Kreis Kleve. Der Astrazeneca-Impfstopp sorgt im Kreis Kleve für Unruhe. Abgesagte Impfwillige werden sollen einer neuen Terminvergabe bevorzugt werden.

Man soll es nicht gegeneinander aufwiegen. Aber so mancher, den die NRZ am Dienstag zum Aussetzen der Impftermine mit dem Vakzin von Astrazeneca befragte, machte die Rechnung dann doch auf: „Drei Tote durch Thrombosen, deren Auslöser man noch gar nicht kennt, gegen Tausend durch Corona – drei zu Tausend“. Wer das sagte, der wollte nicht namentlich genannt werden. Apothekerin Silke Hans aus Kleve aber ließ sich zitieren: „Wir Pharmazeuten als Leute vom Fach haben keine Bedenken.“

Ab Mittwoch, 17. März, bis Sonntag, 21. März, hätten 2100 Personen aus dem Kreis Kleve einen Impftermin mit dem Wirkstoff Astrazeneca gegen das Coronavirus gehabt. Gebucht über das kreiseigene Online-Portal. „Diese Termine können nicht stattfinden“, meldete der Kreis. Dies ist die Konsequenz aus der überraschenden Nachricht, dass die Bundesregierung und in Folge die NRW-Landesregierung wegen der Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts, die Covid-19-Impfungen mit dem Wirkstoff von Astrazeneca ab sofort vorsorglich zu canceln.

Bei der Buchung Daten hinterlegt – so kann der Kreis allen schnell antworten

Alle 2100 Bürgerinnen und Bürger der priorisierten Berufsgruppen im Kreis Kleve wurden persönlich darüber informiert – bei ihrer Buchung hatten sie die entsprechenden E-Mail-Daten hinterlegt, so dass das Buchungsportal technisch die Antworten an einen großen Adressatenkreis steuern konnte. Wenn klar ist, ob und wann wieder Astrazeneca-Impfungen stattfinden können, erhalten diese 2100 Personen erneut eine E-Mail. Sie werden bevorzugt für einen nächsten Impftermin, sagte Ruth Keuken, Sprecherin der Kreisverwaltung.

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Personen, die bereits eine Erstimpfung mit Astrazeneca erhalten haben und deren Zweitimpfungs-Termin erst in einigen Wochen ansteht, werden ebenfalls dann per E-Mail informiert, wenn sich auch für sie eine Änderung ergibt. Die Zweitimpfungs-Termine im Impfzentrum Kreis Kleve beginnen erst am 14. April 2021. Die Impfungen mit dem Biontech/Pfizer-Wirkstoff im Kreis Kleve finden planmäßig statt – im Wesentlichen für Über-80-Jährige.

„Ich hatte von vornherein Bedenken“

„Ich hatte von vornherein Bedenken“, antwortete Jutta Willemsen der NRZ auf Anfrage. Die Leiterin des Elterninitiativ-Kindergartens Purzelbaum in Kleve weiß, dass ein Teil ihrer Kolleginnen im zwölfköpfigen Team (drei Kita-Gruppen mit 68 Kindern) sich hat impfen lassen, ein anderer Teil aber ausdrücklich nicht. Dass jetzt auch noch unklar sei, „mit welcher Vakzine eine zweite Impfung erfolgt“, bestätigt ihre Skepsis. Bei den Geimpften gab es übliche Impfreaktionen.

Das ganze Team von Silke Hans aus der Klever Markt Apotheke ist im Impfzentrum Kalkar bei der Rekonstitution und dem Spritzen-Aufziehen dabei. „Wir sind super gut informiert und haben deshalb keine Sorge“, sagte sie. „Frauen fragen: Während der 20 Jahre, die ich die Pille genommen habe, hat keiner nach Thrombosen gefragt“, verglich sie. „Sechs Fälle von einer Million sechshunderttausend – so viele hätten wohl auch ohne Impfung Thrombosen bekommen. Ich bin fest überzeugt, dass spätestens in zwei Wochen der Astrazeneca-Wirkstoff wieder frei gegeben ist. Aber welches Unheil hat man angerichtet“, indem man ihn vom Markt nahm und Sorgen säte.

Arzt sagt: Schaden von Menschen fern halten

Auch das Katholische Karl-Leisner-Klinikum (KKLE) zeigt sich „überzeugt, dass alle zugelassenen Impfstoffe hochwirksam und sicher sind“, sagte Sprecher Christian Weßels auf NRZ-Anfrage. Im KKLE sind bislang 1840 Mitarbeitende (89,9 Prozent) geimpft, der Großteil davon mit dem Mittel von Astrazeneca. Allein in den vergangenen zwei Wochen stemmte das Organisationsteam des Klinikums bei zwei großen Terminen an drei Standorten die Erstimpfung von rund 1400 Personen aus den Priorisierungsgruppen 1 und 2, die voraussichtlich erst Ende Mai ihre Zweitimpfung erhalten.

„Deshalb hat die Aussetzung für uns zunächst keine großen Auswirkungen, zumal in unseren Altenpflegeeinrichtungen die Impfungen durch die Kassenärztliche Vereinigung ja bereits seit Ende 2020 liefen“, stellte Weßels fest. „Wir hoffen aber, dass sich die Situation mit dem Impfstoff von Astrazeneca zügig klärt, damit die Impfkampagne ohne Verzögerung weiter gehen kann.“

Feuerwehrleute sind noch nicht an der Reihe

Die Feuerwehrleute aus Kleve sind in der Reihenfolge erst in Gruppe drei dran, ihren Arm hinzuhalten. Nur 17 Mitglieder, die in Altenheimen mit eingesetzt waren, hatten Restbestände verimpft bekommen (die NRZ berichtete). Es war der Biontech-Stoff. „Diejenigen, die sich als Mobile Retter engagieren, sind jetzt auch berechtigt – und dann wohl für den Astrazeneca-Impfstoff“, sagt Florian Pose, Sprecher der Feuerwehr. Von Problemen habe er bisher nichts gehört. Grundsätzlich ist er ein Impfbefürworter.

Vorbehalte hat dagegen der seit 33 Jahren niedergelassene Arzt und Naturheiltherapeut Heiner Flick in Kalkar. „Ich habe den hippokratischen Eid geleistet, Schaden von Menschen fern zu halten“, weshalb er generell Corona-Impfungen nach nur ein paar Monaten Testphase für bedenklich hält. „Ich möchte impfen mit Garantie“, sagt er. Die Experten in den Medien widersprächen sich „jeden Tag“. Flick hat „nicht den Eindruck, dass wir schon bald frei reisen können“.