Essen. Fernöstliche Weisen und ein Ausflug in „Tausendundeine Nacht“: Spielzeit-Auftakt der Essener Philharmoniker gelingt märchenhaft.
Gibt es zur Spielzeiteröffnung ein schöneres Thema als die Liebe? Die Essener Philharmoniker gingen es auf dreierlei Weise an, wobei Generalmusikdirektor Andrea Sanguineti auf Repertoire und Raritäten gleichermaßen vertraute.
Liebe, die erst im Tod ihre Erfüllung findet: Die Geschichte bewegte Künstler in aller Welt. Und wenn das Orchester in blumiger Dur-Seligkeit zu dem Violinkonzert „The Butterfly Lovers“ anhebt, mag es wie fernöstliches Klischee wirken, wäre es nicht der Feder der beiden (mittlerweile hochbetagten) chinesischen Komponisten Chen Gang und He Zhanhao entsprungen, die ihre traditionelle Pentatonik mit westlichem Instrumentationsraffinement vermählten.
Liebende werden zu Schmetterlingen
Das Solo bietet paradiesische Entfaltungsmöglichkeiten, die die moldawische Geigerin Alexandra Conunova in funkelnder Virtuosität ausspielte. Eine Vollblutmusikerin, die verführerisch-zart singt, vor Herzschmerz schluchzt oder mit Temperament aufbraust, bevor die Liebenden in der Metamorphose zum Schmetterling ihre Erlösung erfahren.
Margaret Campbell, Duchess of Argyll, war dagegen die skandalträchtige, robuste Ikone der britischen High Society, der Thomas Adès gar eine eigene Kammeroper widmete. So war die 1. Suite aus „Powder Her Face“ der denkbare Kontrast zur chinesischen Märchenwelt: ein schlüpfriger Tango, ein zerbröselter Walzer samt kichernden Bläsern und lärmenden Zitatfetzen, alles messerscharf von den Philharmonikern abgebildet. Ein unterhaltsamer Spaß.
Eine Begegnung mit „Scheherazade“
In die orientalische Märchenwelt entführte schließlich Rimski-Korsakows Suite „Scheherazade“ mit ihren klangprächtigen Tableaus von Sindbads Schiff, den Abenteuern und der Liebe des jungen Prinzen. Sanguineti setzte weniger auf überschwappende Opulenz, sondern bevorzugte mit den bestens disponierten Philharmonikern ein schlankes Orchesterbild, kam aber erst mit dem dritten Satz so recht zu Leidenschaft und Tempo. Hervorragend gab Konzertmeister Daniel Bell (neben den vielen anderen trefflichen Soli) den filigranen Part der Prinzessin, die den strengen Sultan am Ende durch ihre Erzählkunst in den Schlaf wiegt – und damit ihr Leben rettet.
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