Essen. In Essen klettern die Temperaturen im September noch einmal – der meteorologische Sommer ist aber schon Geschichte. So fällt das Fazit aus.

Temperaturen um die 30 Grad, ein rappelvolles Grugabad, sehr gut besuchte Stadtteilfeste in Kupferdreh, Kettwig und Vogelheim, in der prallen Sonne schwitzende Läuferinnen und Läufer beim Welterbelauf auf Zollverein: Wenn man an diesem Septemberwochenende in Essen unterwegs ist, kann man kaum glauben, dass der zurückliegende Sommer wettertechnisch recht unspektakulär in die Geschichtsbücher eingehen wird: „Ein warmer, nasser und sehr wechselhafter Sommer liegt hinter uns – der August fiel ab.“

Dieses nüchterne Fazit zieht Diplom-Meteorologen Thomas Kesseler-Lauterkorn, stellvertretender Leiter des regionalen Klimabüros Essen in der Niederlassung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) an der Wallneyer Straße in Bredeney. Aber ist es nicht zu früh für ein Sommerfazit mitten in einer Hitzephase? Mitnichten, schließlich ist der meteorologische Sommer bereits am 31. August zu Ende gegangen. Und so ändern auch die aktuellen hohen Temperaturen nichts daran, dass Kesseler-Lauterkorn sagen kann: „Der Sommer 2023 war insgesamt sehr wechselhaft, was aber letztlich zum Wesen eines mitteleuropäischen Sommers dazugehört.“ Man könnte also vereinfacht sagen: Der Sommer war typisch für unsere Breiten.

Essener Sommer einer der wärmeren der letzten 75 Jahre

Grugabad in Essen: Essens größtes Freibad geht aufgrund der warmen Temperaturen in die Verlängerung und bleibt eine Woche länger geöffnet: bis einschließlich Sonntag, 17. September.
Grugabad in Essen: Essens größtes Freibad geht aufgrund der warmen Temperaturen in die Verlängerung und bleibt eine Woche länger geöffnet: bis einschließlich Sonntag, 17. September. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Und der Klimawandel, Herr Kesseler-Lauterkorn? „Der diesjährige Sommer ist keinesfalls ein Widerspruch zum Klimawandel und letztlich typisch für das, was die Klimaforschung sagt: Sehr trockene und heiße Abschnitte im Wechsel mit unbeständigen Starkregenphasen können auch in einem Sommer stattfinden. Das Temperaturniveau dieses Sommers spricht schon allein für sich und zeigt das bereits ‘gewandelte’ Klima.“

Nehme man nur die Temperaturen in den Fokus, sei der Sommer 2023 einer der wärmeren der letzten 75 Jahre gewesen. „Mit Platz 9 liegt er immerhin in den Top 10 und war damit ähnlich warm wie der Sommer 2020.“ An die Rekordsommer der Jahre 2018, 2019 und 2022 komme er aber nicht heran. „Der Sommer übertrifft das langjährige Klimamittel von 17,9 Grad Celsius aber um ein ganzes Grad – klimatologisch gesehen schon eine Hausnummer“, so Kesseler-Lauterkorn.

Essener Meteorologe: Viel Regen fiel vom Himmel

In Erinnerung dürften vielen Essenerinnen und Essener in diesem Jahr aber nicht die Temperaturen geblieben sein, sondern eher der viele Regen, der vom Himmel fiel – und der mittlerweile ebenfalls typisch für unsere Region sein soll. Kesseler-Lauterkorn: „Nach dem hochsommerlichen Juni und den ersten beiden Juli-Wochen, gab es in den letzten zwei Juli-Wochen und der ersten Augustwoche – also mitten im Hochsommer (und in der zweiten Sommerferienhälfte) – einen ungewöhnlich kühlen, trüben und regnerischen Witterungsabschnitt.“

Nach Angaben des Meteorologen sei es „bemerkenswert“, dass im Juli und August zusammengerechnet mehr als 300 mm Niederschlag in Bredeney gemessen worden seien. „In den letzten gut 75 Jahren waren Juli und August zusammen nur einmal nasser, nämlich 1954 mit 318 mm. Der Gesamtsommer ist mit 374,6 mm der sechstnasseste seit 1947.“

Starkregen setzte vor allem den Essener Norden unter Wasser

Das dürfte zu einem Großteil an den aufgetretenen Starkregenereignissen gelegen haben. Zur Erinnerung: Mitte August war in der Nacht auf Donnerstag, 17.8., ein starkes Gewitter über Essen heruntergegangen, vor allem der Norden der Stadt mit seinen vielen Senken war betroffen. Der DWD teilte damals mit, dass innerhalb von nur einer Stunde sage und schreibe 46 Liter Wasser pro Quadratmeter vom Himmel fielen. Im Juli waren zuvor in Altendorf, Frohnhausen und Bochold zahlreiche Straßen, Keller und mehrere Kleingärten unter Wasser gesetzt worden. Von der Überschwemmung am 9. Juli war vor allem die Kleingartenanlage Nöggerathstraße in Mitleidenschaft gezogen worden.

Hüfthoch stand das Wasser nach dem Starkregen am 9. Juli im Kleingarten eines Ehepaars in Essen-Altendorf.
Hüfthoch stand das Wasser nach dem Starkregen am 9. Juli im Kleingarten eines Ehepaars in Essen-Altendorf. © Privat | Christiane Wedeg

Thomas Kesseler-Lauterkorn sagt: „Unser Wetter-Gedächtnis ist kurz, vor allem in den 1970er und 1980er-Jahren waren die Sommer(-ferien) zumindest phasenweise nicht selten ähnlich verregnet und kühl.“ Das wird aber wohl nicht die Regel werden: „In Zeiten des Klimawandels sind Sommer wie wir sie etwa 2018 und 2022 erlebt haben häufiger zu erwarten.“ Bei diesen handelte es sich um die Rekordsommer der letzten 75 Jahre.

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