Essen. Der Leiter der Essener Jugendpsychiatrie sieht die Legalisierung von Cannabis skeptisch: Sie sende das fatale Signal, der Konsum sei gefahrlos.
Über das psychische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen wurde zuletzt viel diskutiert, etwa über die Folgen der Corona-Pandemie. Schulschließungen und Lockdowns hätten eine ganze Generation heftiger Belastung ausgesetzt, heißt es. Wie sich die einzelnen Maßnahmen genau ausgewirkt hätten, sei noch nicht abschließend geklärt, mahnt Prof. Dr. Jochen Seitz, der neue ärztliche Leiter der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der LVR-Universitätsklinik Essen. Seitz hält am Freitag, 8. November, seine Antrittsvorlesung.
„Die Verfügbarkeit erhöht den Gebrauch: Wenn eine Droge ab 18 legal ist, sinkt die Hemmschwelle, dem kleinen Bruder etwas mitzubringen.“
Klar sei, dass es bei allen psychischen Erkrankungen einen spürbaren Anstieg gegeben habe, auf den die Hilfesysteme nicht eingestellt seien: „Es fehlen Plätze bei Therapeuten, in Kliniken und in der Jugendhilfe“, sagt Seitz. Der Wissenschaftler warnt aber vor einfachen Erklärungen: Wie genau sich Einsamkeit, exzessiver Medienkonsum und die fehlende Tagesstruktur auf die Psyche von Kindern und Jugendlichen ausgewirkt hätten, gelte es noch genauer zu beleuchten.
Früher Cannabis-Konsum erhöht das Schizophrenie-Risiko
Eine klare Haltung hat Seitz zum Cannabis-Konsum: „Ein frühzeitiger Gebrauch erhöht das Risiko, an einer Schizophrenie zu erkranken deutlich: bei unter 14-Jährigen um das Sechsfache.“ Wenige Betroffene schafften einen Schulabschluss.
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Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie habe sich daher gegen die Legalisierung von Cannabis ausgesprochen. „Die Verfügbarkeit erhöht den Gebrauch: Wenn eine Droge ab 18 legal ist, sinkt die Hemmschwelle, dem kleinen Bruder etwas mitzubringen.“
Verfügbarkeit von Alkohol und Nikotin einschränken
Viele Menschen glaubten, Cannabis sei harmlos, dabei sei der THC-Wert heute viermal so hoch wie in den 1970er Jahren. „Die Legalisierung sendet das fatale Signal: Ihr könnt das gefahrlos nehmen. Das Gegenteil ist der Fall: Jeder zweite Schizophrenie-Fall, den wir in unserer Klink sehen, erscheint Cannabis-assoziiert.“ Statt die Droge zu legalisieren, hätte man nur auf die Strafverfolgung verzichten können, findet Prof. Seitz.
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Er ergänzt jedoch: „Konsequenterweise müsste auch die Verfügbarkeit von Alkohol und Nikotin eingeschränkt werden, etwa durch Werbeverbote und eine Verteuerung.“
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