Essen. Wegen Anschlagsplänen wurde ein Essener (17) zu Bewährung verurteilt, nun wird neu ermittelt: Bei ihm fanden sich kinderpornografische Fotos.
Gegen den Jugendlichen, der Anfang des Jahres wegen eines geplanten Anschlags auf das Don-Bosco-Gymnasium in Essen-Borbeck verurteilt wurde, ermittle die Staatsanwaltschaft erneut, berichtet das Nachrichtenmagazin „Spiegel“. Diesmal gehe es offenbar um Fotos und Videos von sexuellem Missbrauch. Der Verteidiger des Jugendlichen weist darauf hin, dass sich dieser seit der Verurteilung nichts habe zuschulden kommen lassen.
Wie berichtet, war der 17-jährige Schüler vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf am 10. Februar 2023 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Das Urteil wurde zeitnah rechtskräftig, da keine der Prozessparteien fristgerecht Rechtsmittel einlegte. Für Irritationen hatte es gleichwohl gesorgt: In der Wohnung des Jungen, der im Mai 2022 festgenommen worden war, hatte die Polizei neben diversen Waffen auch antisemitische und ausländerfeindliche Manifeste gefunden. Zu dem Großeinsatz mit Spezialkräften, der womöglich eine schwere Amoktat verhinderte, war es nur gekommen, weil Mitschüler einer Lehrerin anvertraut hatten, dass der damals 16-Jährige von Anschlagsplänen erzähle.
Polizei fand Schusswaffen, Schlagringe, Macheten, Armbrüste, Teile für den Bombenbau
Neben einem umfangreichen Waffenarsenal stellten die Ermittler damals auch den Computer des Jugendlichen sicher, auf dem sich Pamphlete fanden, in denen er sich als „patriotischer Streiter der reinen weißen Rasse“ beschrieb, der mit einem „Massaker Aufsehen, Angst und Schrecken“ auslösen werde. Doch das war offenbar nicht alles strafrechtlich relevante: „Bei der Auswertung seinerzeit sichergestellter Datenträger stießen die Ermittler auf 11.000 Fotos und 400 Videos mit mutmaßlich kinder- und jugendpornografischen Inhalten“, schreibt der „Spiegel“ in seiner Ausgabe von Samstag (9.9.). Nun ermittle die Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft wegen der sichergestellten Dateien, „die wohl den Missbrauch Minderjähriger zeigen“.
Erst im Februar dieses Jahres war der 17-Jährige wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Verbindung mit Verstößen gegen das Waffengesetz verurteilt worden: In seinem Zimmer hatte man Teile für den Bombenbau, Schusswaffen, Schlagringe, Messer, Macheten, Armbrüste, Luftdruck- und Schreckschusswaffen gefunden. Er hätte großes Unheil anrichten können. Die Bundesanwaltschaft hatte daher drei Jahre Haft ohne Bewährung gefordert.
Bewährungsstrafe sorgte für Irritationen in der Schulgemeinschaft
Doch der Staatsschutzsenat des OLG Düsseldorf verhängte eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren – und ließ einige Eltern und Schüler ratlos zurück. Die Schulgemeinschaft sei aufgewühlt, sagte der damalige Leiter des Don-Bosco-Gymnasiums, Lothar Hesse. Auch wenn das Attentat verhindert worden sei, litten viele Schüler unvermindert unter dem Geschehen: „Hat man sich auch Gedanken um die Opfer gemacht?“, fragte Hesse.
Eine Gerichtssprecherin wies damals darauf hin, dass sich die Strafe nach dem vom Erziehungsgedanken geprägten Jugendstrafrecht richte: „Auch hat der Senat zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er bisher nicht vorbestraft ist, geständig war und bereit ist, sich einer Therapie zu unterziehen.“
Jugendlicher entschuldigte sich in einem Brief an die Schule für die Anschlagspläne
Sein Verteidiger Andreas Wieser verwies damals darauf, dass der Jugendliche seit der Festnahme in Untersuchungshaft gesessen habe und auch nach der Urteilsverkündung keineswegs auf freien Fuß komme: Er müsse sich umgehend in eine Kinder- und Jugendpsychiatrie begeben und später auch an einem Deradikalisierungsprogramm teilnehmen. Drei Jahre lang müsse sich der Jugendliche an die umfassenden Bewährungsauflagen halten. Die Gerichtssprecherin betonte, dass die Dauer des Psychiatrie-Aufenthaltes vom Behandlungserfolg abhänge.
Jugendlicher sei in der Spur, sagt der Anwalt
Andreas Wieser war damals zuversichtlich, was diesen Erfolg angehe: „Ich glaube, von ihm werden wir nichts mehr hören, was Strafrechtliches betrifft.“ Als ermutigendes Zeichen konnte man werten, dass sich der Schüler im Mai 2023 in einem Brief an seine frühere Schule für sein Handeln entschuldigte.
Wieser glaubt auch jetzt weiter an eine gute Perspektive für seinen mittlerweile volljährigen Mandaten, der sich einer Therapie unterziehe: „Er ist in der Spur“, sagt er auf Anfrage. Die jetzigen Vorwürfe bezögen sich ja auf das Material, das im Frühjahr 2022 gefunden wurde. „Das ist nichts Neues“, betont Wieser. Auch den Ermittlern seien die kinderpornografischen Fotos durchaus bekannt gewesen. Selbstverständlich würden sie auch bei den therapeutischen Maßnahmen berücksichtigt.
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