Essen/Mülheim. Mitten in Essens Innenstadt ist ein Krefelder (32) im Februar erschlagen worden. Am Landgericht muss sich ein Mülheimer für die Tat verantworten.

Erst wurde geschubst, dann griff der Täter zu einer Flasche und holte aus: Vor rund fünf Monaten ist mitten in der Essener Innenstadt ein 32-jähriger Mann aus Krefeld erschlagen worden. Seit Montag beschäftigt das Todesdrama das Schwurgericht. Der mutmaßliche Täter soll ein Familienvater aus Mülheim sein

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Was wird dem 29-Jährigen zu Last gelegt? Es war die Nacht auf Samstag, den 17. Februar dieses Jahres. Der Angeklagte war damals mit Freunden feiern. Gegen zwei Uhr wollte die Gruppe die Rückfahrt antreten, war zu Fuß in Richtung Hauptbahnhof unterwegs. Das spätere Opfer hatte mit seinen Bekannten offenbar den gleichen Weg.

Zeuge: „Er hat ihm die Flasche regelrecht über den Kopf gezogen

Warum es zum Streit kam, ist nicht ganz klar. In der Anklage ist von Provokationen die Rede. Auch zu ersten Schlägen oder Schlagversuchen soll es gekommen sein. Auf einem Überwachungsvideo, das im Prozess abgespielt wurde, ist zu sehen, wie sich der Angeklagte schließlich bückt und nach einer Flasche greift. Dann geht er zwei Schritte auf das spätere Opfer zu.

An der Ecke Kettwiger Straße/II. Dellbrügge in der Essener Innenstadt ist es in einer Februarnacht zu einer tödlichen Attacke auf einen 32-Jährigen gekommen.
An der Ecke Kettwiger Straße/II. Dellbrügge in der Essener Innenstadt ist es in einer Februarnacht zu einer tödlichen Attacke auf einen 32-Jährigen gekommen. © Justin Brosch

„Er hat ihm die Flasche regelrecht über den Kopf gezogen“, erinnert sich ein angehender Pflegefachmann, der damals zufällig am Tatort zwischen Burg- und Willy-Brandt-Platz vorbeikam und alles mitangesehen hatte. Die Bewegung macht er den Richtern sogar vor. „Der hat ausgeholt, wie bei einem Tennisschlag.“ Auf dem Video ist zu erkennen, wie das Opfer daraufhin sofort zu Boden sackt. „Die Augen waren starr offen“, so der Augenzeuge. „Erst war der Puls rasend hoch, dann ist er dramatisch gefallen.“ Gesicht und Hände seien blau angelaufen.

Der angehende Pfleger hatte damals sofort mit der Reanimation begonnen – bis die Rettungskräfte vor Ort waren. Doch es gab keine Hoffnung. Schädelbruch, innere Blutungen, Hirnschwellungen: In der Anklage ist von schwersten Kopfverletzungen die Rede. Der 32-Jährige starb kurz darauf im Krankenhaus. Der Täter war damals geflüchtet. Auch das ist auf dem Video zu sehen. Die Festnahme erfolgte aber nur rund eine Stunde später.

Angeklagter Mülheimer soll gezielt nach einer Flasche gesucht haben

Im Prozess will sich der Angeklagte zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern. Abstreiten will er die Tat aber nicht. „Er räumt ein, dass sein Verhalten ursächlich dafür war, dass der Geschädigte zu Tode gekommen ist“, sagt sein Verteidiger Iyad Nassif zum Prozessauftakt. „Er bedauert das sehr und möchte den Angehörigen sein tiefstes Beileid ausdrücken.“

Betrunken ist der 29-Jährige aus Mülheim damals nicht gewesen. Eine Blutprobe, die ihm noch in der Nacht entnommen wurde, hatte gerade mal 0,5 Promille ergeben. Er hat eine Frau und zwei kleine Kinder, ist nicht vorbestraft und verdiente sein Geld zuletzt als Staplerfahrer.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte die Eskalation damals regelrecht gesucht hat. „Er tänzelte provokativ voraus, um den erheblich alkoholisierten Geschädigten zu reizen und zu provozieren“, heißt es in der Anklageschrift. Außerdem soll er auf der Kettwiger Straße gezielt nach einer Flasche gesucht haben. Eine Frau aus seiner Gruppe muss ihn daraufhin sogar noch entsetzt angesehen und gefragt haben: „Willst Du einen umbringen?!“ Eine Antwort bekam sie nicht.

In Höhe der ehemaligen Diskothek „Musikpalette“ hat das spätere Opfer dann tatsächlich zu ein oder zwei Faustschlägen angesetzt. Ob es zu Treffern kam, ist unklar. Das ist auf dem Video nicht zu erkennen. Kurz darauf erfolgte der Schlag mit der Flasche. Das Essener Schwurgericht hat für den Prozess zunächst noch fünf Verhandlungstage angesetzt.

Mit einem Urteil ist voraussichtlich Ende August zu rechnen.

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