Essen-Karnap. Hunderte Projekte hat der Essener Verein realisiert – ein ständiges Ringen um Zuschüsse und Sponsoren. Besonders gefragt: die Sozialberatung.

Waren es 300 Projekte? 400? Oder doch noch mehr? Roland Kaiser scrollt durch die Ordner auf seinem Laptop: ein Archiv der Aktionen und Veranstaltungen des Karnaper Bürgerbündnis 1999 e.V., kurz: KBB. In diesem Jahr hat der Verein sein 25-jähriges Bestehen gefeiert: auf Einladung von Oberbürgermeister Thomas Kufen in der 22. Etage des Essener Rathauses.

Vorstandsmitglied Roland Kaiser ist eine der Stützen des Vereins: Er bietet seit Jahren schon eine kostenlose Sozialberatung zum Schwerbehindertenrecht an, hilft also beispielsweise bei komplizierten Antragstellungen. Über 43 Jahre hat er beim Versorgungsamt gearbeitet, war auch beruflich für Schwerbehindertenrecht zuständig. Mittlerweile kommt er auf 240 Beratungen pro Jahr – sein Angebot hat sich nicht nur in Karnap herumgesprochen; auch aus anderen Stadtteilen würden Ratsuchende in seine Sprechstunde kommen, sagt er. „Das Thema betrifft ja nicht nur alte Menschen, sondern auch viele junge Leute.“

Karnaper Bürgerbündnis will allen Altersgruppen Angebote machen

KARNAP Stadtteil der Gegensätze: Dörfliche Nachbarschaft, wilde Müllkippen, idyllische Natur, Verkehrschaos - wir sehen uns mit Denis Gollan und Thorsten Kaiser mal im Stadtteil um
Der Sportpark Karnap ist das zweite große Vereinsprojekt von Thorsten Kaiser. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

So geht es auch bei den übrigen Angeboten des Vereins um alle Altersgruppen: Kinder und Jugendliche sollen ebenso angesprochen werden wie Senioren. Deshalb gebe es auch immer genug helfende Hände bei den Einzelprojekten: „Weil wir so viele Sparten haben, ist für jeden was dabei“, sagt Geschäftsführer Thorsten Kaiser. „Um zu helfen, muss man auch nicht Mitglied sein.“

„Es braucht immer jemanden, der organisiert und Menschen zusammenbringt.“

Roland Kaiser

Kaum zu glauben, doch begonnen habe alles aus einer Art Trotzreaktion heraus – das gibt Kaiser junior offen zu und berichtet von Querelen zwischen Karnaper Bürgern und Politikern, die Jahrzehnte zurückliegen und deshalb hier auch nicht aufgewärmt werden sollen. Quintessenz: Man habe mit der Vereinsgründung jemanden „ärgern“ wollen, aber eben auch „selbst etwas machen“.

Jedes Jahr organisiert das KBB eine Ostereiersuche für Kinder.
Jedes Jahr organisiert das KBB eine Ostereiersuche für Kinder. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Mit den Jahren seien die Aufgaben gewachsen, sagt Thorsten Kaiser. Die Infrastruktur habe sich in vielen Bereichen verschlechtert und man versuche dagegenzuhalten: mit praktischen Angeboten für Senioren, wie Handy-Schulungen, aber auch mit Treffen gegen Einsamkeit, mit Projekten im Bereich Kinder- und Jugendarbeit (seit 2022 ist der Verein anerkannter Träger), mit Brauchtumsfeiern, Gesundheitstagen, Aufräumaktionen und Projekten zum Thema Inklusion. Letzteres sei ihm ein besonderes Anliegen, so Thorsten Kaiser. Für die Barrierefreiheit im Quartier setze sich der Verein schon seit Langem ein. „Wir leben von Jahr zu Jahr, von Idee zu Idee.“

  • Die Lokalredaktion Essen ist auch bei WhatsApp! Abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Kanal: direkt zum Channel!
Auch Aktionen mit Kindergärten, wie hier der Bau von Insektenhotels, gehören zum Programm des Vereins.
Auch Aktionen mit Kindergärten, wie hier der Bau von Insektenhotels, gehören zum Programm des Vereins. © KBB | KBB

Projekte im Quartier werden aus Spenden und über Förderanträge finanziert

Wenn er auf die Vereinsarbeit der vergangenen Jahre zurückblickt, kommt ihm vor allem die Corona-Zeit in den Sinn: Während viele Institutionen ihren Betrieb heruntergefahren hätten, habe das KBB aufgestockt: „Sicherheit hatte dabei Priorität, aber man konnte trotzdem ganz viel machen.“ Sei es die Beschaffung von Masken und Desinfektionsmitteln für eine Grundschule bzw. Bürger im Stadtteil, die Verteilung von Martinsbrezeln, als der Umzug coronabedingt habe ausfallen müssen, Nachbarschaftsbesuche und viel Programm, das draußen im Freien stattfinden konnte. „Es war ein totes Jahr, die Leute haben das dankbar angenommen“, erzählt Roland Kaiser.

Als Desinfektionsmittel fehlten, organisierte das KBB eine Spende an die Maria-Kunigunda-Schule.
Als Desinfektionsmittel fehlten, organisierte das KBB eine Spende an die Maria-Kunigunda-Schule. © KBB | KBB

Finanziert werde die Vereinsarbeit überwiegend durch private Spenden und projektbezogene öffentliche Fördergelder; die Mitgliedsbeiträge würden nur einen verschwindend geringen Anteil ausmachen. Doch das ständige Ringen um Finanzmittel schreckt Thorsten Kaiser nicht ab: „Wenn man weiß, wo man fragen kann, findet man auch Sponsoren und Förderer“, sagt er.

KBB Jubiläum 2024
Zum Jubiläum hatte OB Thomas Kufen Vereinsmitglieder und Unterstützer ins Rathaus eingeladen. © KBB 1999 e.V. | KBB 1999 e.V.

Wenngleich das KBB heute auf dem Papier 70 bis 80 Mitglieder habe und über 100 Helfer und Unterstützer, die sich „in irgendeiner Form für den Verein engagieren“, wie Kaiser junior erklärt, so ist doch er die treibende Kraft hinter dem großen Ganzen: Ideengeber, Motivator, Spendeneintreiber, Pressebeauftragter in einer Person. „Wenn ich aufhören würde“, sagt er, „dann würde es nur noch ein Minimalangebot geben“. Gleiches gelte für den zweiten von ihm mitgegründeten Verein, den Sportpark Karnap. Natürlich wolle er weitermachen, zu viele neue Ideen schießen ihm schon wieder durch den Kopf: das Inklusionscafé, das er auf dem Gelände des Sportparks gern eröffnen möchte, ein E-Sports-Event für Jugendliche, die Verstetigung des Seniorentreffs gegen Einsamkeit.

Auch interessant

„Es braucht eben immer jemanden, der organisiert und Menschen zusammenbringt, und das können wir“, sagt Roland Kaiser. Doch ähnlich wie sein Sohn ist auch er untrennbar mit der Vereinsaktivität verbunden: Die Sozialberatung hängt an seiner Person. Auch er denke nicht ans Aufhören, betont er: „Ich mache weiter, so lange der Kopf funktioniert.“

Die aktuellen Termine der Sozialberatung sowie Informationen zu vergangenen und aktuellen Projekten des KBB und Kontaktmöglichkeiten finden sich auf der Internetseite des Vereins: kbb1999.de

[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]