Essen. „Snowdance Independent Filmfestival“ startet Ende Januar in Essen: Kinotreffen für unabhängige Filmemacher will in seiner dritten Auflage einiges verändern.
Innovativ, international und unkonventionell: Bereits zum dritten Mal treffen sich unabhängige Filmemacher aus aller Welt in Essen zum Snowdance Independent Filmfestival. Das Kinotreffen, das vor zwölf Jahren im bayerischen Landsberg am Lech gestartet ist und seit 2023 im Ruhrgebiet läuft, zeigt Produktionen abseits des Mainstreams. Festivalchef Tom Bohn kündigt für die dritte Auflage einige Neuerungen an. So ist das Festival vom 29. Januar bis 2. Februar diesmal kürzer und kompakter aufgestellt. Dazu werden einige Wettbewerbs-Filme erstmals nicht nur im Kino, sondern beispielsweise auch in einer Kirche gezeigt. Im Gespräch mit Martina Schürmann erklärt der erfahrene Regisseur (u. a. „Tatort“) und Festivalmacher sein Konzept.
Herr Bohn, das Snowdance Festival für Independent Film startet zum dritten Mal in Essen. Was macht dieses Festival so besonders?
Es ist vor allem die Nähe des Publikums zu den Filmemachern, die es aufregend macht, beim Snowdance Festival dabei zu sein. Viele Filmemacher kommen zum Festival und diskutieren nach den Vorstellungen mit dem Publikum. Das ist für beide Seiten sehr bereichernd.
Außerdem ist Snowdance, wegen seines Independent-Charakters, eine unglaublich bunte Überraschungstüte. Hier kriegt man gebündelt Filme und Events zu sehen, die woanders sehr rar gestreut sind. Auf welchem Festival gibt es schon einen ökumenischen Filmgottesdienst, eine Elektro-Rave-Party in einer Kirche oder eine Filmvorführung mit Orgelkonzert?
Ist das Ruhrgebiet ein guter Standort für den unabhängigen Film?
Es ist ein großartiger Standort. Die Menschen hier sind kritisch, aber auch sehr offen für Neues. Außerdem gibt es hier wunderbare Kinos, aber auch Locations für das von uns gepflegte Guerilla-Kino, also für Filmvorführungen in seltsamen ungewöhnlichen Orten.
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Im Wettbewerb finden sich Newcomer, aber auch arrivierte Regisseure, die schon in Cannes Preise geholt haben. Was reizt auch große Namen am Independent Kino?
Die großen Namen waren (fast) allesamt einmal Indie-Filmemacher, die sich durch ihre Produktionen nach oben, in den Mainstream gearbeitet haben. Dort vermissen sie in der Regel sehr schnell das eigenverantwortliche Arbeiten und kehren deshalb gerne einmal für ein Projekt zurück, wenn es sich für sie anbietet.
Selbst international etablierte Filmfestivals wie die Berlinale müssen mittlerweile sparen. Wie geht ein Independent-Festival mit dem Kostendruck um?
Kostendruck sind wir als Indie-Festival gewohnt und klagen deshalb nicht. Wenn ich allerdings lese, dass die Berlinale darüber stöhnt, dass die Stadt Berlin ihr die Unterstützung um eine Millionen Euro gekürzt hat, kommen mir dann doch die Tränen. Wir fahren unser gesamtes Festival für knapp ein Zehntel dieser Summe. Wir sind halt wirklich diejenigen, die „arm aber sexy“ sind.
Das Snowdance Festival läuft in diesem Jahr kürzer, kompakter und räumlich flexibler: Filme werden nicht nur in den etablierten Essener Filmkunsttheatern gezeigt, sondern auch im Autokino, sogar in einer Kirche. Was ist der Hintergrund?
Das ist, ehrlich gesagt, eine Rückbesinnung auf unsere ersten Festivals in Landsberg am Lech. Da haben wir Veranstaltungen in im Winter geschlossenen Schwimmbädern, Parkgaragen, historischen Hallen und Theatern gemacht. In Essen sind wir jetzt wieder auf demselben Weg. Das Kino und das Erleben in ihm muss in Zukunft deutlich vielschichtiger sein, wenn man durch die nun anstehende, schwierige Zeit kommen will. So wie die Kulturbranche im allgemeinen kreativer mit ihren Events werden sollte, um bestehen zu können. Da gehen wir voran.
Beim Snowdance Festival sind auch viele Filmemacher und ihre Teams zu Gast. Wen erwarten Sie in diesem Jahr?
Es wird anspruchsvoll, denn es haben sich 20 (!) Filmemacher mit ihren Teams angesagt nach Essen zu kommen. Wir erwarten u.a. Gäste aus den USA, aus Canada, aus Spanien, England, Polen, Belgien und natürlich aus Deutschland. Diese Kollegen mit einem kleinen Team in fünf Festivaltagen professionell durch das Programm zu lotsen und wieder zufrieden nach Hause zu schicken, wird sehr entscheidend für den auch international sehr guten Ruf von Snowdance sein.
Besonders beliebt sind in jedem Jahr die Kurzfilmreihen. Was macht den Erfolg der Shortz aus?
Ganz einfach: Weil sie kurz sind und wir an jedem Kurzfilm-Event fünf- sechs von ihnen zeigen. Falls dem Zuschauer ein Film nicht gefällt, kann er sich trösten: Der nächste Kurze kommt im Anschluss und der gefällt ihm dann sicher besser. Außerdem habe wir wirklich witziges, schräges und dramatisches Filmwerk dabei. So etwas kriegt man nur selten zu sehen. Und das spricht sich halt rum.
Alle Infos zum Snowdance Independent Filmfestival in Essen
Das Snowdance Independent Film Festival läuft vom 29. Januar bis zum 2. Februar. Zur Eröffnung am Mittwoch, 29. Januar, wird als Uraufführung die Dokumentation „The Giant Canvas“ in der Lichtburg präsentiert. Sie zeigt ein Kunstprojekt von Christian Nienhaus, der zur Fußball-EM in der Schalker Arena das nach eigenen Angaben größte Bild der Welt schuf.
Auf dem Programm stehen bis zum 2. Februar Spielfilme und Dokumentationen aus Deutschland, England, Polen, Belgien und der Ukraine. Neben der Essener Lichtburg/Sabu werden erstmals auch Locations wie das Essener Autokino am Sulterkamp oder die Kreuzeskirche bespielt. Die beliebten Kurzfilm-Abende laufen am 30. und 31. Januar sowie am 1. und 2. Februar im Sabu. Hier gibt es das komplette Programm: www.snowdance.net/programm/
Tickets für die Kurzfilmnächte und die Spielfilme in der Lichtburg und im Sabu (9/erm. 7 Euro) gibt es unter www.filmspiegel-essen.de und ansonsten über die jeweiligen Spielstätten. Das Festivalticket für alle Filme (70/erm. 65 Euro) kann unter mail@snowdance.net vorbestellt werden.
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