Essen-Frohnhausen. Die Essener St. Augustinus-Kirche ist lange verwaist, nun übernimmt eine Klinik das gesamte Areal. Im Sakralraum wird künftig Sport getrieben.

Eine Pandemie und viel Bürokratie haben die Pläne um Jahre verzögert, doch nun soll die St. Augustinus-Kirche in Essen-Frohnhausen endlich umgebaut werden. Das Äußere bleibt erhalten, innen entsteht ein Bewegungs- und Veranstaltungsraum für die benachbarte Psychiatrie des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Das Aufatmen aller Beteiligten ist spürbar, auch wenn sich die einst geplanten Umbaukosten von 2 bis 3 Millionen Euro inzwischen verdoppelt haben dürften.

„Was fehlt, ist ein überdachtes Angebot in passender Größe“, sagt Jane E. Splett, Kaufmännische Direktorin des LVR Klinikums, das aus der St. Augustinus-Kirche einen Bewegungsraum machen will.
„Was fehlt, ist ein überdachtes Angebot in passender Größe“, sagt Jane E. Splett, Kaufmännische Direktorin des LVR Klinikums, das aus der St. Augustinus-Kirche einen Bewegungsraum machen will. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Das schätzt die kaufmännische Direktorin des LVR-Klinikums Jane E. Splett, die gleichwohl auf eine gelungene Umsetzung hofft: Am Standort Wickenburgstraße gibt es 50 stationäre Behandlungsplätze für Kinder und Jugendliche sowie wie 40 Plätze für Erwachsene. Weitere 30 Patienten können teilstationär betreut werden. Für sie soll die entkernte Kirche aus dem Jahr 1954 zum multifunktionalen Sportraum werden. Nur eine zunächst angedachte Kletterwand soll es nun doch nicht geben. Geht alles glatt, ist die Einweihung für 2025 vorgesehen.

Essener Kirche wird zum Bewegungsraum

Spiel- und Sportplätze gebe es auf dem Klinikgelände an der Wickenburgstraße: „Was fehlt, ist ein überdachtes Angebot in passender Größe“, sagt Splett. Es gehe nicht bloß um körperliche Betätigung, ergänzt Pflegedirektorin Christiane Frenkel, sondern um „spezialtherapeutische Behandlungsangebote“ von Kunst- bis Ergotherapie. Für Regenwetter habe man nur kleine Modulbauten oder müsse zum LVR-Sitz an der Virchowstraße in Holsterhausen fahren, wo es größere Therapieräume und eine Turnhalle gebe.

Kita auf dem kirchlichen Areal bleibt erhalten

Das LVR-Klinikum Essen ist eine psychiatrische, psychotherapeutische und psychosomatische Fachklinik des Landschaftverbands Rheinland (LVR). Die Klinik mit Forschungs- und Lehrauftrag an der Uni Duisburg-Essen versorgt in ihrem Haupthaus auf dem Campus der Uniklinik sowie an weiteren Standorten in Essen und Mülheim mit gut 1000 Mitarbeitern etwa 20.000 Patienten im Jahr.Das kirchliche Areal neben dem LVR-Standort Wickenburgstraße in Frohnhausen lag lange brach: Die Klinik möchte zunächst die St. Augustinus-Kirche und später alle Gebäude sanieren und nutzen. Allein die Kita bleibt erhalten.

Folgerichtig bejahte Jane Splett vor Jahren die Frage der katholischen St. Antonius-Gemeinde, zu der die Kirche gehört, ob die LVR-Klinik die lange verwaisten Flächen gebrauchen könnte. „Der letzte Gottesdienst der Gemeinde ist lange her, das war 2008“, erinnert sich Pfarrer Ludger Blasius. Einige Zeit habe eine afrikanische Ordensgemeinschaft das Kirchen-Ensemble genutzt. „Doch die hat sich nicht so wie erträumt entwickelt.“

Auf dem kirchlichen Areal an der Wickenburgstraße befinden sich neben der St. Augustinus-Kirche weitere Gebäude. Sie möchte das LVR-Klinikum zum Forschungs- und Therapiezentrum „Hof Wickenburg“ weiterentwickeln.
Auf dem kirchlichen Areal an der Wickenburgstraße befinden sich neben der St. Augustinus-Kirche weitere Gebäude. Sie möchte das LVR-Klinikum zum Forschungs- und Therapiezentrum „Hof Wickenburg“ weiterentwickeln. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Nachdem klar war, dass diese christliche Nutzung keine Zukunft habe, entschloss man sich, das Gelände zu verkaufen. Für Unruhe sorgte damals Blasius’ anfänglicher Plan, auch das Kita-Gebäude abzugeben. Nun bleibt die im Stadtteil benötigte Einrichtung des Kita-Zweckverbandes mit ihren vier Gruppen erhalten. Zeit kostete es, die Zuwegung zu lösen und die Teilungserklärung aufzusetzen: Bistum und Landschaftsverband mussten bürokratische Details miteinander und mit den Behörden klären.

Fachklinik will das gesamte Areal nutzen

Nun da der Landschaftsverband die Liegenschaft übernommen hat, sollen mittelfristig auch Gemeindezentrum und Kaplanei zum Forschungs- und Therapiezentrum umgebaut werden: „Hof Wickenburg“ soll das nach einem historischen Bauernhof an selber Stelle heißen und Platz bieten für Wissenserwerb und -vermittlung. „Als LVR-Universitätsklinik sind wir in der Lehre für Medizinstudierende verantwortlich, die das erworbene Wissen mit in ihr Arztsein nehmen“, sagt der Ärztliche Direktor der LVR-Klinik, Prof. Dr. med. Martin Teufel.

Neues Leben soll in die verwaiste St. Augustinus-Kirche in Frohnhausen einziehen. Die benachbarte LVR-Klinik plant einen Bewegungs- und Veranstaltungsraum.
Neues Leben soll in die verwaiste St. Augustinus-Kirche in Frohnhausen einziehen. Die benachbarte LVR-Klinik plant einen Bewegungs- und Veranstaltungsraum. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Wenn das Landesgesundheitsministerium nächstes Jahr entsprechende Fördermittel bereitstelle, werde man die beantragen, kündigt Jane Splett an: „Dann können wir auch die anderen Gebäude sanieren.“ Vordringlich gehe man jetzt den Kirchenumbau an: Bisher gibt es weder Baugenehmigung noch Umbauplan; mit dem Architekten wird zu klären sein, was das Budget hergibt. Offen ist auch, ob sie Fernwärme nutzen können. Kurz: Die Idee, den Bewegungsraum zum 50-jährigen Bestehen der LVR-Klinik 2024 einzuweihen, haben sie verworfen. 2025 indes gilt als machbar.

„Als LVR-Universitätsklinik sind wir in der Lehre für Medizinstudierende verantwortlich, die das erworbene Wissen mit in ihr Arztsein nehmen“, sagt der Ärztliche Direktor der LVR-Klinik, Prof. Dr. med. Martin Teufel.
„Als LVR-Universitätsklinik sind wir in der Lehre für Medizinstudierende verantwortlich, die das erworbene Wissen mit in ihr Arztsein nehmen“, sagt der Ärztliche Direktor der LVR-Klinik, Prof. Dr. med. Martin Teufel. © Unbekannt | Bettina Steinacker

Kirche bleibt als Landmarke erhalten

Wenn schon nicht das Jubiläum, so wollen sie nach dem Umbau hier zu anderen Anlässen feiern, den Sakralbau auch für Veranstaltungen nutzen. In erster Linie aber solle er die Patientenversorgung verbessern, betont Teufel. Bedenken der Kita-Eltern seien nicht bekannt. Die habe es vor mehr als einem Jahrzehnt gegeben, als die Psychiatrie gebaut wurde, heute lebe man in guter Nachbarschaft, sagt Splett. Auch Kinder von LVR-Mitarbeitern besuchen die Kita. Jetzt werde die Öffnung in den Stadtteil weiter verstärkt: „Das ist ein schöner Nebeneffekt unserer Pläne“, so Frenkel.

Gemeindemitglieder, die persönliche Erinnerungen mit der St. Augustinus-Kirche verbinden, freuten sich, weil die als Landmarke, erhalten bleibe, sagt Pfarrer Blasius: „Sie sind versöhnt, weil auch die neue Nutzung dem Menschen dient.“

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