Essen/Duisburg. Ein Discogast aus Duisburg sticht vor zwei Jahren in einer Essener Disco auf Türsteher ein. Vor Gericht werden jetzt dramatische Bilder gezeigt.
Erst war es eine wilde Rangelei, dann floss Blut: Knapp zwei Jahre nach einer lebensgefährlichen Messerattacke in der Essener Discothek „Essence“ muss sich jetzt ein Mann (25) aus Duisburg vor Gericht verantworten. Der Vorwurf: mehrfacher Mordversuch.
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Die dramatischen Szenen in einer Novembernacht auf einen Sonntag (27.11.2022) sind damals gegen 3.30 Uhr von einer Überwachungskamera aufgezeichnet worden. Auf dem Film, der im Prozess am Essener Schwurgericht vorgespielt wird, ist ein Gast zu sehen, bei dem es sich um den Angeklagten handeln soll. Zu sehen soll auf dem Videomaterial sein, wie der 25-Jährige mit türkischen Wurzeln immer wieder hin und her gezerrt wird, er soll offenbar gezwungen werden, das Lokal an der Viehofer Straße in der nördlichen Innenstadt zu verlassen. Davor hatte es offenbar Streit gegeben. Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse im Kassenbereich.
Essence-Betriebsleiter: „Hätte ich den Kopf nicht weggedreht, wäre ich jetzt tot“
Auf dem Film ist zu erkennen, wie der Gast plötzlich auf die Türsteher losgeht. In der Hand hat er ein Messer. Der erste Türsteher wird von der Klinge in den Rücken getroffen, andere seiner Kollegen am Hals oder am Bauch. Fast rasend springt der Angreifer hin und her – von einem zum anderen Kontrahenten. Auch der heute 43 Jahre alte Betriebsleiter wird getroffen. Das jüngste Opfer der Messerattacke war Ende November vor zwei Jahren 30 Jahre alt.
Der Betriebsleiter sitzt beim Prozessauftakt am Dienstag im Zeugenstand. Bei seiner Vernehmung zeigt er den Richtern eine Narbe hinter seinem linken Ohr, die sich angeblich immer wieder entzündet und nicht richtig heilen will. „Hätte ich den Kopf nicht weggedreht, wäre ich jetzt tot“, sagt er.
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Einem der Türsteher wird in jener Nacht Ende November 2022 der gesamte Brust- und Bauchbereich zerschnitten. Auf einem Foto sind wuchtige Narben zu erkennen, die fast einem Schachbrettmuster gleichen und sich über den gesamten Oberkörper des Mannes ziehen. Wie am Dienstag bekannt wird, hat sein Anwalt Andreas Perner inzwischen 20.000 Euro Schmerzensgeld gefordert – mindestens.
Eskalation an Essener Disco: Polizei forderte Verstärkung aus anderen Städten an
Nach dem Messerangriff war es mit der Gewalt noch nicht vorbei. Vier der Opfer, die zum Teil schwerste Verletzungen erlitten haben, waren noch mittendrin: Auf dem Überwachungsvideo ist zu sehen, wie ein anderer Mann mit einem Baseballschläger zu Boden geschlagen und fürchterlich zugerichtet wird. Wie es heißt, soll es sich dabei um einen Verwandten des Angeklagten gehandelt haben, der die Disco damals ebenfalls verlassen sollte. Zwei Baseballschläger sollen bei dem Angriff zerbrochen sein. Das Opfer war blutüberströmt, hatte trotzdem wieder aufstehen können.
Die Lage an der Discothek war damals so unübersichtlich, dass die hiesige Polizei Verstärkung aus den umliegenden Städten anforderte. Der Club war wegen der Spurenaufnahme noch bis in den Nachmittag hinein durch Flatterband und einen quergestellten Streifenwagen abgesperrt. Eine Mordkommission wurde eingerichtet.
Messerattacke in Essen: Angeklagter hat sich noch nicht geäußert
Die Eskalation der Gewalt im Essence hatte vor zwei Jahren auch politisch Wellen geschlagen und unter anderem eine Anfrage der AfD im Landtag zur Folge. Diese wurde damit beantwortet, dass über sämtliche Beteiligte keine Erkenntnisse vorlägen. Die Staatsanwaltschaft Essen hatte vor zwei Jahren mitgeteilt, dass die Opfer der Attacke eine deutsch-libanesische, eine libanesische, eine türkische, eine iranisch-irakische sowie eine ungeklärte Staatsbürgerschaft haben. Die Discothek in der nördlichen Innenstadt sei bis dahin Schauplatz zahlreicher Delikte gewesen. Nach der Bluttat hieß es seitens der Staatsanwaltschaft, dass die Polizei allein im Zeitraum von 2015 bis Dezember 2022 mindestens einmal pro Woche dorthin ausrückte. Ungefähr 60 Mal seien – neben Ruhestörungen, Zahlungsstreitigkeiten und Beleidigungen – größere Schlägereien der Grund für das Ausrücken der Einsatzkräfte gewesen.
Zurück zum Prozess: Der 25-jährige Angeklagte hat sich noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. Nach Angaben seines Verteidigers habe er aus Verzweiflung gehandelt. Er und seine Gruppe, die an jenem 27. November 2022 noch ein bisschen feiern wollte, sollen von den Türstehern zuvor angegriffen und misshandelt worden sein. Die Richter haben für den Prozess noch Verhandlungstage bis Ende Oktober vorgesehen.
Im Falle einer Verurteilung drohen dem Duisburger mehrere Jahre Haft.
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