Essen-Altendorf. Das Pederzani Badkontor verkauft Bäder und Heizungen. Wie sich das Familienunternehmen aus Essen-Altendorf dem Fachkräftemangel stellt.

Der Mangel an qualifizierten Fachkräften stellt zunehmend eine Herausforderung für mittelständische Unternehmen in Deutschland dar. Antje Pederzani leitet das Familienunternehmen Pederzani Badkontor in Essen-Altendorf in dritter Generation. Sie berichtet von den Schwierigkeiten, geeignete Mitarbeitende zu finden.

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Frau Pederzani, was bietet Ihr Unternehmen an, und wer sind Ihre Kunden?

Bei uns finden Kunden Bäder und Accessoires in allen Preissegmenten: Badewannen, Waschtische und Toiletten. Wir bieten aber auch die ganze Rohinstallation an, die hinter der Wand verschwindet und die man als Kunde gar nicht sieht. Dazu kommt der Heizungsbereich, also Thermen, Wärmepumpen und ähnliches. Wir verkaufen auch an Endkunden. Denn viele kommen hier herein und sagen: Wir hätten gerne dies und das, wir haben aber gar keinen Handwerker. Dann vermitteln wir Handwerker aus unserer Kundschaft.

Apropos Handwerker: Welche Berufe gibt es in Ihrem Unternehmen?

Es gibt den klassischen Groß- und Außenhandelskaufmann sowie die Buchhaltung. Das Lager ist sehr wichtig, wir brauchen also Lageristen und Kommissionierer. Außerdem setzen wir Fahrer ein, vor allen Dingen mit der Führerschein-Qualifikation 95, da wir einen großen Lkw haben.

Pederzani Badkontor ist aus einem 1937 gegründeten Großhandel hervorgegangen.
Pederzani Badkontor ist aus einem 1937 gegründeten Großhandel hervorgegangen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Nun sprechen wir in Deutschland seit geraumer Zeit von den Schwierigkeiten, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Wie wirkt sich dieser Fachkräftemangel konkret auf Ihr Unternehmen aus?

Ich kann gar nicht sagen, ob das tatsächlich reiner Fachkräftemangel ist, der uns zu schaffen macht. Wir haben generell Schwierigkeiten, Mitarbeiter zu finden. Das geht mittlerweile so weit, dass ich sage: Wenn wir jemanden einstellen, dann muss der sich nicht mal konkret in unserer Branche auskennen.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Es ist jetzt etwa sieben oder acht Jahre her, da habe ich einen gelernten Bäcker eingestellt. Der hatte einfach Lust bei uns zu arbeiten und hat sich in unsere Thematik regelrecht hineingefuchst. Der gehört heute zu meinen besten Verkäufern.

Sebastian Svensek war früher Bäcker. Der Quereinsteiger arbeitet heute im Verkauf und stellt hier im Großteillager Ware für einen Kunden zusammen.
Sebastian Svensek war früher Bäcker. Der Quereinsteiger arbeitet heute im Verkauf und stellt hier im Großteillager Ware für einen Kunden zusammen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Welche Positionen sind denn im Moment bei Ihnen am dringendsten zu besetzen?

Am dringendsten ist der Verkauf. Ich habe einen Mitarbeiter, der schon seit 25 Jahren bei uns ist und im kommenden Jahr in Rente geht. Auch im Lager brauchen wir Unterstützung. Da arbeitet jemand, der schon seit 37 Jahren bei uns ist. Und ab einem gewissen Alter spielt dort das Körperliche eine gewisse Rolle. Da braucht man jemanden, der auch mal mithilft, Ware zu schleppen.

Welche Maßnahmen haben Sie unternommen, um neue Mitarbeiter zu finden?

Wir haben diese beiden Stellen auf unserer Homepage ausgeschrieben. Wir sind außerdem bei Instagram und Facebook aktiv und haben die Stellen auch dort beworben. Ich habe es zudem über Online-Stellenbörsen versucht und über Annoncen in der Tageszeitung. Das hat bisher alles nichts gebracht. Mittlerweile machen wir Aushänge hier im Unternehmen – im Eingangsbereich und sogar an der Kaffeebar.

Wie ist der Rücklauf?

Null. Früher hatten wir auf jede offene Stelle zehn Interessenten, heute kommt keiner mehr. Wir streuen die Informationen mittlerweile sogar in unserer Kundschaft, aber seit zwei Jahren können wir diese Stellen nicht besetzen.

Warum sind diese Bemühungen Ihrer Meinung nach nicht erfolgreich?

Ich kann es nicht sagen. Wenn es einen anderen Weg gäbe, an Mitarbeiter zu kommen, würde ich den gerne gehen. Wir entwickeln daher gerade eine neue Idee. Bisher haben wir in unserem Unternehmen nicht ausgebildet, da wir niemanden hatten, der dafür qualifiziert war. Eine Mitarbeiterin, die gerade in Elternzeit ist, wird nebenbei weitergebildet und wäre dann berechtigt, für uns auszubilden. Dann kommen wir vielleicht an Azubis.

Apropos Weiterbildung, apropos gelernter Bäcker: Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht Quereinsteiger in Ihrem Unternehmen?

Eine große. Ich glaube, es ist vielfach eher eine Frage von Motivation und Lernbereitschaft als die formale Qualifikation, die eine Rolle spielt. Natürlich ist es von Vorteil, wenn jemand technisches Interesse hat. Doch abgesehen davon kann man das alles erlernen, wenn man möchte.

Frank Meyer ist Großhandelskaufmann und arbeitet bei Pederzani Badkontor im Verkauf.
Frank Meyer ist Großhandelskaufmann und arbeitet bei Pederzani Badkontor im Verkauf. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Gibt es etwas, das Sie sich von der Politik und aus der Wirtschaft wünschen, um diesen Fachkräftemangel langfristig zu beheben?

Ich glaube, man muss einfach das Arbeitsleben wieder positiver bewerten. Ich weiß auch aus anderen Bereichen, dass viele nicht wirklich arbeiten wollen, weil sie nicht mehr genug Geld verdienen und dann mit dem Arbeitslosengeld vielleicht besser klarkommen. Aber das kann ja nicht Sinn und Zweck der Übung sein.  Deshalb muss Arbeit wieder attraktiver gestaltet werden.

In diesem Zusammenhang betonen Sie auf Ihrer Internetseite das positive Betriebsklima in Ihrem Unternehmen. Wie wichtig ist Ihnen dieser Aspekt, wenn Sie nach neuen Mitarbeitenden suchen? Oder sind Sie schon froh, wenn Sie überhaupt mal jemanden kriegen?

Ja, aber nicht auf Teufel komm raus. Ein Mitarbeiter muss in unser Team passen. Wenn ich einen Bewerber hier habe, dann gehe ich auch nach dem Bauchgefühl. Ein Vorstellungsgespräch findet nicht nur in meinem Büro statt, sondern ich gehe mit ihm oder ihr gerne durch die Räumlichkeiten. Dann kann der Bewerber sich auch schon mal mit Mitarbeitern unterhalten. Und da kriege ich ja dann auch Feedback und sehe, wie das Zwischenmenschliche läuft.

Blick in die Abteilung Rohinstallation bei Pederzani.
Blick in die Abteilung Rohinstallation bei Pederzani. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Wie wichtig ist Ihnen dieser Aspekt?

Sehr wichtig. Wir sind ein kleiner Mittelstandsbetrieb, in dem sehr familiär zusammengearbeitet wird und in dem wir noch engen Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden haben. Es gibt in unserem Unternehmen auch kaum Fluktuation.

Das würde für eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit sprechen. Was tun Sie dafür?

Wir haben ein Unternehmen der offenen Türen, es gibt kaum Hierarchien. Ich renne hier genauso durch den Laden wie alle anderen auch. Und ich glaube, dass es wichtig ist, einfach auch persönliche Dinge mal zu besprechen, nicht nur geschäftliche. Ich komme hier morgens gerne hin und genauso soll das bei meinen Mitarbeitern sein. Es kann sein, dass man sich vielleicht auch mal fetzt oder dass mal Dinge hochkommen, die einem nicht gefallen. Aber dann spricht man darüber, und dann ist es wieder gut.

Pederzani Badkontor

Der Sanitär- und Heizungsgroßhandel wurde 1937 von Antje Pederzanis Großvater in Rostock gegründet. Karl Pederzani fand nach seiner Flucht in den Westen 1951 in Essen eine neue Heimat.

Nach dem Tod des Firmengründers Karl Pederzani ging die Geschäftsführung in die Hände von Volker Pederzani und Edda Pederzani-Mucha über. Im Jahr 2000 verstärkte Enkelin Antje Pederzani die Geschäftsführung.

Im Oktober 2010 eröffnete das Pederzani Badkontor am Standort In der Hagenbeck 37 in Essen-Altendorf: www.pederzani.de

Sie haben gesagt, es gibt Mitarbeiter, die bald in den Ruhestand gehen. Wie planen Sie den Wissenstransfer in eine neue Generation?

Das ist ein ganz großes Thema bei uns. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vermitteln ihr Wissen früh an die Jungen. Ein einfaches Beispiel: Es gibt Toilettensitze von ganz alten WCs. Die neuen Mitarbeiter haben damit keine Erfahrung. Es ist aber dem Kunden gegenüber ein großer Vorteil, wenn man sagen kann: Den kenne ich, das ist dieses Modell und ich weiß, woher ich ein Ersatzteil bekomme. Dieses Wissen gilt es permanent zu übermitteln.

Wie optimistisch sind Sie, dass Sie in den nächsten Jahren noch geeignete Fachkräfte finden?

Ich bin immer optimistisch.

Auf welche Strategien setzen Sie dabei?

Wie gesagt: Ausbildung. Zudem muss man sich stärker in den sozialen Medien positionieren und darüber vermitteln: Ich gehe hier gerne zur Arbeit, und das könnest du auch. Ich glaube, das ist das A und O.

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