Emmerich. Ein 24-Jähriger musste sich nun vor dem Amtsgericht Emmerich verantworten. Er hat einen Unfall verursacht – weil er am Steuer eingeschlafen ist.
Schreie von der Rückbank rissen ihn wohl noch aus dem Sekundenschlaf. Doch da war es schon zu spät. Ein 24-jähriger Rumäne kam von der Fahrbahn ab und kollidierte mit dem Gegenverkehr. Der Lagerarbeiter stellte sich nun der Anklage wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung vor dem Emmericher Amtsgericht.
Im März habe er sich auf dem Nachhauseweg einer zwölfstündigen Arbeitsschicht befunden. „Ich fahre 150 Kilometer hin und wieder zurück, da muss ich morgens schon gegen drei los“, erklärte der 24-Jährige – übermittelt durch einen Dolmetscher.
Fahrer öffnete nach Schreien die Augen
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Als er am Nachmittag auf die ‘s-Heerenberger Straße einbog, habe die Erschöpfung zugeschlagen: „Ich hörte Schreie von der Rückbank, dann habe ich die Augen geöffnet.“ Der Wagen krachte in eine Sattelzugmaschine auf der gegenüberliegenden Fahrbahn, wodurch ein Schaden von 28.000 Euro entstand.
Zu seiner Verteidigung sagte der Rumäne, dass er die ermüdenden Bedingungen eigentlich gewohnt zu sein. Schließlich habe er bis zum Unfall täglich eine solch lange Arbeitsstrecke zurückgelegt.
Angeklagter beteuert nicht müde gefahren zu sein
„Natürlich war ich müde, aber niemals hätte ich gedacht, so müde zu sein, dass ich nicht fahren kann“, erklärte er. Die Beifahrer waren allesamt Familienmitglieder, von Schwester über Schwager bis Ehefrau. „Wir arbeiten alle bei der selben Firma und fahren zusammen. Niemals hätte ich sie in Gefahr bringen wollen“, erklärte der Angeklagte.
Bis zur Kollision sei es im Auto ruhig gewesen. Sie hätten ein wenig geredet und Musik gehört. Weitere Faktoren wie das schwer zu kontrollierende Lenkrad seines alten Fahrzeuges hätten den Unfall befeuert. „Je mehr ich drüber nachdenken, desto weniger glaube ich, dass ich tatsächlich eingeschlafen bin. Vielleicht waren nur kurz meine Augen zu oder auf meine Ehefrau gerichtet“, ruderte der 24-Jährige zurück.
Frontalzusammenstoß konnte verhindert werden
Der Fahrer der beschädigten Sattelzugmaschine habe das Auto „ruckartig“ auf ihn zusteuern sehen. „Das waren ganz wenige Meter, auf denen er nach links zog. Ich konnte leicht ausweichen“, rekapitulierte er im Zeugenstand. Hätte der Geschädigte nicht so schnell reagiert, wäre es zu einem Frontalaufprall gekommen. Jener Verkehrsteilnehmer, der hinter dem Angeklagten fuhr, sprach ebenfalls von einer „abrupten“ Fahrbahnabweichung.
Zuvor sei der 24-Jährige unauffällig gewesen. „Innerhalb von Sekunden driftete sein Auto dann plötzlich in den Gegenverkehr. Wäre ich nicht in die Eisen gegangen, wäre ich Opfer“, so der Zeuge. Auch die Ehefrau des Angeklagten, zum Unfallzeitpunkt Beifahrerin, erinnerte sich während des Prozesses zurück. Sie habe den 24-Jährigen angeschaut, als sie ebenfalls die Schreie vernahm: „Sie haben gerufen, dass er aufpassen soll, aber da war es schon zu spät.“
Richterin übergibt Führerschein nach Prozessende
Sie beteuerte, keine Verletzungen davongetragen zu haben. Nur ein Insasse hatte eine leichte Verdrehung des Ellbogengelenkes. Da der Unfall für alle Beteiligten geringe Folgen trug und die Vorsätzlichkeit nicht nachgewiesen werden konnte, stellte das Gericht das Verfahren gegen 300 Euro ein. Lächelnd schritt der 24-Jährige auf die Richterin zu, die ihm seinen eingezogenen Führerschein überreichte.