine Lieferung: „Noch von der Schweinegrippe haben wir ein paar FFP2-Atemschutzmasken und Kittel. Ansonsten gibt es nur noch normale Mundschutze.“
In der Praxis von Dr. Schmidt in Goch stellt sich das Problem der fehlenden Schutzausrüstung noch nicht ganz so dringend. „Wir sind noch eine gewisse Zeit optimal ausgerüstet“, sagt Roman Stapelfeldt. Die Praxis hat verschiedene Räume abgetrennt und eine Infektsprechstunde eingeführt, „in der sich Patienten nach Rücksprache unter maximalem Schutz einfinden“, so Stapelfeldt. „Wenn es einen Verdacht auf das Coronavirus gibt, kündigen wir den Patienten in der Fieberambulanz mit Symptomatik und Risikoprofil an.“
Viele Telefonate und E-Mails
Ein Großteil der Kommunikation – auch mit Pflegeeinrichtungen – laufe aktuell per Telefon und E-Mail. „Unsere Arzthelferinnen sind extrem eingespannt“, meint Roman Stapelfeldt. Insgesamt funktioniere die hausärztliche Betreuung bislang aber auch unter den erschwerten Bedingungen gut. „Das verdanken wir vor allem der Bevölkerung. Ganz viele Menschen verhalten sich solidarisch und kommen nicht wegen Lappalien in die Praxis. Unsere Arbeit fällt uns auch deutlich leichter, weil wir die Wertschätzung der Leute spüren“, sagt der Hausarzt.