Essen. Immer wieder werden in Essen Bomben im Erdreich gefunden – dann rückt der Kampfmittelbeseitigungsdienst aus. Wie gefährlich sind Blindgänger?
- Über die Bombenentschärfung in Essen-Rüttenscheid am Mittwoch (20.11.) berichten wir in diesem Liveticker.
Unter der Erde schlummern in Essen unzählige Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg. Regelmäßig werden die Blindgänger bei Bauarbeiten oder Sondierungsarbeiten gefunden. Ist das der Fall, geht es in der Regel schnell. Noch am selben Tag muss das Kampfmittel unschädlich gemacht werden. Im aktuellen Fall aus Rüttenscheid bleibt wegen einer besonders aufwendigen Evakuierung etwas länger Zeit. Gefunden wurde die britische Fünf-Zentner-Bombe am Montag (18.11.), unschädlich soll sie am Mittwoch (20.11.) gemacht werden.
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Bomben in Essen: Wie gefährlich sind Blindgänger im Boden?
Von Bomben im Erdreich, die nicht bewegt werden, sondern still liegen, geht nach Angaben der Bezirksregierung wenig Gefahr aus. „Selbstdetonationen von Kampfmitteln sind glücklicherweise äußerst selten. Verbleiben Blindgänger unbewegt im Erdreich, ist damit nicht zu rechnen“, heißt es aus Düsseldorf. Anders sieht das mit entdeckten Blindgängern aus, die bewegt wurden. Bei Bauarbeiten kann es vorkommen, dass Bomben durch Baggerarbeiten versehentlich von der Stelle gerückt werden.
Das war beispielsweise 2008 in Hattingen der Fall. Damals wurden bei einer Explosion 17 Menschen verletzt. Ein Baggerfahrer hatte die Fünf-Zentner-Bombe bei Bauarbeiten mit dem Hammer an seinem Bagger getroffen.
Wurden Menschen durch Blindgänger in NRW getötet?
„Leider ist Anfang 2014 in Euskirchen ein Baggerfahrer durch die Detonation einer Bombe ums Leben gekommen“, teilt die Bezirksregierung auf Anfrage unserer Redaktion mit. „Die meisten Unfälle ereignen sich aber mit Brandmunition. Hier gibt es fast jedes Jahr Unfälle, bei denen Personen durch das Einatmen von Phosphordämpfen bzw. Brandgasen verletzt werden.“
Gab es Unfälle oder andere Zwischenfälle bei dem Entschärfen einer Bombe?
Der letzte Unfall beim Entschärfen einer Bombe habe sich in NRW im Jahr 1965 ereignet, so die Bezirksregierung. „Jede Entschärfung birgt ein Risiko, deshalb werden die gefährdeten Bereiche vor der Entschärfung evakuiert.“ In Göttingen (Niedersachsen) starben 2010 drei Arbeiter, die an der Entschärfung einer Bombe beteiligt waren.
Zu einem Zwischenfall bei einer notwendigen Blindgänger-Sprengung war es im April 2023 auch in der Werrastraße in Essen-Bergerhausen gekommen. Die Druckwelle, die damals freigesetzt worden war, beschädigte umliegende Häuser so stark, dass diese danach für unbewohnbar erklärt wurden. In München wurde 2012 eine Fünf-Zentner-Bombe gesprengt. Umliegende Häuser wurden arg in Mitleidenschaft gezogen.
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Wann werden Bomben entschärft, wann müssen sie gesprengt werden?
„Das lässt sich nicht pauschal beantworten“, so die Bezirksregierung. Experten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KBD) werden gerufen und bewerten vor Ort, was zu tun ist. „Bei Aufschlagzündern kann es sein, dass der Zünder defekt oder deformiert ist, und nicht sicher entfernt werden kann. Handelt es sich um eine Bombe mit einem amerikanischen Langzeitzünder, wird diese von uns in jedem Fall gesprengt. Diese Langzeitzünder verfügen über einen besonders empfindlichen Zündmechanismus.“
Was passiert eigentlich mit den Überbleibseln nach einer Bombenentschärfung?
Entschärfte Kampfmittel bleiben nicht vor Ort, sondern werden durch den KBD abtransportiert. In einer eigenen Anlage werden die Blindgänger bei Bedarf weiter zerlegt – „mit modernster Anlagentechnik“, erklärt die Bezirksregierung. „Letztendlich landet der gesamte Explosivstoff in einem leistungsfähigen Ofen und wird verbrannt. Die entstehenden Rauchgase werden erfasst und gereinigt, die zulässigen Grenzwerte eingehalten. Der zurückbleibende Metallschrott wird dem Wertstoffkreislauf wieder zugeführt.“
Wie wird man eigentlich Bombenentschärfer?
Es gibt keine klassische Ausbildung zum Sprengmeister. „Meist haben die Kollegen eine handwerkliche Ausbildung absolviert“, so die Bezirksregierung. Angehende Entschärfer sammeln meist als Räumarbeiter mehrere Jahre Berufserfahrung und hospitieren in den verschiedenen Bereichen der Kampfmittelbeseitigung. „Um Bomben selbst zu entschärfen, muss man zusätzlich eine nach Sprengstoffrecht erforderliche Fachkunde erwerben“, erklärt die Bezirksregierung. „Für den allgemeinen Umgang mit Kampfmitteln dauern diese Lehrgänge mindestens neun Wochen. Für das Entschärfen ist ein weiterer Lehrgang von mindestens drei Wochen erforderlich. Diese Lehrgänge bilden die Basis. Von besonderer Bedeutung ist aber die Erfahrung, die die Mitarbeiter im Laufe der Jahre bei ihrer Tätigkeit erwerben.“
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