Bottrop/Essen. Die erste von fünf Bergbauflächen kann baureif gemacht und vermarktet werden. Das ist eine sehr gute Nachricht. Auch wenn sie in Essen liegt.
Die erste ehemalige Bergbaufläche aus dem Megaprojekt „Freiheit Emscher“ kann erschlossen und vermarktet werden. Wenn die Steine im Förder-Domino so fallen wie geplant, werden nach diesem Anstoß in den nächsten fünf Jahren bis zu 77,7 Millionen EU-Euro in den Bottroper Süden und den Essener Norden fließen. Dafür müssen die beiden Städte aber in Vorleistung gehen.
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Auf den ersten Blick sieht das Geschäft so schlecht aus, dass der Kämmerer den Baudezernenten mit dem Knüppel vom Hof jagen müsste: Bottrop nimmt Millionen in die Hand, die die Stadt gar nicht mehr hat, um ein großes Stück Mondlandschaft in Essener Norden zu kaufen. Zum Knüppel wird Bottrops Kämmerer Jochen Brunnhofer aber nicht greifen. Denn er kennt das ganze Geschäft und nicht nur den ersten Teil.
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Das Geschäftsmodell sieht ganz grob vereinfacht so aus: Die Städte Bottrop und Essen haben mit der Ruhrkohle-Tochter RAG MI 2023 eine Entwicklungsgesellschaft gegründet mit dem Ziel, rund 128 Hektar ehemaligen Bergbauflächen in fünf großen Stücken erst zu erschließen und dann zu Gewerbe- und Industrieflächen vermarkten. Auf Bottroper Gebiet liegen die Flächen Welheimer Mark, Prosper II und zum Teil Sturmshof. Auf einer noch viel größeren Fläche drumherum sollen als Teil des Megaprojektes „Freiheit Emscher“ neue Wohnquartiere entstehen sowie Naherholungsgebiete.
Das ist der große Plan. Dafür steht viel Geld aus dem EU-Fördertopf „Just Transition Fund“ zur Verfügung. Im Prinzip jedenfalls. Doch die Fördergelder müssen bis 2029 ausgegeben und abgerechnet sein. Erstes Problem: Einige Flächen werden dann noch gar nicht fertig sein können, weil sie noch unter Bergaufsicht stehen. Zweites Problem: Für Flächenkäufe können die Fördermittel nur begrenzt eingesetzt werden.
Freiheit Emscher in Bottrop und Essen: So sieht der Plan der beiden Städte aus
Deshalb haben die beiden Städte mit der RAG MI und der Projektgesellschaft FEEG ein Maßnahmenpaket geschürt, um möglichst viel Geld aus dem 90-Millionen-Euro-Jackpot der EU in den Essener Norden und den Bottroper Süden zu lenken, nämlich bestenfalls 77,71 Millionen. Der Haken aus Bottroper Sicht ist seit Jahren bekannt: Die erste Brache, für die hoffentlich nächstes Jahr die Bergaufsicht endet, liegt in Essen. Es ist die fast 32 Hektar große Fläche von „Emil Emscher“ zwischen A42 und B224.
Die nächsten Projekte, in die Fördergelder fließen sollen, liegen dann aber in Bottrop. In die Welheimer Mark sollen 30,96 Millionen Euro gelenkt werden und in den Bau des Gewerbeboulevards auf Bottroper Gebiet 12,1 Millionen Euro. Den Zuwendungsbescheid über die EU-Millionen erhofft sich Baudezernent Klaus Müller für das erste Quartal 2025.
Kaufpreis: 14,68 Millionen Euro inklusive Nebenkosten
Vorerst aber muss die Stadt in Vorleistung gehen, damit die Projektgesellschaft FEEG der RAG die „Emil Emscher“-Fläche abkaufen, aufarbeiten und vermarkten kann. Und so kommt es, dass die Stadt Bottrop ausgerechnet in dem Jahr, in dem sie den letzten Cent ihres Eigenkapitals aufbraucht und technisch gesehen überschuldet ist, 5,4 Millionen Euro als Gesellschafterdarlehen an die FEEG zahlen wird, ebenso wie die Stadt Essen.
Noch ein schräges Detail des Deals: Die RAG, gleichzeitig Verkäuferin und Mitkäuferin über ihren FEEG-Anteil, stundet sich selbst den Kaufpreis. 14,68 Millionen inklusive Nebenkosten kostet das Riesengrundstück, haben Gutachter ausgerechnet.
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Durch die Darlehen bekommt die Projektgesellschaft also die Mittel für den Flächenkauf in Essen; der ist nämlich nur zu einem kleinen Teil förderfähig. Außerdem fließen die Fördergelder erst nach dem vollzogenen Ankauf, erklären Baudezernent Müller und Planungsamtsleiterin Christina Kleinheins. „Ausgabenerstattungsprinzip“ heißt diese Regel im Förder-Sprech.
Und wann bekommt Bottrop sein Geld zurück?
Und wann bekommt Bottrop sein Geld zurück: Wenn die Flächen verkauft sind, sagt Stadtsprecherin Jeanette Kuhn. Und wann wird das sein? Da formuliert Baudezernent Klaus Müller vorsichtig. „Aus den Verkaufserlösen sollen die Gesellschafterdarlehen paritätisch bei der Stadt Bottrop und der Stadt Essen getilgt werden. Genaue Zeitpunkte für die Verkäufe können derzeit nicht ermittelt werden.“ Die Stadt plant optimistisch mit dem Jahr 2028, aber mit Luft nach hinten: Das Darlehen läuft bis 2030.