Kalkar-Appeldorn. Trockenheit, weniger Anbaufläche und Corona-Krise: Zuckerhersteller Pfeifer & Langen startet in Appeldorn in eine herausfordernde Rüben-Saison.

Blick auf das Werk in Kalkar-Appeldorn.
Blick auf das Werk in Kalkar-Appeldorn. © Unbekannt | Pfeifer & Langen

Die Rübenkampagne des Zuckerherstellers Pfeifer & Langen startet am Montag, 5. Oktober, im Werk im Kalkarer Stadtteil Appeldorn unter besonderen Vorzeichen. Da wäre zum einen der dritte sehr trockene Sommer in Folge, der Einfluss auf das Wachstum der Zuckerrüben hatte. Zum anderen muss Pfeifer & Langen mittlerweile großen Aufwand betreiben, um den Rohstoff zu erhalten, denn viele Landwirte hadern vor allem wegen der EU-Vorgaben für Pflanzenschutzmittel mit dem Rübenanbau. Und natürlich beschäftigt die Corona-Krise die Zuckerexperten am Niederrhein. „Uns steht eine außergewöhnliche Kampagne bevor“, sagt Jürgen Pintzke, Leiter der kaufmännischen Verwaltung am Standort Appeldorn.

Bereits seit dem 30. September werden die ersten Zuckerrüben zur Fabrik mit den weithin sichtbaren Silotürmen geliefert. „Das waren aber Kleinstmengen, um unsere Software-Anpassung zu testen“, erklärt Pintzke. Mit dem neu aufgesetzten Logistikportal „Field 2 Factory“ sollen die Anfahrtswege kürzer werden und die Landwirte schnellere Rückmeldungen über ihre angelieferten Waren erhalten. Nun beginnt der eigentliche Lieferverkehr, den auch die Autofahrer im Kreis Kleve auf den Straßen bemerken werden.

Anlieferungen bis Weihnachten

Bis zu 600 Fahrzeuge täglich werden bis voraussichtlich Weihnachten von Montag bis Samstag rund um die Uhr Rüben nach Appeldorn bringen. Nachts erreichen weniger Transporte das Werk, an Sonntagen und Feiertagen ist komplett Ruhe. Die Rüben kommen größtenteils aus den Kreisen Kleve und Wesel, denn „jeder Kilometer ist teuer“, stellt Jürgen Pintzke fest. Aber auch aus dem Münsterland, dem Raum Venlo und dem Ruhrgebiet erwartet Pfeifer & Langen Lieferungen, die durch die in Marienbaum gesperrte B 57 teilweise Umwege nehmen müssen.

Dass sogar einige wenige Feldfrüchte aus dem Emsland kommen, hängt mit der Zurückhaltung mancher Bauern aus dem eigentlich fruchtbaren Rübengürtel zusammen. Die Rübenanbauflächen in der Region verkleinern sich. „Die Rohstoffsicherung durch die Zuckerrübe ist aktuell eine große Herausforderung“, meint Pfeifer-&-Langen-Geschäftsleiter Hermann Schmitz. „Viele Landwirte stellen zurzeit den Rübenanbau in Frage. Um sie bei der Stange zu halten, brauchen wir faire Wettbewerbsbedingungen in Europa und einheitliche Regularien. Ohne Rüben gibt es keinen heimischer Zucker.“ Man befinde sich in permanenten Gesprächen mit den Landwirten, so Jürgen Pintzke. „Wir versuchen, die Rübenmenge zu sichern.“

Vergilbungskrankheit ist ein akutes Problem

Jürgen Pitzke (links) und Tim Wischmann von Pfeifer & Langen in Appeldorn.
Jürgen Pitzke (links) und Tim Wischmann von Pfeifer & Langen in Appeldorn. © NRZ | Unbekannt

Ein akutes Problem wird auf vielen Rübenfeldern im Rheinland sichtbar: gelbe Flecken, ausgelöst durch die Vergilbungskrankheit, die seit dem Verbot bestimmter Saatgutbeizen (Neonicotinoide) schwerer bekämpft werden kann. Unter anderem Frankreich habe eine Notfallzulassung für diesen Pflanzenschutz gewährt, stellt der Leiter der kaufmännischen Verwaltung in Appeldorn fest. „Dort gab es teilweise bis zu 70 Prozent Ernteausfälle. Das wäre für uns eine Katastrophe.“

Noch ist die Lage im Rheinland entspannter, obwohl nach den Dürrejahren 2018 und 2019 auch die vergangenen Monate nicht einfach für das Pflanzenwachstum waren. Nach einem relativ nassen Winter war die Entwicklung noch bis zum Frühsommer vielversprechend. Doch die ersten optimistischen Ertragsprognosen mussten wegen des sehr trockenen Sommers bald kassiert werden.

„Wir rechnen mit einer durchschnittlichen Ernte“, sagt Pintzke. Der Vorteil der Trockenheit: Der wichtige Zuckergehalt in den Früchten ist hoch. „Die Rübe kommt trotz der widrigen Klimabedingungen gut durch. Sie ist sehr robust.“

Corona: Keine Werksführungen in diesem Jahr

Darauf kann Pfeifer & Langen auch in dieser Kampagne bauen, die wegen der Corona-Krise bis zum letzten Tag spannend sein wird. Jürgen Pintzke: „Wir hoffen, coronafrei durchzukommen, aber das werden wir erst Ende des Jahren sehen.“ Ein Hygienekonzept, das unter anderem verstärkte Reinigungen und eine zusätzliche Desinfektionsstation vorsieht, soll die Gesundheit von Belegschaft und Anlieferern schützen. „Wir haben unsere Mitarbeiter eingeschworen, auch im privaten Umfeld vorsichtig zu sein, damit kein Corona ins Unternehmen eingetragen wird“, sagt Pintzke. Für den Fall der Fälle können Not-Leitstände eingerichtet werden. Besprechungen finden online statt, und auf Werksführungen müssen Besucher in diesem Jahr verzichten.