Essen. Weil er die Heimkosten nicht aufbringen konnte, drohte einem betagten Essener der Rauswurf. Ein Drama, sagt der Sohn. Gibt es nun eine Lösung?
Im Falle des 89-Jährigen, dem der Rauswurf aus einem Seniorenheim im Essener Osten drohte, wird weiter um eine Lösung gerungen. Wie berichtet, hatte der Heimbetreiber erfolgreich eine Räumungsklage gegen den pflegebedürftigen Bewohner angestrengt, weil dieser den Eigenanteil an den Heimkosten nicht mehr bestreiten konnte. Im August schaltete sich Essens Stadtdirektor Peter Renzel ein und betonte: „Die Stadt hat ein sehr großes Interesse, dass gegen den hochbetagten Herrn aus dem vorliegenden Titel nicht vollstreckt wird“.
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Zuvor hatte der Sohn des Heimbewohners vergeblich versucht, für seinen Vater Leistungen des Sozialamtes zu beantragen. Darauf sind inzwischen fast die Hälfte der rund 7000 Essener und Essenerinnen angewiesen, die in einem der 73 Pflege- und Seniorenheime in der Stadt leben. Der Eigenanteil, den Pflegebedürftige in NRW im ersten Jahr zu den Heimkosten beitragen müssen, liegt laut Verband der Ersatzkassen (Vdek) von diesem Sommer im Schnitt bei 3200 Euro im Monat – ein halbes Jahr vorher habe der Betrag noch bei gut 2900 Euro gelegen.
89-jähriger Essener hat nun einen gesetzlichen Betreuer
„Die Pension meines Mandanten fließt vollständig ins Heim, reicht aber nicht. Vermögen ist nicht da“, erklärte dazu Oliver Post, der Anwalt des Seniors. So waren dessen Schulden beim Heimträger Monat für Monat gestiegen. Im Gespräch mit dem Amt für Soziales und Wohnen signalisierte der Träger im August jedoch, dass auch er verhindern wolle, dass der 89-Jährige auf der Straße lande. Im Gegenzug versprach die Stadt, bei der Regelung der finanziellen Seite zu helfen.
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Stadt zahlt im Jahr 65 Millionen Euro für Heimbewohner
Gut 7000 Essener und Essenerinnen leben in den 73 Pflege- und Seniorenheimen im Stadtgebiet. Von ihnen bezogen nach Angaben der Stadt im Juni 2024 insgesamt 3354 Personen Leistungen durch das Amt für Soziales und Wohnen.
Auf Unterstützung bei der stationären Hilfe zur Pflege sind demnach 2830 Personen angewiesen. 524 Personen beziehen ausschließlich Pflegewohngeld. Bei den Beziehern der stationären Hilfe zur Pflege gebe es seit dem vergangenen Jahr einen „schwankenden Anstieg“. Sprich: Im Laufe des Jahres bewegte sich der jeweilige Anstieg im Vergleich zum Vormonat zwischen 77 und 132 Neu-Beziehern.
Die Aufwendungen werden laut Stadt im Jahr 2024 voraussichtlich folgende Höhen erreichen: 35,7 Millionen Euro werden die Hilfen zur Pflege in Einrichtungen (7. Kapitel SGB XII) betragen; weitere 29,4 Millionen Euro fallen für das Pflegewohngeld an.
Wie der stellvertretende Leiter des Amtes für Soziales und Wohnen, Bodo Kolling, auf unsere Anfrage jetzt mitteilt, bezieht der 89-Jährige „aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse“ weiterhin keine Sozialleistungen. Man habe aber gemeinsam mit dem Gesundheitsamt veranlasst, dass ein Betreuer für den alten Herrn bestellt wurde. „Die laufenden Heimkosten werden nun durch den gesetzlichen Betreuer sichergestellt.“
„Die laufenden Heimkosten werden nun durch den gesetzlichen Betreuer sichergestellt. “
Offen ist nun noch die Frage, wie die bereits aufgelaufenen Heimkosten in fünfstelliger Höhe beglichen werden. Mitte November treffen sich Heimleitung, Betreuer und Vertreter des Sozialamtes, um sich über die ausstehende Forderung zu beraten. Geklärt werden soll dann auch, ob aus eventuell vorhandenem Vermögen „der Rückstand oder ein Teilrückstand beglichen werden kann“.
Drama um die Heimkosten hat Vater und Sohn belastet
Der Sohn des 89-Jährigen bezweifelt, dass das möglich sein wird, sein Vater habe das Geld nicht. Er hoffe nur, „dass die Räumung endgültig vom Tisch ist“. Das Drama um die Heimkosten ziehe sich seit vielen Monaten hin und gehe ihm an die Nerven; der drohende Rauswurf sei für seinen Vater und für ihn enorm belastend.
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Das Sozialamt erklärt dazu, die Heimleitung habe zugestimmt, die Prüfung der Vermögensverhältnisse durch den Betreuer abzuwarten. Sollte es danach noch keine verlässliche Lösung geben, sichert die Stadt Hilfe zu: „Eine einmalige Hilfe durch das Amt für Soziales und Wohnen kommt dann in Betracht, sofern ansonsten die Räumung aus der Einrichtung des betagten Herrn droht und keine Möglichkeiten der Selbsthilfe (durch den Betreuer) bestehen.“ Das ermutigende Fazit des stellvertretenden Amtsleiters Kolling lautet, dass alle beteiligten Stellen gemeinsam daran arbeiteten, „einen Weg zu finden, dass der Herr in der Einrichtung wohnen bleiben kann“.
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