Essen. Das Insolvenzverfahren brachte keine Lösung, nun folgt im Herbst das Aus für die 117 Jahre alte Essener Traditionsfirma. Abverkauf beginnt bald.
Das im April eingeleitete Insolvenzverfahren ließ noch ein wenig Hoffnung, doch sie ist zerstoben: Das Lederwarengeschäft Brecklinghaus, eines der letzten inhabergeführten Traditionsunternehmen in der Innenstadt, stellt den Verkauf demnächst ein und wird bis zum Herbst 2024 abgewickelt. Das bestätigten der geschäftsführende Gesellschafter Gerd Brecklinghaus und Rechtsanwalt Marc d‘Avoine, der vom Gericht zum Insolvenzverwalter bestellt worden war.
Zwar hätten in den letzten Monaten Gespräche mit mehreren Interessenten stattgefunden, erklärte d‘Avoine in einer Mitteilung. „Leider ist es nicht gelungen, Übernehmer für die Läden oder einen von ihnen zu finden.“ Neben dem Hauptgeschäft an der Viehofer Straße, gibt es noch Filialen an der Rüttenscheider Straße, im Rhein-Ruhr-Zentrum in Mülheim und zwei in den Ladenpassagen im Flughafen Düsseldorf. Sie alle werden in den nächsten Wochen nach und nach geschlossen, kündigte Gerd Brecklinghaus an.
Räumungsverkauf bei Brecklinghaus beginnt bereits am 29. Juli
Bereits am Montag, 29. Juli, soll der Räumungsverkauf beginnen. Das gesamte Sortiment - Reisegepäck, Taschen aller Art und Leder-Accessoires - wird preislich herabgesetzt, wie bei Abverkäufen üblich. „Es ist schwer abzuschätzen, wie lange wir Ware haben werden, aber ich rechne damit, dass Ende September, spätestens im Oktober Schluss ist“, erklärte der 55-jährige Firmeninhaber, der die Firma Brecklinghaus in dritter Generation leitet. Am längsten offen bleiben soll das Stammhaus an der Viehofer Straße, wo im Laufe der kommenden Wochen gegebenenfalls auch Restbestände aus den kleineren Filialen konzentriert werden sollen.
Gerd Brecklinghaus fällt der Schritt, die von seinem Großvater gegründete 117 Jahre alte Firma zu liquidieren, naturgemäß sehr schwer: „Ich bin mit Leib und Seele Einzelhändler und in der Essener Innenstadt verwurzelt, doch ich sehe für ein Geschäft unserer Größe und unseres Sortiments einfach keine Zukunft mehr.“
Die Auswirkungen der Corona-Krise mit monatelangen Schließungen und Beschränkungen habe die Substanz des Unternehmens angegriffen. Dazu komme die stark zunehmende Konkurrenz durch den Online-Handel und der Rückzug von Lieferanten durch Schaffung eigener Absatzkanäle. Die Preispolitik der Hersteller gegenüber dem stationären Einzelhandel habe zudem zu immer geringeren Gewinnmargen geführt.
Schließlich habe auch der Standort der Hauptfiliale in der nördlichen Innenstadt mit all ihren Problemen die Schwierigkeiten vergrößert. Das gilt, obwohl Brecklinghaus einen guten Namen in Essen hat und nach wie vor über Stammkunden verfügt. „Es ist traurig und tut mir weh, das Unternehmen, so abwickeln zu müssen“, so Gerd Brecklinghaus.
Die 20 Mitarbeiter sollen nach Möglichkeit in andere Unternehmen vermittelt werden
Die 20 Mitarbeiter, die teils schon lange dabei sind, wurden am Freitagvormittag (26.7.) über die nunmehr unvermeidliche Schließung unterrichtet. Sie erhalten ihre Gehälter weiter bis zum Ende des Räumungsverkaufs, dann sehe man weiter. Er selbst werde seine Kontakte nutzen, um möglichst vielen zu helfen, einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen, betonte Gerd Brecklinghaus. Auch der Insolvenzverwalter werde sich in dieser Richtung engagieren.
Offen ist noch, was aus dem sechsgeschossigen Gebäude an der Viehofer Straße wird, das sich im persönlichen Eigentum von Gerd Brecklinghaus befindet und das bisher so etwas wie ein Anker der Stabilität in diesem Teil der Innenstadt war. Mit der Suche nach einem geeigneten Nachnutzer der Räumlichkeiten werde er sich nach der Abwicklung des Unternehmens kümmern, erklärte der 55-Jährige.
Eine Vermietung nur unter dem Gesichtspunkt der höchsten Einnahme oder an dubiose Mieter werde es in keinem Fall geben. Er fühle sich weiterhin mitverantwortlich für diesen Teil der Innenstadt, betonte Brecklinghaus.