Essen-Huttrop. Musik von der Schallplatte und Meditation verschmelzen in der St.-Bonifatius-Kirche zum besonderen Erlebnis. Weitere Veranstaltungen geplant.
Ob Gott wirklich ein DJ ist – diese Frage konnte bei der Premiere nicht beantwortet werden. Tatsache ist: Der Song „God is a DJ“ der US-amerikanischen Sängerin Pink erklang im vergangenen Herbst in der Huttroper St.-Bonifatius-Kirche an der Moltkestraße – und zwar im Rahmen der so genannten Vinyl-Andacht. Die Veranstaltung erfährt demnächst eine Neuauflage.
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Das ungewöhnliche Format feierte im September Premiere. Das Prinzip: Die Veranstaltung verbindet „Gefühl“ und Ton klassischer Vinylplatten mit spirituellen Impulsen und schafft in dem denkmalgeschützten Kirchengebäude auf diese Weise eine einzigartige Atmosphäre. Verantwortlich für Idee und Umsetzung sind drei Ehrenamtliche der Gemeinde: Isabell Druwen, Stefan Bäune und Barbara Kretschmer. „Die Idee entstand bei einem Gespräch auf einer privaten Party“, erzählt Druwen. „Stefan Bäune ist ein großer Vinyl-Fan und auch Barbara Kretschmer und ich haben Schallpatten. Wir wollten bewussten Musikgenuss mit einem besonderen Ort verbinden.“
Essener Gemeinde bietet bewussten Musikgenuss
Bewusster Musikgenuss also – das schließt die Verwendung eines Streamingdienstes aus. „Bei Spotify springt man schnell zum nächsten Song, wenn einem die ersten zehn Sekunden nicht gefallen“, weiß Druwen. „Bei einer echten Platte ist das anders.“ Entschleunigung lautet das Zauberwort. „Die Vinylplatte steht für eine ganz andere Art des Musikgenusses – man legt sie auf, hört sie durch und lässt sich darauf ein. In einer Zeit, in der Musik oft nur im Hintergrund läuft oder nach wenigen Sekunden übersprungen wird, bietet dieses Format Raum für bewusstes Hören.“
Und das konnte man bei der ersten Veranstaltung nicht nur akustisch erfahren, sondern auch sehen: Wie ein Ritual schoben Kretschmer und Bäune am eigens aufgebauten DJ-Pult die Papierhülle aus dem Cover. Sie nahmen die Platte aus der Hülle, legten sie auf den drehenden Teller, suchten die passende Stelle und ließen auf Knopfdruck die Nadel sinken. Während dann in den Boxen die ersten Töne erklangen, wurde das Cover sorgsam neben dem Plattenspieler gut sichtbar unter einer eigens installierten Lampe drapiert – und die bunte Beleuchtung der Backsteinkirche farblich angepasst.
Ehrenamtliche legen jetzt häufiger auf
„Herbsterwachen“ hatte das musikbegeisterte Gemeindeteam als Motto über die Andacht geschrieben – und ließ nach dem tanzbaren „September“ von Earth Wind & Fire in loser Folge Musik und meditative Texte einander abwechseln. Die Auswahl am Premierenabend reichte von Kate Bush und U2 über Herbert Grönemeyer – mit dem titelgebenden Song „Herbsterwachen“ –, Anna Loos und den Fantastischen Vier bis zu Dua Lipa und Marius Müller-Westernhagen.
Die erste Vinyl-Andacht war aus Sicht der Gastgeber ein Erfolg, mehr als 100 Gäste kamen in die Kirche – und das ohne vorherige Werbung. „Wir hatten mit höchstens 40 oder 50 gerechnet und waren überwältigt vom positiven Feedback. Viele Besucher haben uns für die Ruhe und die Atmosphäre gedankt“, erinnert sich Druwen. Besonders bewegend seien kleine Gesten gewesen, wie etwa Paare, die sich während der Veranstaltung in den Arm nahmen und im wahren Wortsinn zusammenrückten. „Es war für uns ein Ansporn, weiterzumachen.“
Und so lädt die Essener Pfarrei St. Gertrud am Freitag, 14. Februar, ab 18.30 Uhr erneut zu dieser besonderen Veranstaltung in die St.-Bonifatius-Kirche ein. Unter dem Motto „Alles Liebe“ widmet sich die zweite Vinyl-Andacht eben diesem Thema – mit Musik von Bob Marley bis AnnenMayKantereit und inspirierenden Texten. Das müssen übrigens keine Bibelstellen sein, auch ein Gedicht von Kurt Tucholsky fand seinen Weg in die erste Andacht.
„Alles Liebe“: Vinyl in der Huttroper Kirche
Namensgebend für die zweite Ausgabe ist das im November veröffentlichte Album „Alles Liebe“, mit dem das Musiker-Paar Max Herre und Joy Denalane seine 25-jährige Beziehung feiert. Passend zum Valentinstag haben die Organisatoren denn auch Lieder ausgewählt, die den Begriff Liebe in all seinen Facetten beleuchten. Neben der Musik gibt es kurze Textimpulse sowie einen Beitrag des Gastreferenten Mathias Heidemann aus Münster. „Wir lassen uns inhaltlich nicht gern in die Karten schauen, damit ein Überraschungseffekt bleibt“, sagt Druwen. Die Grundidee ist jedoch klar: „Es geht darum, Menschen zur Ruhe kommen zu lassen und sie in der Gemeinschaft der Kirche zu stärken.“
Dabei spielt auch die Wahl des Veranstaltungsorts eine wichtige Rolle: Die St.-Bonifatius-Kirche, mit ihrer beeindruckenden Architektur und der besonderen Akustik, biete den idealen Rahmen für das außergewöhnliche Format. Es handele sich dabei allerdings nicht um eine Werbeveranstaltung für die katholische Kirche, betont Druwen. Es gehe nicht darum, Menschen für den Gottesdienst zu begeistern. Die denkmalgeschützte Kirche könne vielmehr „ein Ort sein, der in der heutigen hektischen Zeit hilft, zur Besinnung zu kommen“. Im Anschluss an die musikalische Andacht lädt das Team zur geselligen Zugabe mit Gebäck, Gesprächen und Getränken.
Die nächste Fortsetzung ist übrigens auch schon geplant: Nach der Veranstaltung am Valentinstag wird es am 7. November eine weitere Vinyl-Andacht geben. Das Thema dann: „November Rain“ nach dem Hit von Guns N‘ Roses. Die Themen sollen vielfältig sein, sagen die Ehrenamtlichen. Für sie steht fest: „Dieses Format ist mehr als ein Gottesdienst – es ist ein Erlebnis.“
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