Essen. Nach der Europa- ist vor der Bundestagswahl: Der heute 46-Jährige macht nach dann 20 Jahren im Parlament Platz für andere Bewerber seiner Partei.

So so, er will also „aufhören, wenn’s am schönsten ist“. Ginge es danach, dann müsste Kai Gehring nach der derben Klatsche für die Grünen am vergangenen Europawahl-Sonntag eigentlich noch ein paar Jährchen dranhängen, aber 2025 soll für ihn dann doch Schluss sein: Nach fünf Wahlperioden und 20 Jahren im Deutschen Bundestag hat der 46-Jährige am Mittwoch angekündigt, im kommenden Jahr auf eine sechste Kandidatur zu verzichten.

„Es ist für mich an der Zeit, zu neuen Ufern aufzubrechen, auch wenn ich heute das Ziel dieser Reise noch nicht kenne“, schreibt Gehring in einem Rundbrief an die Grünen. Und liefert gleich die Begründung dafür mit, warum er trotz der aktuellen Dämpfer für seine Partei mit einem Hochgefühl das Parlament verlässt: „Fünfmal in die Herzkammer unsere Demokratie gewählt worden zu sein, erfüllt mich mit tiefer Dankbarkeit“, so Gehring, „es ist eine Ehre und ein Privileg, seit 2005 in der Bundespolitik im Interesse unserer Republik zu wirken“.

Als er als 27-Jähriger erstmals ins Parlament einzog, wurde Angela Merkel Bundeskanzlerin

Die Gelegenheit dafür bekam Gehring als Arbeiterkind mit sozialwissenschaftlichem Diplom in der Tasche erst spät. Denn als er 2005 als 27-Jähriger zum ersten Mal ins Parlament einzog, auf den harten Bänken der Opposition, da wurde Angela Merkel gerade Bundeskanzlerin, und sie blieb es 16 Jahre lang. Aber Gehring, eher stiller Arbeiter als politische Rampensau, blieb eben länger, hängte eine fünfte Wahlperiode an und ist heute im „Ampel“-Kosmos Vorsitzender des Bundestags-Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.

Wie alles begann: Kai Gehring bei einer Wahlkampfveranstaltung im Jahr 2005.
Wie alles begann: Kai Gehring bei einer Wahlkampfveranstaltung im Jahr 2005. © Oliver Müller NRZ | Oliver Müller

„Fleißig, durchsetzungsstark und immer exzellent vorbreitet“, so beschreiben ihn Weggefährten, und wenn Gehring jetzt das Mandat preisgibt, wissen die Essener Grünen, dass es womöglich nicht einfach wird, wieder jemanden aus dieser Stadt in eine so gute Position zu hieven – schon gar nicht angesichts der Tatsache, dass mit schwindendem Zuspruch auch der Kreis derer schrumpft, die sich im Ruhrgebiet Hoffnungen auf ein Mandat machen können. Dass es beim nächsten Mal womöglich auch für ihn knapp werden könnte, mag zumindest einer der Gründe für Gehring sein loszulassen. Dass er jüngst gemeinsam mit dem grünen Bürgermeister Rolf Fliß Opfer einer Attacke wurde, spielte, so versichert er, dagegen keine Rolle.

Wer in Gehrings Fußstapfen treten will, entscheidet sich in einem ersten Schritt in der kommenden Woche, wenn die Mitgliederversammlung der Essener Grünen nach Kandidatinnen und Kandidaten Ausschau hält. Zu denen, die bereits interesse angemeldet haben, zählt Helena Jamal, Sprecherin der Jungen Grünen in Essen. Ob sie oder andere am Ende schon aufhören müssen, bevor es überhaupt schön wird, wird sich zeigen.