Essen-Dellwig. Der Boxer-Klub e.V. in Essen-Dellwig trainiert Hunde für Alltag und Schutzdienst. Nun ist auf der Suche nach einer neuen Heimat.

Die Essener Ortsgruppe des Hundesportvereins Boxer-Klub e.V. sucht einen neuen Platz, um Hunde ausbilden zu können. Noch wird hier trainiert: Die Boxer folgen Fährten, üben Grundgehorsam für den Alltag, werden zum verkehrssicheren Begleithund ausgebildet und bestehen sogenannte Vielseitigkeitsprüfungen für Gebrauchshunde. Doch ab 1. Januar 2025 ist damit Schluss: Nach 52 Jahren läuft der Pachtvertrag für das Gelände aus und wird auch nicht verlängert. Über die Gründe gehen die Meinungen auseinander.

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Jackson steht da, ganz ruhig, offenbar hoch konzentriert. Seine ganze Aufmerksamkeit ist auf Andrea Knaup gleich neben ihm gerichtet. Und auf Daniel Sturhahn, der – gut gepolstert und mit dick eingepacktem Arm – in etwa 50 Metern Entfernung wartet. Sturhahn ist sogenannter Schutzdiensthelfer, in der linken Hand hält er einen Schlagstock, der aber nur als Requisite dient und nicht eingesetzt wird. Jetzt beginnt er mit wilden, bedrohlichen Bewegungen, doch Jackson rührt sich nicht. Erst als Knaup den Befehl gibt, rennt der Boxer los, springt über ein Hindernis und beißt in Sturhahns Arm. Als aus der Ferne der nächste Befehl von Knaup ertönt, lässt er los und geht in den Bewachungsmodus. Knaup kommt, ruft den Hund ab, erteilt ein Lob und eine kleine Streicheleinheit.

In Dellwig werden Hunde ausgebildet

Übungen wie diese gehören zum sogenannten Schutzdienst, bei dem ein Überfall auf den Hundehalter simuliert wird, den der Hund abwehren soll. Für den Boxer ist das Ganze ein Spiel, bei dem er den gesamten Körper einsetzen darf. „Das sieht martialisch aus“, erklärt Isabella Kopp, Vereinsvorsitzende der Ortsgruppe Essen des Boxer-Klub. „Mit Aggression hat das aber nichts zu tun. Der Hund ist ganz auf den Armschutz konditioniert. Sobald Daniel den ablegt, ist der Hund wieder friedlich.“

Andrea Knaup, hier bei Übungen mit Calisto, ist Ausbildewartin beim Boxer-Klub e.V. in Essen-Dellwig.
Andrea Knaup, hier bei Übungen mit Calisto, ist Ausbildewartin beim Boxer-Klub e.V. in Essen-Dellwig. © FUNKE Foto Services | Marie-Christin Jacobs

Das Trainingsgelände liegt bewusst abgelegen, damit sich etwaige Nachbarn nicht gestört fühlen. Obwohl: „Unsere Hunde bellen nur selten“, so Kopp, „einmal kurz am Anfang, aber dann beginnen sie zu arbeiten“. Ausgebildet werden die Boxer hier nach der Internationalen Gebrauchshundeprüfungsordnung (IGP). Da werden Fährten gesucht und Boxer zum sogenannten Schutzdienst ausgebildet: Beim IGP-Sport gehe es darum, einen Boxer zum sozialen, ausgeglichenen Familienschutzhund zu erziehen, sagt Kopp, die im Verein vor allem für den Bereich Fährtensuche verantwortlich ist. Richtig ausgebildete Schutzhunde seien keine „unkontrollierten Beißer“. Im Gegenteil: „Es sind sehr ausgeglichene und selbstbewusste Hunde, die in einem absoluten Gehorsam stehen.“

Seit 70 Jahren existiert die Essener Gruppe des bundesweit vertretenen Boxer-Klubs mit Hauptsitz München bereits, sie hat mehr als 50 Mitglieder, und etwa 16 Hunde trainieren hier regelmäßig. Gegründet wurde die Ortsgruppe am 31. Oktober 1954 – eigentlich wollte man Ende kommenden Monats das Jubiläum feiern. Doch den Mitgliedern ist derzeit nicht nach Feiern zumute.

Daniel Sturhahn trainiert mit Jackson. Gehorsam ist wichtig bei der Ausbildung.
Daniel Sturhahn trainiert mit Jackson. Gehorsam ist wichtig bei der Ausbildung. © FUNKE Foto Services | Marie-Christin Jacobs

„Unser Pachtvertrag ist nicht verlängert worden“, erklärt Kopp. Über die Gründe herrscht Uneinigkeit zwischen Verein und der Verpächterin. Letztere gibt an, aufgrund der neuen Grundsteuer habe sie die Pacht anheben müssen - von 1200 auf 3600 Euro pro Jahr, dazu sei der Verein nicht bereit gewesen. Der Verein sagt, ein konkretes Angebot habe es nie gegeben, „darüber hätten wir ernsthaft nachgedacht“. Streit gibt es zudem über gefällte Bäume. Die Fronten sind mittlerweile verhärtet, Gespräche offensichtlich nicht mehr möglich.

Boxer-Klub e.V.

Die Essener Ortsgruppe des Boxer-Klub verliert nicht zum ersten Mal ihr Gelände: Bis 1962 befand sich der Übungsplatz an der Altenessener Straße. Er musste wegen eines Bebauungsplans der Stadt Essen aufgegeben werden.

Der Verein erhielt ersatzweise einen Übungsplatz am Schölerpad in Altendorf. Das Gelände gehörte der Zeche „Wolfsbank“, die dafür nur eine geringe Pacht nahm. Die Vereinsmitglieder pflanzten Bäume, säten Rasen und bauten das Klubheim. Ab 1972 musste aber auch dieses Übungsgelände wieder aufgegeben werden, erneut wegen eines Bebauungsplans der Stadt Essen.

Es folgte der Platz am Donnerberg in Dellwig, diesmal gegen eine „richtige“ Pachtgebühr. Teile des alten Klubheims wurden dort wieder aufgebaut. Der Verein kümmert sich um das Gelände, hat investiert. Doch der Pachtvertrag läuft zum 31. Dezember 2024 aus.

Wer ein entsprechendes Gelände in Essen zur Verfügung stellen möchte, kann Kontakt zur Vorsitzenden Isabella Kopp aufnehmen: vorstand@bk-essen.de. Informationen zum Verein gibt es unter https://bk-essen.de/.

Besonders ärgerlich für den Verein: Man hat in den Platz investiert, obwohl man lediglich Pächter ist. Eine Wasserleitung wurde neu gemacht, Flutlicht angeschafft, damit man im Herbst und Winter auch abends trainieren kann. Auf dem Platz stehen Hindernisse und einige mobile Verstecke, zudem sind neue Hundeboxen angeschafft worden. Nun weiß man nicht, wohin damit.

Verein sucht neuen Hundeplatz in Essen

Zwar gibt es einen Plan B – Ortsgruppen in Bottrop, Gladbeck, Marl und Hattingen, bei denen man zeitweise unterschlüpfen könnte –, doch „wir sind die Gruppe Essen und wollen natürlich in Essen bleiben“. Mit einigen Hundevereinen habe man bereits Kontakt aufgenommen, „aber bisher passen die Zeiten nicht zusammen“, sagt der frühere Ausbildewart Franz Vogel, der sich seit über 50 Jahren im Verein engagiert. An jedem Mittwoch treffen sich die Mitglieder mit ihren Hunden um 17 Uhr, außerdem samstags ab 13 Uhr. Kopp: „Wir brauchen einen Platz, der zu diesen Zeiten frei ist. Samstags sind wir aber flexibel.“

Im Vereinsheim des Boxer-Klub e.V. sind die Pokale von Meisterschaften zu sehen.
Im Vereinsheim des Boxer-Klub e.V. sind die Pokale von Meisterschaften zu sehen. © FUNKE Foto Services | Marie-Christin Jacobs

Keine einfache Aufgabe: Hier in Dellwig verfügt man über satte 3800 Quadratmeter, das Vereinsheim hat man selbst gebaut, es gibt eine Kanalisation und natürlich Strom. Denn auch die Treffen neben und nach dem Hundesport sind für die Mitglieder wichtig. „Wir sind eine große Familie“, sagt Vogel. Eine Familie, die eigentlich in jedem Jahr eine Weihnachtsfeier ausrichtet – doch ob es die im Dezember am Donnerberg in Dellwig geben wird, ist noch unklar. „Ich glaube, das würde vielen das Herz brechen. Vielleicht gehen wir einfach gemeinsam irgendwo etwas essen.“

Noch hat man die Hoffnung aber nicht aufgegeben. Vogel: „Vielleicht findet sich ja irgendwo ein Privatbesitzer oder ein Verband, der eine freie Fläche hat.“ Doch die Zeit wird knapp: Bis zum Ende des Jahres muss der Platz geräumt werden.

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