Essen. Die Bezirksregierung wollte einen schippernden Wohnwagen nicht zulassen, doch auf dem Rechtsweg kämpfte sich der Besitzer zurück ins Wasser.
„Ich habe die schönste Terrasse des Ruhrgebiets!“ Mit diesen Worten beschreibt Christian G. das Deck des wohl ungewöhnlichsten Bootes der Stadt. Es liegt am Ruhrufer in Kettwig in Höhe des Kattenturms – fraglos ein Paradies, aber aus diesem wollte ihn die Behörde vertreiben. Nach der Beschwerde eines anderen Skippers entzog ihm die Bezirksregierung Düsseldorf kurzerhand die Liegeplatzgenehmigung. Doch das war wohl etwas voreilig.
Die Bezirksregierung nahm ihren Platzverweis von allein zurück, um Gerichtskosten zu sparen
Der 35-jährige Essener jedenfalls zog vor das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen, um diese behördliche Verfügung aus der Welt zu schaffen. Und hatte dort am Dienstag (5. November) durchschlagenden Erfolg. Nach unmissverständlichen Worten des Vorsitzenden Richters hob die Juristin aus der Landeshauptstadt ihren eigenen Bescheid auf und trug sogar sämtliche Verfahrenskosten. Zuvor hatten ihr alle drei Berufsrichter verdeutlicht, dass ansonsten ein teurerer Klageerfolg gedroht hätte.
Das Boot hat ein völlig anderes Erscheinungsbild als die meisten anderen Yachten, die sonst so auf dem Baldeneysee herumschippern. Es ist ein Katamaran mit zwei Rümpfen, und auf diesem schwimmenden Ponton ist ein handelsüblicher Wohnwagen stabil befestigt. Am Bug befindet sich außen ein Führerstand, über den ein 50 PS starker Außenbordmotor am Heck dirigiert werden kann. Im Inneren befindet sich eine kleine Küchenzeile ebenso wie einige Sitz- oder Liegemöglichkeiten. Am Heck steht ein moderner Gasgrill nebst einigen Stühlen.
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Die Behörde hatte sich am äußeren Erscheinungsbild gestört und witterte ein fest vertäutes Hausboot zur dauerhaften Wohnnutzung an attraktiver Stelle. Die zuständige Beamtin übersah dabei allerdings, dass der Katamaran bewegungsfähig war und oft auch zu Ausflügen auf der Ruhr und sogar weiter entfernten Häfen genutzt wurde. Frei nach dem Motto „Es geht die Behörde gar nichts an, was sich auf einem Boot befindet“, ging der juristische Platzverweis schlicht ins Leere. Geschmack ist fast nie ein juristisches Argument, zumal auf der Ruhr oder dem Baldeneysee Yachten schippern, die über viel mehr „Wohnfläche“ verfügen. Und die auch deutlich teurer sind, als jene 30.000 Euro, die der 35-Jährige für sein nicht ganz so windschnittiges Hobbyboot ausgegeben hat.
Recherchen des Gerichts ergaben: Mit dem Wohnwagen auf Pontons zu fahren, ist andernorts üblich
Die Bezirksregierung hatte sich bei ihrem Verbot auch nicht so viel Mühe mit Recherchen gegeben wie die Gelsenkirchener Richter. Diese hatten im Internet schnell entdeckt, dass zum Beispiel auf der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern Pontons gemietet werden können, auf die man mit dem eigenen Caravan fahren kann. Ganz zu schweigen von den vielen mobilen Hausbooten in Holland, auf der Donau oder in anderen Teilen der Welt. Es kann offenbar nicht schaden, auch an andere Ufer zu schauen.
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