Essen. Seit Monaten leben aus einem Wohnkomplex evakuierte Mieterinnen und Mieter auf Kosten der Wohnbau eG im Hotel. Warum damit bald Schluss ist.
Die Zeit drängt. Noch bis Ende des Monats zahlt die Wohnbau eG ihre Hotelkosten. Ab Anfang November müssen sich die evakuierten Mieterinnen und Mieter dann selbst um Logis kümmern – auch wenn sie am allerwenigsten für die Situation können. Der ohnehin schon große Frust wird größer. Seit dem 21. Juni leben sie nicht mehr in ihren eigenen vier Wänden. Nun will die Wohnbau eG möglichst viele von ihnen in leerstehende Wohnungen unterbringen.
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Zur Erinnerung: 80 Bewohnerinnen und Bewohner, die meisten von ihnen hochbetagt, mussten an einem Juni-Freitag ihre Wohnungen in einem Hochhauskomplex im Spervogelweg von jetzt auf gleich spätabends verlassen. Das Gebäude war für unbewohnbar erklärt worden, die Tragfähigkeit des Hauses mit den Hausnummern 26 und 28 nicht mehr gegeben. Schuld daran: Ein alter Bergbaustollen unter dem Gebäude, der nicht richtig verfüllt ist. An der Lösung des Problems im Untergrund wird weiter gearbeitet. Zunächst waren viele der Betroffenen für einige Nächte in einer Notunterkunft untergekommen, danach zogen etliche auf Kosten der Wohnbau eG ins Ramada-Hotel im Stadtkern.
Wohnbau eG berichtet von sich aufhäufenden Kosten nach der Evakuierung
Über den immer länger werdenden Zeithorizont sagt Frank Skrube, Sprecher der Wohnbau eG: „Wir sind von drei Monaten ausgegangen. Drei Monate Kulanzzeit wären auch zu vertreten gewesen.“ Spätestens als die Bezirksregierung Mitte September die Sperrung bis einschließlich 19. Dezember 2024 verlängerte – und höchstwahrscheinlich auch noch länger –, glühen bei der Genossenschaft aber wohl die Taschenrechner. Insgesamt habe die Evakuierung bis Mitte Oktober einen mittleren sechsstelligen Betrag verschlungen. Circa eine halbe Million Euro also für Hotelaufenthalt, Wachdienst am Spervogelweg und, nicht zu vergessen, dem Mietausfall, zählt Skrube auf. Nicht nur den betroffenen Mietern, sondern auch allen anderen Genossenschaftsmitgliedern, sei man Rechenschaft schuldig.
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Seit ihrem unfreiwilligen Auszug Ende Juli zahlen die betroffenen Mietparteien nichts an die Wohnbau eG. Insgesamt lebten 72 Mietparteien in dem Wohnkomplex, 24 von ihnen konnten im August in ihre Wohnungen im „Gebäudeteil C“ zurückkehren, die Teile A und B bleiben aber geschlossen.
Bezirksregierung habe sich noch nicht zur Kostenübernahme geäußert, so die Wohnbau eG
Eine der Betroffenen ist die Schwiegermutter von Sebastian Kaiser. Die 72-Jährige sei vor drei oder vier Jahren in die Wohnung am Spervogelweg eingezogen und habe diese „komplett neu eingerichtet“. Für die Ankündigung der Wohnbau eG, die Hotelkosten ab dem 1. November nicht mehr zu übernehmen, hat Sebastian Kaiser sogar Verständnis. „Das Unternehmen muss auch schauen, wo es bleibt.“ Seine Kritik zielt in eine andere Richtung hin.
Erfahren habe seine Schwiegermutter von dem Ende der Kostenübernahme für den Hotelaufenthalt durch den Vermieter über ein Schreiben der Wohnbau eG, das auch unserer Redaktion vorliegt. Darin heißt es: „Wir sind seit geraumer Zeit im Austausch mit der Bezirksregierung Arnsberg und dem Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie NRW (MWIKE) wegen der Erstattung dieser Kosten. Nachdem wir hier aufgrund anfänglicher Äußerungen zunächst zuversichtlich waren, müssen wir aber leider feststellen, dass bisher noch keine Lösung für eine Kostenübernahme des Landes gefunden werden konnten.“
Essener Wohnbau eG führt nun „Vermittlungsgespräche“ mit Betroffenen
Auch unsere Redaktion hatte nach dem Einzug der Mieter in das Ramada-Hotel bei der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg nachgefragt, wer schlussendlich für diese Kosten aufkommen werde. „Die ist aktuell Gegenstand der internen Abstimmungen“, hieß es als Antwort darauf am 30. Juli. Seitdem sind dreieinhalb Monate ins Land gegangen. Nach Darstellung der Wohnbau eG gibt es seitens der Bezirksregierung keinen neuen Sachstand dazu. Eine erneute Nachfrage unserer Redaktion am Montagmittag (14.10.) wurde noch nicht beantwortet.
Wie geht es für die Mieter des geräumten Hochhauskomplexes nun weiter? Der Sprecher der Wohnbau eG, Frank Skrube, berichtet im Gespräch mit unserer Redaktion davon, dass in dieser Woche „Vermittlungsgespräche“ mit den Betroffenen im Ramada-Hotel stattfinden sollen. „Wir wollen versuchen, möglichst viele in Wohnungen unterzubringen“, sagt Skrube. „Wir haben die eine oder andere Wohnung frei.“ Für die dann auch Miete fällig würde. . .
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