Emmerich. Der Emmericher Verein „Pro Kultur“ eröffnet am Freitag im PAN einen jüdischen Kulturraum. Das ist bislang einzigartig im Kreis Kleve.
„Hier kann man sehen, welche Auswirkungen die Geschichte hat. In Emmerich haben 600 Jahre lang Juden gelebt und heute? Wir wissen von vereinzelten Personen, aber ein jüdisches Kulturleben in Emmerich gibt es einfach nicht mehr.“ Irene Möllenbeck ist sich der Tragweite dieser Historie bewusst.
Die ehemalige Landtagsabgeordnete der SPD und heutige Vorsitzende des Vereins „Pro Kultur“ erarbeitete mit einigen Mitstreitern einen Raum für die jüdische Kultur im Plakatmuseum am Niederrhein (PAN), der am Freitag eröffnet wird. Erstmals im Kreis Kleve wird damit ein Raum zur Verfügung gestellt, der das religiöse und gesellschaftliche Leben der Juden am unteren Niederrhein dokumentiert.
Es soll keine Gedenkstätte sein
„Es soll ausdrücklich kein Gedenkraum werden“, sagt Norbert Kohnen, der gemeinsam mit Wolfgang Urbach, Jan Heiner Schneider und Matthias Vogel an dem Konzept und an der Umsetzung mitgewirkt hat. Der ehemaligen Leiter der NRZ-Lokalredaktion Emmerich wünscht sich einen Ort der jüdischen Vielfalt, in dem die Historie ebenso dargestellt wird wie allgemeine Informationen über das Judentum: Feiertage, Bräuche und religiöse Gegenstände werden hier erklärt.
Die Initiatoren wollen Diskussionsveranstaltungen und Vorträge organisieren, die auch über die Stadtgrenzen hinaus von Bedeutung sind.
Der Antisemitismus greift um sich
Ihnen ist bewusst, dass Antisemitismus in der breiten Bevölkerung wieder angekommen ist. Judenfeindliche Sprüche seien nicht nur von Rechtsextremen zu hören, sondern auch von Menschen aus der bürgerlichen Mitte. Und dies sei sehr beängstigend.
Die Ausgestaltung des Kulturraums war sehr aufwendig. Knapp 45.000 Euro hat die Erstellung gekostet und wurde durch die Hilfe zahlreichen Geldgeber ermöglicht. Unter anderem war der Landschaftsverband Rheinland beteiligt.
Im PAN findet man hier eine Zeitleiste, die die wichtigsten Stationen jüdischen Lebens am unteren Niederrhein darstellt - von der ersten belegbaren Quelle im 12. Jahrhundert bis zur Vernichtung im Zweiten Weltkrieg. Der Besucher erfährt, dass es in Emmerich die erste jüdische Schule im Regierungsbezirk Düsseldorf gab, die 1816 gegründet wurde. Auch auf die Besonderheiten der örtlichen Friedhöfe gehen die Autoren ein und sie stellen Gisbert Lensing dar, der 1843 im Provinziallandtag für die Gleichberechtigung und Emanzipation der Juden eintrat.
Das Leben der Familien Nathan
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Familien Gompertz sowie Georg und Felix Nathan. „Gerade die beiden Familien Nathan waren tief in der Emmericher Gesellschaft verwurzelt“, erzählt Irene Möllenbeck. Felix war im Karneval sehr aktiv und Georg habe sich im Schützenverein einen Namen gemacht. Beide Familien habe vieles erleiden müssen. 1941 wurden Georg, Thekla, Sophie und Emmi Nathan aus Emmerich deportiert und in ein Ghetto nach Riga gebracht.
Eröffnung mit Rabbiner
Zur Eröffnung des jüdischen Kulturraums wird Rabbiner David Geballe von der jüdischen Gemeinde Duisburg nach Emmerich kommen. Die Feier beginnt um 11 Uhr im Pan Kunstforum, Agnetenstraße 2.
Schüler der Gesamtschule und des Gymnasiums werden den Vormittag gestalten.
Der Kulturraum ist künftig zu den Öffnungszeiten des Museums zugänglich: di bis so 11 bis 16 Uhr. Wer eine Führung buchen möchte, der meldet sich an: irene.moellenbeck@web.de oder n-kohnen@web.de.
Georg Nathan starb hier im Mai 1942. Seine Frau und die Töchter schafften es über Schweden in die USA auszureisen.
Die zahlreichen Informationen werden auf Ausziehwänden ansprechend aufbereitet.