Essen. Innenliegend, dunkel: So kenne man OP-Säle, sagt das Essener Krupp-Krankenhaus. Das neue OP-Zentrum bietet einen Blick auf das Stadtpanorama.
Die geplante Bauzeit eingehalten, das Budget unterschritten: Im Alfried-Krupp-Krankenhaus in Essen-Rüttenscheid freut man sich über ein neues OP-Zentrum, das im Oktober 2024 fertig geworden ist und Anfang 2025 in Betrieb geht. Neben stationär aufgenommenen sollen hier auch ambulante Patienten operiert werden. „Damit sind wir für eine Zukunft aufgestellt, in der ambulante Operationen vermehrt eingefordert werden“, sagt Architekt Stefan Gisselbach, der das Gebäudemanagement im „Krupp“ leitet.
Neun Millionen Euro Baukosten und 16 Monate Bauzeit hatte man für das neue Operationszentrum in der 7. Etage veranschlagt, am Ende wurde man nicht nur pünktlich fertig, sondern benötigte lediglich 7,8 Millionen Euro. Neben Eigenmitteln ermöglichte eine Förderung der Krupp-Stifung in Höhe von 2,4 Millionen Euro das Projekt, das auch einen schmerzlichen Leerstand mit neuem Leben füllt.
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Lange Zeit waren im 7. Stock gynäkologische Ambulanz und Gyn-OP untergebracht. Allein: Mitte Juni 2022 gab „Krupp“ bekannt, dass man die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zum Monatsende schließe. Zuvor war es nicht gelungen, genügend Fachärzte und Hebammen an das Haus zu binden, um den mit langer Tradition und großer Emotion behafteten Bereich zu erhalten. Es flossen Tränen. Für das Stadtgebiet vollzog sich damit eine Konzentration, wie sie die Gesundheitsreformen von Land und Bund aktuell forcieren: Geburten gibt es seither nur noch in Elisabeth-Krankenhaus und Uniklinikum. „Geboren im Krupp“ ist passé.
Essener Team freut sich über die neue Nutzung des verwaisten Trakts
Unter ungleich positiveren Vorzeichen startete man im Juni 2023 mit dem Umbau des verwaisten Trakts: Medizintechnik war vorhanden, eine großzügige Infrastruktur dito. So gibt es von zwei Seiten Aufzüge und Zugang zum neuen OP-Zentrum, einmal für die Patienten, die im Krankenhaus liegen, zum anderen für jene, die nur für den Eingriff kommen. Auch ein großzügiger Anmeldebereich mit Warteraum wurde eingerichtet. Knapp 16 000 Operation gibt es am Standort Rüttenscheid derzeit pro Jahr; auch ambulant wird schon operiert. Doch die Bedingungen sind bisher weniger komfortabel, war der ambulante Patient doch lange der Sonderfall im Klinikbetrieb.
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„Nun drängt die Krankenhausreform die Krankenhäuser zur Ambulantisierung“, sagt Gisselbach und setzt hinzu: „Allerdings werden ambulante Leistungen noch nicht auskömmlich honoriert.“ Den ersten Plan, ein rein ambulantes OP-Zentrum zu bauen, hat „Krupp“ daher aufgegeben. „Die Infrastruktur von Krankenhäusern mit entsprechenden Regelwerken und Anforderungen an Hygiene, Medizintechnik und Personal macht einen ambulanten OP-Betrieb unwirtschaftlich“, so Gisselbach. Mit ambulanten OP-Zentren der Arztpraxen könne man nicht konkurrieren.
OP-Saal in Essen: Robotermikroskop liefert dreidimensionale Bilder
Darum habe man sich für eine Hybridstruktrur entschieden, in der etwa je zur Hälfte ambulante wie stationäre OPs stattfinden sollen. Der Anteil lasse sich flexibel verändern. Selbstverständlich könne man Frischoperierte auch für eine Nacht dabehalten, wenn sie nach einem Eingriff doch nicht entlassfähig sind.
Eingerichtet hat man vier moderne OP-Säle sowie einen Aufwachraum, der zehn Betten beheimatet und auf 15 Plätze erweitert werden kann. Flexibilität gilt auch für die Ausstattung der OPs: Fahrbare OP-Tische und variable Beleuchtung sollen dazu beitragen, dass hier fast alle Disziplinen operieren können. Eingriffe von Orthopädie über HNO und Traumachirurgie bis Neurochirurgie sind möglich. Für Letztere steht im OP 1 ein Robotermikroskop, das dreidimensionale Bilder liefert; die Operateure arbeiten mit 3D-Brillen und Monitor.
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„Eine Herausforderung wird es, qualifizierte Mitarbeiter für das neue OP-Zentrum zu finden“, sagt die Geschäftsführerin des Krankenhauses, Michaela Lemm. Das liege nicht daran, dass die Stammkräfte noch eingewiesen werden müssen – bei ihnen sei das Interesse am neuen Arbeitsplatz groß. Aber: „Wir brauchen Verstärkung von außen. Auch die Anästhesie muss wachsen“, erklärt Lemm. Starten werde man im Januar erst mit zwei der vier OP-Säle.
Patienten in Essen haben Tageslicht und den Blick auf den Wald
Stolz ist Michaela Lemm auf die freundliche Gestaltung des Zentrums; keine Nebensache sei das, sondern „Healing architecture“, heilende Architektur. So bietet man den Patienten im Aufwachraum, in dem sie vor und nach dem Eingriff liegen, Tageslicht und den Blick auf den Wald. Dafür wanderte Technik, die sonst an der Wand installiert wird, in eine „deckenhängende Lösung“: So musste die Fensterfront nicht verdeckt werden, wie Mark Oehmingen erklärt, der die Medizintechnik leitet.
„Auch weiche Faktoren helfen, Personal zu binden. Diese Wohlfühl-Atmosphäre ist hier klug umgesetzt.“
Ein kleiner Monitor begleitet die Patienten während des gesamten Aufenthaltes. Und vom Überwachungsstützpunkt hat das Team via Bildschirm alle Aufwach- und OP-Plätze im Blick. Auch die Anästhesie werde digital, ergänzt Lemm: Die Vitalwerte werden während der OP nicht mehr händisch notiert, sondern automatisch erfasst und in die Patientenakte eingespeist.
Eine solche Ausstattung habe man beim Besuch von OP-Zentren niedergelassener Ärzte nicht vorgefunden, sagt Birgit Oetter-Walter, die das Zentrum für Perioperative Medizin am „Krupp“ leitet. „Teils waren es echte Zentren, teils bloß Hinteräume einer Praxis.“ Die neuen OPs seien auch den elf im Haus vorhandenen überlegen. Innenliegend und dunkel seien die, einige lägen im Keller: „Bunker.“
Essens Oberbürgermeister kommt ins OP-Zentrum – als Gast, nicht als Patient
Die Möglichkeit, in angenehm beleuchteten Räumen zu arbeiten, vor dem Fenster das Stadtpanorama, unterstreiche einen Wandel in der Medizin, sagt die stellvertretende Ärztliche Direktorin des Hauses, Priv.-Doz. Dr. Simone Waldt: „Auch weiche Faktoren helfen, Personal zu binden. Diese Wohlfühl-Atmosphäre ist hier klug umgesetzt.“ Am Mittwoch (13.11.) kommt Oberbürgermeister Thomas Kufen: als Gast, nicht als Patient.
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