Essen. Die Stadt Essen bietet Schulabgängern erstmals eine duale Ausbildung zum Notfallsanitäter an. In einem Jahr soll es mit 22 Plätzen losgehen.
Alarmiert von explodierenden Einsatzzahlen vor allem im Rettungsdienst bei gleichzeitigem Personalmangel tritt die Feuerwehr Essen die Flucht nach vorne an: Ab Sommer 2024 will die Behörde weiblichen und männlichen Schulabgängern erstmals eine duale dreijährige Notfallsanitäter-Ausbildung anbieten. 22 hauseigene Plätze sind ab 1. August geplant. Die Offensive wird bereits intensiv in sozialen Netzwerken beworben.
Zudem soll die bereits seit 2015 existierende Rettungsdienstschule an einem neuen Standort erweitert werden, da die an der Eisernen Hand vorhandenen Unterrichtsräume keinen ausreichenden Platz für eine erweiterte Aus- und Fortbildung bieten. Bis dieser große Wurf gelungen ist, muss es wohl ein Interimsstandort richten, nach dem zurzeit händeringend gesucht wird. Ein entsprechendes Konzept der Behörde hat der Rat der Stadt am Mittwoch abgesegnet.
Ein paar Zahlen verdeutlichen den akuten Handlungsbedarf: Aktuell beschäftigt die Feuerwehr Essen 246 Notfallsanitäter und Notfallsanitäterinnen, kurz „NotSan“. Der Rettungsdienst- und Brandschutzbedarfsplan hält allerdings 432 dieser Kräfte für notwendig, um die größer werdenden Aufgaben zu meistern. Summa summarum will also eine Lücke von 186 sogenannten Vollzeitäquivalenten gefüllt werden, wie es seitens der Stadt heißt.
Neues Berufsbild seit rund zehn Jahren
Berücksichtigt man zudem Pensionierungen, Ausfälle durch Krankheit und Abgänge in andere Positionen oder zu konkurrierenden Feuerwehren, kann das Minus durch die bislang verfügbaren Kapazitäten nicht ausgemerzt werden.
Seitdem das Berufsbild „NotSan“ anstelle der Ausbildung zu Rettungsassistenten vor nunmehr fast zehn Jahren eingeführt worden ist, um die Kompetenzen des Personals analog einer moderneren Notfallmedizin voranzutreiben, schult die Stadt bereits jedes Jahr durchschnittlich 20 bereits verbeamtete Brandmeister zu Notfallsanitätern.
Das Problem dabei ist nur, dass durch diese Praxis das eine Loch gestopft, ein anderes aber aufgerissen wird: Denn diese Kräfte stehen für die zweieinhalbjährige Dauer der Fortbildung dem Einsatzdienst der Feuerwehr nicht zur Verfügung.
Es lockt eine Übernahme ins Beamtenverhältnis
Mit ihrem neuen Konzept versucht die Stadt nicht nur neue „NotSan“-Kräfte zu rekrutieren, sondern auch, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Denn Teil des Ausbildungsangebots soll es sein, möglichst vielen Auszubildenden nach erfolgreichem Abschluss eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Brandmeisteranwärter schmackhaft zu machen – und das ein halbes Jahr schneller als bislang üblich, um den notwendigen Personalaufwachs voranzutreiben.
Für die Vergütung der dreijährigen „NotSan“-Ausbildung gelten die Tarife des öffentlichen Dienstes für Pflegeberufe: Im ersten Jahr sind das derzeit monatlich rund 1190 Euro, im zweiten 1252 Euro und im letzten 1353 Euro.
Deutlich über 160.000 Rettungsdiensteinsätze
Der aktuelle Rettungsdienstbedarfsplan für die Stadt Essen hat die notwendigen Investitionen in die Zukunft bereits aufgezeigt: Auf Grundlage der steigenden Einsatzzahlen sehen es die Gutachter als notwendig an, über 20 Rettungs- und Krankenwagen mehr anzuschaffen. Und die wollen fähiges Personal an Bord haben. Gleiches gilt für die Feuerwehr- und Rettungswachen. 17 gibt es stadtweit, 20 sollen es werden, plus einer neuen Station im Umfeld Zornige Ameise, die die Stadtteile Heisingen und Steele bedienen soll.
Zuletzt wurden in Essen 40 Prozent mehr Einsätze im Rettungsdienst bewältigt als noch vor zehn Jahren: 2022 waren es insgesamt 164.234 – Tendenz weiter steigend.