Essen. Glaspavillon im Essener Grugapark wird zur „Zeitfensterwunderkammer“. 60-Tage-Kunstaktion will auch das Publikum mit einbeziehen.

Dass Wohncontainer als Laborraum für zwischenmenschliche Beziehungen funktionieren, kennt man schon aus dem Privatfernsehen. Im Essener Grugapark kann man nun in einem von allen Seiten einsichtigen Glaspavillon das Zusammensein von Mensch und Maschine beobachten. Frank Niehusmann, Anne-Luise Binder, Mira-Aline Schmidt und Gabriele Hammelmann sind Bewohnerinnen und Bewohner dieses gläsernen Heims. Und sie sind nicht allein. Auch diverse wunderliche Automaten-Wesen sind Teil der „Zeitfensterwunderkammer“. Bis zum 16. November kann man Mensch und Maschine bei der Arbeit im Grugapark zusehen.

Frank Niehusmann hat die bunten Soundbuttons mit elektronischen Klängen programmiert. Das Publikum darf damit spielen.
Frank Niehusmann hat die bunten Soundbuttons mit elektronischen Klängen programmiert. Das Publikum darf damit spielen. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Offenes Atelier, begehbare Klang-Installation und Musiktheater-Bühne in einem. Die „Zeitfensterwunderkammer“ ist eine in jeder Hinsicht offene Kunstidee. „Wir wissen nicht, wie das Ergebnis in 60 Tagen aussieht“, sagt Niehusmann, der mit dem Ensemble „Oper, Skepsis und Gleisbau“ in den vergangenen Jahren schon mehrere experimentelle Maschinentheater-Projekte vorgestellt hat, wie die elektronische Kammeroper „Superposition“ auf dem Essener Welterbe Zollverein und zuletzt das elektroakustische Musiktheater „Die Roboterinnen“ .

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In Glaspavillon wird es keine Premiere geben, es werden keine festen Aufführungen zu erleben sein, sondern ein Kunstexperiment als fortlaufender Prozess. „Das Projekt ist, dass wir hier sind und in diesem offenen Atelier zu besichtigen sind“, sagt der Essener Musiker und Komponist. Das offene Atelier, der Glaspavillon, war in seiner Entstehungszeit als Lesesaal der Bundesgartenschau 1965 konzipiert. Der Kubus aus Glas und Stahl ist das letzte erhaltene Gebäude der Bundesgartenschau und stand über viele Jahre weitgehend leer. Zuletzt hatte sich das Projekt „Kubig400“ für die Belebung des 2018 aufwendig sanierten Lesepavillons engagiert. Im Sommer 2022 hat sich der Verein nach Angaben der Grugaverwaltung allerdings aufgelöst. Seither gab es nur noch sporadisch Nutzungen, unter anderem durch eine Kunstaktion der Essener Galerie Obrist.

Mit der „Zeitfensterwunderkammer“ zieht nun wieder neues Leben in den gläsernen Pavillon. Die Stadt Essen, das NRW-Kulturministerium und der Musikfonds von Kulturstaatsministerin Claudia Roth haben dafür Mittel zur Verfügung gestellt. Mit der Förderung werde auch Kontinuität der künstlerischen Arbeit honoriert, glaubt Niehusmann, „dass Gruppen zusammenbleiben und Entwicklungen voranbringen“. Auch Objekte aus dem eigenen Fundus bekommen in der „Zeitfensterwunderkammer“ eine neue Nutzung. „Es entsteht ein Werk, das wir noch nicht kennen“, sagt Niehusmann.

Automaten-Wesen und klingende Objekte aus Roboter-, Licht- und Tontechnik sowie diverse (Software-)-Instrumente kommen in der „Zeitfensterwunderkammer“ zum Einsatz.
Automaten-Wesen und klingende Objekte aus Roboter-, Licht- und Tontechnik sowie diverse (Software-)-Instrumente kommen in der „Zeitfensterwunderkammer“ zum Einsatz. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Das Material dafür haben die Vier schon mal mitgebracht. Da rattern alte Schreibmaschinen, surren mit Motoren und Mikrocomputern ausgestattete Automaten-Wesen durch den Raum, kommen diverse (Software-)Instrumente zum Einsatz. Knallbunte Soundbuttons kleben an den Fenstern und laden die Besucher mit ihren programmierten Tönen zum individuellen Klangerleben ein. „Werk und Werkstatt“, sagt Niehusmann, „gehen ineinander über“. Jeden Tag verändere sich dabei etwas, werde korrigiert oder weiterentwickelt. Die Töne, Texte und Bilder, die dabei entstehen, würden – wie in einem Logbuch – regelmäßig auf der Webseite www.zeitfensterwunderkammer.de festgehalten.

Kurzfristige Führungen, Besichtigungen und Performances sollen zudem immer wieder als Zwischenbilanz dieses „Werk-in-Progress“-Projektes vorgestellt werden.

Die „Zeitfensterwunderkammer“ im Glaspavillon im Grugapark ist für Parkbesucher bis zum 16. November täglich von 15 bis 18 Uhr geöffnet.

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