Essen. Brandfit mit rund 400 Mitarbeitern ist insolvent. Hinter der Agentur stehen die Gründer des einst beliebten Partyportals „Virtual Nights“

Eine der größten Werbe- und Marketingagenturen der Region ist in wirtschaftliche Schieflage geraten. Die Essener Brandfit-Gruppe mit zusammen 400 Beschäftigten bundesweit hat Insolvenz angemeldet. „Die derzeitige Situation ist nicht einfach, die Antragstellung war leider unvermeidlich. Eine Insolvenz bietet aber die Möglichkeit für einen Neuanfang“, teilte das Unternehmen mit. Am Hauptsitz in Essen zählt Brandfit 80 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Hinter Brandfit stehen die Geschäftsinhaber Kai Brökelmeier und Marcus Lerche. Sie waren in den Boomjahren der „new economy“ mit der Online-Plattform „Virtual Nights“ bekannt geworden, die sie vor über zwei Jahrzehnten gegründet hatten. Bei „Virtual Nights“ werden Partyfotos veröffentlicht. Millionen Partygänger fanden sich in den Anfangsjahren in ausgelassenen Posen auf Fotos im Netz wieder. Heute gibt es auf dem Portal kaum noch Inhalte, außer viel Werbung.

Der Fokus ihrer Arbeit liegt für Brökelmeier und Lerche ohnehin längst woanders. Sie haben in den vergangenen 22 Jahren aus ihren gemeinsamen Geschäftsanfängen die Agentur Brandfit entwickelt. Sie ist vor allem in den Bereichen Digital Marketing, Live-Marketing und Handelsmarketing tätig, setzte zuletzt aber auch auf Gaming und E-Sports, um dort junge Gruppen zu erreichen. Geschäftskunden von Brandfit sind unter anderem die Deutsche Telekom, Jägermeister, Kia Deutschland, De’Longhi oder LG Electronics, wie jüngst im Netz zu lesen war.

Brandfit meldete 2023 Umsatzrekord

Noch für 2023 hatte die Brandfit-Gruppe ein Umsatz-Rekordjahr vermeldet und zählte sich selbst zu den größten, inhabergeführten Werbeagenturen der Republik. Nach einem rasanten Wachstum hatte das Unternehmen vor zweieinhalb Jahren in Essen neue und größere Büroräume in der Schnabelstraße in Rellinghausen bezogen.

Der Insolvenzantrag kommt insofern überraschend, könnte aber auch Folge eines zu schnellen Wachstums sein. Vor dem Hintergrund hoher Inflation und der schwächelnden Wirtschaftskonjunktur sprechen die Geschäftsführer von einem gestiegenen „Kostendruck und von Liquiditätsengpässen“. In ihrer Mitteilung heißt es: „Der Insolvenzantrag wurde aufgrund einer Vielzahl von Herausforderungen, denen das Unternehmen in den letzten Jahren gegenüberstand, notwendig.“ Das Insolvenzverfahren soll nun eine Neustrukturierung bringen.

Als vorläufigen Insolvenzverwalter hat das Amtsgericht Essen den Rechtsanwalt Marc d‘Avoine von der Wuppertaler Kanzlei ATN eingesetzt. D‘Avoine ist in Essen kein Unbekannter. Einer seiner noch laufenden Insolvenzfälle ist der des Lederwareneinzelhändlers Brecklinghaus.

Geschäfte bei Brandfit laufen trotz Insolvenz weiter

Die Geschäfte bei Brandfit laufen derweil ungeachtet des Insolvenzantrages weiter. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zahlt in den kommenden drei Monaten die Bundesagentur für Arbeit. Das verschafft dem Unternehmen für die anstehende Sanierung Luft. Aktuell liefen Gespräche unter anderem mit Geschäftspartnern, Vermietern und Lieferanten, hieß es. Auch fänden bereits Gespräche mit potenziellen Investoren und Partnern statt. Zudem kommen in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich die Strategie und die bisherigen Geschäftsmodelle auf den Prüfstand. Ziel sei es, „die langfristige Finanzierung und den dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zu sichern“, betonte Geschäftsführer Lerche.

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Im vergangenen Jahr meldeten 234 Unternehmen in Essen Insolvenz an. Das waren wieder etwas mehr als während der Corona-Pandemie, als die gesetzlichen Insolvenzbestimmungen gelockert worden waren. In den ersten drei Monaten dieses Jahres mussten 61 Unternehmen den Gang zum Insolvenzgericht in Essen antreten. Das größte und bekannteste war der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof, der nach einer Sanierung und einem Verkauf mittlerweile wieder aus dem Verfahren entlassen wurde.

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