Essen. Vukašin Petrovic hat eine ältere Frau aus der Ruhr in Essen gerettet, er zog sie ans rettende Ufer. Das ist seine Geschichte.
Vukašin Petrovic geht der Gedanke nicht mehr aus dem Kopf: „Wenn ich damals nicht gerettet worden wäre, dann wäre die Frau heute tot.“ Als junger Mann sei er selbst bei einem Tag am Strand im Mittelmeerwasser ohnmächtig geworden. Ein Begleiter rettete ihm das Leben, holte ihn aus dem Wasser. Er hätte tot sein können. Am Montagnachmittag wurde der 61-jährige Essener mit Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien selbst zum Lebensretter. Vukašin Petrovic rettete eine ältere Dame vor dem Ertrinken aus der Ruhr bei Steele. Ohne seinen Einsatz wären die alarmierten Einsatzkräfte der Feuerwehr sehr wahrscheinlich zu spät gekommen, die Frau gestorben.
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Doch so kommt es am Montag nicht. Petrovic ist am Nachmittag wie üblich mit seinem Hund Gassigehen. Die Runde führt ihn mit seinem Amerikanischen Akuta nach seiner Arbeit als Lkw-Fahrer fast täglich zur Steeler Ruhrpromenade. „In Steele bin ich mit dem Hund bekannt“, sagt Petrovic. Seine Ehefrau läuft die Runde dagegen an diesem Nachmittag nicht mit. Sie ist gerade in Berlin, um die Tochter zu besuchen, die dort seit drei Jahren lebt. Trotzdem begleitet sie Vukašin Petrovic: Die beiden telefonieren per Video miteinander.
Ruhr in Essen-Steele: Lebensretter sah zunächst nur eine Jacke im Wasser
Plötzlich stutzt der 61-Jährige. Hat er da etwas im Wasser gesehen? Tatsächlich. „Eine Jacke schwimmt im Wasser, eine silberne Jacke“, erzählt Petrovic wenige Tage später. Als die Umrisse einer Person mehr und mehr zu erkennen sind, sagt er zu seiner Frau: „Da schwimmt jemand im Wasser.“ Oder ist es doch eine Puppe? Er ist sich zunächst nicht sicher. Dann bewegt sich der Arm, Wasser spritzt. Jetzt ist sich Vukašin Petrovic hundertprozentig sicher: Da ist jemand in Gefahr.
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Er schaut genauer hin und erkennt eine ältere Frau in der Ruhr. „Die Beine und Hände waren auseinander gestreckt, der Kopf etwas über Wasser“, sagt der Lkw-Fahrer, der wenig später zum Lebensretter werden soll. „Die atmet“, sagt er laut zu sich und ins Smartphone zu seiner Frau, die das Ganze in circa 450 Kilometer Luftlinie per Video mitbekommt. Seinen Hund bindet er an, er geht ins Wasser, bis zu den Knien. Doch es reicht nicht: Er kommt nicht an die Dame heran.
Vukašin Petrovic schaut sich um, entdeckt in einem Gebüsch einen Stock. Drei Meter lang sei der gewesen, berichtet er. Mit seinem Werkzeug versucht er es noch einmal, muss sich dabei auf den Beinen stromabwärts bewegen. Weiter in die Ruhr will er nicht, er sei nicht der beste Schwimmer. „Ich habe Angst vor Wasser.“ An diesem Oktober-Montag muss er glücklicherweise kein guter Schwimmer sein, damit seine Rettungsaktion Erfolg hat.
Es gelingt ihm, die Frau mit dem Stock zu erwischen und zu sich zu angeln. Da habe er zwischen Steinen gestanden und die Frau zwischen den Armen erwischt. „Ich habe sie dann an der Jacke gepackt und aus dem Wasser gezogen.“ Ansprechbar sei die Frau aber nicht gewesen, das berichtet wenig später auch die alarmierte Feuerwehr.
Vukašin Petrovics Frau ist zu dem Zeitpunkt in Berlin und wählt den Notruf
Den Notruf wählt nicht Vukašin Petrovic. Seine Frau, die im weit entfernten Berlin Zeugin der Rettungsaktion quasi live am Handybildschirm mitverfolgt, habe die Einsatzkräfte von der Hauptstadt aus alarmiert. Die rücken bei dem Stichwort Person im Wasser sofort aus. Unter den Einsatzkräften sind Strömungsretter und Taucher, die zu dem Einsatzort an der Ruhr in der Höhe Grendtor in der Nähe der Kurt-Schumacher-Brücke eilen. Ins Wasser müssen sie an diesem Nachmittag nicht, weil Vukašin Petrovic die Frau bereits aus dem Wasser geholt hat. Die Dame wird in vor Ort erstversorgt und dann in ein Krankenhaus gebracht.
Die Feuerwehr Essen macht keine Angaben dazu, warum die Frau im Wasser trieb; aus Datenschutzgründen äußere man sich auch nicht zum Gesundheitszustand der Geretteten. Die Polizei teilt mit: „Wenn Sie verstorben wäre, hätten wir eine Benachrichtigung erhalten.“
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Zurück zu den bangen Minuten am Montag an der Ruhr: Vukašin Petrovic sagt, dass neben seiner Frau in Berlin auch jemand vor Ort in Steele den Notruf gewählt habe. Ansonsten, und darüber zeigt sich der 61-Jährige erschüttert, sei niemand tätig geworden. „Zehn bis 15 Leute haben das gesehen, keiner von ihnen hat geholfen“, empört sich Petrovic, der mit 25 Jahren direkt nach Essen gezogen sei. Zunächst sei er mit seiner Frau damals ins Haus der Schwiegermutter in Frillendorf gezogen, seit 20 Jahren ist er in Steele Zuhause. Wenige Tage nach seiner Heldentat an der Ruhr sagt er: „Ich bin ganz stolz, dass ich das gemacht haben.“
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