Essen. Am Baldeneysee wurde am Samstag groß gefeiert. Groß war aber auch der Ärger über das Abreise-Chaos nach dem Fest. Und das betraf nicht nur Autos.
Essen hat seinem Seefest entgegengefiebert und am Samstag einen schönen Tag am Baldeneysee verbracht. Es gibt aber einige Kritikpunkte, vor allem das Rückreise-Chaos nach dem Feuerwerk hinterließ einen schalen Nachgeschmack. Dabei haben viele der 75.000 Besucherinnen und Besucher nur das gemacht, was man ihnen im Vorfeld geraten hatte: mit dem ÖPNV anreisen.
Einige haben sich von den Feierlichkeiten generell mehr versprochen: ein bombastischeres Feuerwerk, bessere Verpflegung am Abend, mehr Eventcharakter. Gerade Letzteres war aber überhaupt nicht das Ansinnen der Organisatoren und so auch nicht angekündigt.
Seemanager Boris Orlowski sprach im Vorfeld von einem Fest der Vereine und Anrainer für die Essener Bevölkerung. Einen Tag nach der Veranstaltung zeigte er sich „hochzufrieden“. Ähnliche Stimmen gibt es viele über das bunte Tagesprogramm. An 44 Stationen rund um den ganzen See hatten vor allem die Vereine viel zu bieten.
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Zurück aber zum Hauptkritikpunkt, dem Abreise-Chaos: Nach dem letzten Knall des Feuerwerks setzten sich viele Menschen gleichzeitig in Bewegung, um die Heimreise anzutreten. Viele von ihnen steuerten auf den S-Bahnhof Hügel zu.
Genau richtig, könnte man meinen. Denn bereits bei der Ankündigung der großen Geburtstagsfeier für den Baldeneysee im Frühjahr hatten die Seefest-Macher um Boris Orlowski und auch OB Thomas Kufen appelliert, das Auto zu Hause stehenzulassen und beim Ausflug zum runden Baldeneysee-Geburtstag doch lieber mit dem ÖPNV anzureisen. Das Problem am Samstag: Zusätzliche Busse und Bahnen oder einen Shuttle-Service gab es nicht. Wie es seitens der Ruhrbahn auf Anfrage unserer Redaktion heißt, sei das Nahverkehrsunternehmen auch nicht angefragt worden. „Wir waren in Gesprächen, die dazu stattgefunden haben, nicht involviert“, sagt Ruhrbahnsprecherin Sylvia Neumann.
S-Bahnhof Hügel: Menschen stauen sich an den Treppen
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Und so kam es, wie es kommen musste: Schnell standen nach Veranstaltungsende die Menschen zu Hunderten an der Treppe zum S-Bahnhof Hügel. Auf die Gleise wurden immer nur so viele gelassen, wie in die nächste Bahn passten – und das waren bei einem Halbstundentakt schlichtweg nicht genug, um der Lage Herr zu werden. Entnervt machten viele kehrt, um sich zu einem ungeplanten und oft weiten Fußmarsch nach Hause aufzumachen.
Dabei trafen unter anderem Familien mit Kindern auf hupende und wütende Autofahrer auf der Lerchenstraße, die teils verzweifelt zu rangieren versuchten und sich dann dennoch in einem Megastau wiederfanden. An der Kreuzung zur Freiherr-vom-Stein-Straße wurde es richtig voll, denn vom Seaside Beach aus hatten sich ebenfalls viele auf den Weg vom See weggemacht.
Von den Seaside-Beach-Besuchern hätten sich einige gewünscht, dass die Live-Band, die dort vorher für Stimmung gesorgt hatte, nach der Feuerwerkspause noch einmal gespielt hätte – was wohl dazu beigetragen hätte, die Abreise zu entzerren. „Wir wären sonst sicherlich länger als nur bis 22 Uhr am See geblieben“, so eine entnervte Besucherin.
Direkt weiterfeiern in Rüttenscheid oder andernorts war schwierig
Während Familien mit Kindern verständlicherweise direkt nach dem Feuerwerk nach Hause wollten, hatten die, die weiterfeiern wollten, eigentlich nur bei der After-See-Party auf dem Gelände des Restaurants Parkhaus Hügel dazu Gelegenheit. Dort legte ein DJ auf, und auch der Bierstand war noch geöffnet. In der Stadtmitte oder in Rüttenscheid weiterzufeiern, war keine Option; man kam vom See ja nicht weg – Shuttle-Busse, wie sie sich zum Beispiel beim Rüttenscheider Oktoberfest am Flughafen Essen-Mülheim seit Jahren bewähren, gab es eben nicht.
Taxen waren durchaus vorhanden, wurden von vielen aus Angst vor laufendem Taxameter bei gleichzeitigem Stillstand am Samstagabend wohl eher wenig genutzt. Außerdem hätten auch diese im Stau gestanden.
Die beste Alternative hatten bei der Rückfahrt wohl diejenigen, die mit dem Rad zum Seefest gefahren waren und nach 22 Uhr zurück radeln konnten – allerdings auf mitunter stockdunklen Wegen. Das sorgte nach dem Feuerwerk ungewollt für ein weiteres optisches Highlight: Wie eine leuchtende Perlenkette reihte sich Fahrrad an Fahrrad rund um den See. Von diesem zufälligen Genuss hatten die Leute an der Lerchenstraße und Freiherr-vom-Stein-Straße aber nichts, die oft vergeblich versuchten, mit dem ÖPNV nach Hause zu fahren.
Bereits am Tag nach dem Seefest gab Seemanager Boris Orlowski, angesprochen auf die chaotischen Zustände bei der Abreise, zu: „Wir sind nicht frei von Fehlern.“ Wenn wieder ein ähnlich großes Fest am Baldeneysee gefeiert werden soll, soll es eine geordnetere Rückfahrt geben. Angedacht sei, beispielsweise anlässlich der Einweihung der neuen Regattatribüne im August 2027, der Einsatz von einem Shuttle-Service Richtung Hauptbahnhof.
Dazu wäre auch die Ruhrbahn bereit – wenn sie denn gefragt würde...
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