Essen. „Smoke on the Water“ und mehr: Deep Purple drehen ordentlich auf und begeistern ihre Fans in der Grugahalle. Nach Bühnenabschied klingt das nicht
Klingt so eine Band, die nach 56 hart gerockten Jahren endgültig Abschied von der Bühne nehmen will? Einerseits will Deep Purple mit ihrer aktuellen „One More“-Tour genau dies suggerieren, andererseits ist die Band schon gefühlt zehn Jahre auf Abschiedstour. Rund 6000 Fans wollen jedenfalls das Quintett um Ian Paice – der Schlagzeuger ist die einzige Konstante in der langen Band-Karriere – in der restlos ausverkauften Essener Grugahalle nochmals feiern.
Mit dem Klassiker „Highway Star“ zum Start bricht Deep Purple alle Beschleunigungsrekorde und katapultiert die Fangemeinde in kürzester Zeit auf ein Höchstlevel euphorischer Begeisterung. Der Song klingt noch immer wie der Soundtrack für eine Fahrt auf einem schweren Motorrad. Schlagzeug und Bass vereinen sich zu einem kraftvoll antreibenden Motor-Sound, Gitarre und Orgel lassen den Fahrtwind spüren und alles zusammen unbändige Lebensfreude spüren.
Die Hardrock-Veteranen zeigen, was noch alles in ihnen steckt
Ian Gillan ist derjenige, der am meisten gefordert ist, denn die Vokalparts der älteren Songs haben es wegen der häufigen Wechsel in Kopfstimmen-Höhen in sich. Der mittlerweile 79-jährige Sänger muss um jeden Ton kämpfen und die Videobilder offenbaren, welche Anstrengung es ihn kostet.
Doch die Band will sich nicht auf altem Lorbeer ausruhen. Die Hardrock-Veteranen mit einem Durchschnittsalter von 77 Jahren (da wurde Neuzugang Simon McBride allerdings nicht berücksichtigt) wollen beweisen, was auch heute noch an musikalischer Kraft und Spielfreude in ihnen stecken. Daher folgt mit „A Bit on the Side“ ein Song vom jüngsten Album „=1“ („equals one“), das im vergangenen Sommer veröffentlicht wurde.
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Neuer Gitarrist bestätigt mit ausgedehntem Solo gelungenen Einstand
Nach dem „In Rock“-Klassiker „Into the Fire“ darf sich Simon McBride, seit 2022 „der Neue“ an der Gitarre, mit einem ausgedehnten Solo vorstellen. Das macht der 45-jährige Ire nicht nur mit einer Demonstration lässiger Virtuosität, sondern er spielt auch mit einem Selbstbewusstsein, das zweifelsfrei zeigt, dass er keinesfalls von dem Gefühl beseelt ist, die hinterlassenen Fußabdrücke seiner prominentesten Vorgänger Ritchie Blackmore und Steve Morse könnten etwa zu groß für ihn gewesen sein. Frenetischer Applaus bestätigt seinen gelungenen Einstand.
Bei dieser Neubesetzung hat die Purple-Kernmannschaft fraglos das gleiche glückliche Händchen besessen wie seinerzeit mit Don Airey, der Jon Lord ersetzen musste. Aggressiv giftiges Fauchen und gequälte Aufschreie, perlende Arpeggios aus Klassik, groovender Jazz inklusive Boogie-Woogie und Ruhrpott-Hymnen wie das „Steigerlied“ entlockt ein humorvoll improvisierender Don Airey seiner Orgel.
Die Hardrock-Legenden sind mit einem Bein im Blues verwurzelt
Eine fein abgestimmte Konzertdramaturgie mit zahlreichen Instrumentalpassagen sowie Solo-Einsätzen verschafft Ian Gillan immer wieder Pausen, die seine Stimme eindeutig braucht. Klugerweise sind die neuen Songs wie „Lazy Sod“, „Now You`re Talking“ oder „Portable Door“, die die eindeutige Purple-Handschrift tragen, mehr im stimmlichen Mittelbereich angesiedelt. Ein wunderbares „Lazy“ offenbart, dass auch Hardrocker zumindest mit einem Bein im Blues verwurzelt sind, während „Space Truckin`“ mit einer Energie, die manche 20-Jährige musikalisch kaum aufbringen, kompromisslos nach vorn stürmt.
Alle singen „Smoke on the Water, Fire in the Sky“ mit
„Come On“ feuert sich Gillian selbst an und bekommt von den Fans ein enthusiastisches Echo zurück. Hier läuft Gillan nochmals zu einer Form wie in ganz alten Zeiten auf. Und schließlich ist es das simple, aber absolute ikonische Gitarrenriff, das Simon McBride ganz vorn an der Bühnenkante anstimmt und alle Fans seit Jahrzehnten spontan elektrisiert.
„Smoke on the Water“ lässt die Augen von manchem älteren Fan feucht werden, während die jüngeren euphorisiert die Fäuste erheben und alle schließlich „Smoke on the Water, Fire in the Sky“ mitsingen. Nach rund zwei Stunden inklusive dreier Zugaben, darunter die Klassiker „Hush“ und „Black Night“, verlassen Deep Purple unter dem frenetischen Applaus der Fans die Bühne. Nein, so klingt definitiv keine Rentnerband und auch kein Abschied.
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