Rees-Haldern. 172 Jahren gibt’s die Schwesterngemeinschaft in Haus Aspel in Rees. Doch jetzt hieß es Abschied nehmen mit einem Gottesdienst. Warum es so kommt.

„Halten Sie an! Ich kenne dieses Haus, da vorne ist eine Einsiedelei“, rief Schwester Maria Theresia Haze ihrem Kutscher zu. Sie war 1850 erstmals aus Lüttich nach Rees gereist, um in einem Krankenhaus auszuhelfen. Verblüfft stoppte der Kutscher seine Pferde und teilte ihr mit, dass es diese Einsiedelei seit Jahren nicht mehr gebe. Da erkannte Schwester Maria Theresia, dass sie den gelben Gutshof am Ende der Allee bereits aus ihren Träumen kannte. Jene Vision schien wie Bestimmung und so zog ihr Orden der Töchter vom heiligen Kreuz 1851 ins Haus Aspel in Rees-Haldern, das sie damals für 8000 Taler kauften. Dort lebte die Schwesterngemeinschaft bis heute. Nach 172 Jahren heißt es nun jedoch Abschied nehmen: Mit dem Jahr 2022 geht die Geschichte der Töchter vom heiligen Kreuz in Haus Aspel zu Ende.

Mit einem Gottesdienst nahmen die Schwestern am Sonntag Abschied. „Wir sind eine immer geringer werdende Schwesternzahl in einem zu großen Haus. Dazu liegt unser Durchschnittsalter bei 85 Jahren, was die Leitung schwer macht“, erklärte Provinzialoberin Schwester Maria Beate Reifenberg, die die Ordensgemeinschaft in Deutschland seit 1997 leitet. So lebten 33 Schwestern auf einem 140.000 Quadratmeter großem Grundstück samt Aspeler Meer.

Neben dem Kloster bewohnen alterschwächere Schwestern Irmgardisstift

19.000 Quadratmeter davon bebaut und mittlerweile äußerlich unter Denkmalschutz. Neben dem Kloster bewohnten einige der altersschwächeren Schwestern das anliegende Irmgardisstift, das ebenfalls bis Ende Juli schließt. Damit betrifft die Entscheidung des Abschiedes auch knapp 40 Mitarbeiter. „Wir blicken auf eine bauliche Entwicklung zurück. 1928 waren die Arbeiten an Kirche und Kloster in der Form, die Sie heute sehen, beendet“, machte Schwester Maria Beate auf den Tatendrang des Ordens aufmerksam.

Seit 172 Jahren leben die Schwestern in Haus Aspel.
Seit 172 Jahren leben die Schwestern in Haus Aspel. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

Dieser gründete zudem viele Einrichtungen in der Umgebung. Darunter das Aspeler Gymnasium, Krankenhäuser sowie Altenheime. Doch auch hier machte sich der Verfall bemerkbar. Allein in der Spanne von 1998 bis 2008 schlossen 16 jener Einrichtungen. „Daher brach diese Entscheidung nicht von heute auf morgen auf uns ein. Wir waren bereits dreimal kurz vor einem Abschluss“, so Schwester Maria Beate. Der langgehegte Wunsch, den Lebensabend im Haus Aspel verbringen zu können, sei damit schon vor Jahren der Realität gewichen.

Die Schwestern vom Heiligen Kreuz beim Abschiedsgottesdienst in der Klosterkirche auf Haus Aspel in Rees. Sie werden das Kloster aufgrund des hohen Alters der Schwestern verlassen.
Die Schwestern vom Heiligen Kreuz beim Abschiedsgottesdienst in der Klosterkirche auf Haus Aspel in Rees. Sie werden das Kloster aufgrund des hohen Alters der Schwestern verlassen. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

Schwestern ziehen ins ehemalige Mutterhaus der Christenserinnen in Stolberg

Das wichtigste für den Orden, so Schwester Maria Beate, sei jedoch nicht der Ort, sondern die Gemeinschaft: „Wir hoffen, alle zusammen oder nah beieinander bleiben zu können und am Ende des Jahres an einem Ort zu sein, an dem wir gemeinsam alt werden.“ Jene neue Heimat wird das ehemalige Mutterhaus der Christenserinnen in Stolberg-Venwegen sein, in dem noch zwölf Schwestern des anderen Ordens leben. „Es schmerzt uns, den Niederrhein zu verlassen. Ich hätte nicht erwartet, dass wir das mal machen würden“, bedauerte Schwester Maria Beate den 170 kilometerweiten Umzug.

Pfarrer Michael Eiden lobte den Mut zum Neuanfang.
Pfarrer Michael Eiden lobte den Mut zum Neuanfang. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

Die großzügige Anlage am Waldrand samt zwei naheliegenden Seniorenheimen überzeugte jedoch. Jene mit zwölf Schwestern eines anderen Ordens zu teilen, freute Schwester Maria Beate: „So sehr es auch schmerzt, Aspel zu verlassen, gibt es eine Verheißung: Wir sind nicht allein. Menschen warten auf uns und darauf, dass wir zu ihnen kommen.“ Damit führen die Schwestern ihr Charisma, Menschen in Not oder Einsamkeit zu helfen, weiter.

Pfarrer Michael Eiden lobte den Mut zum Neuanfang mit großem Respekt

Schließlich war es jene Mentalität, die die Schwestern damals nach Rees führte. „Ein Aufruf, unser von Gott geschenktes Leben und das Zeugnis seiner Liebe weiter zu teilen“, schloss Maria Beate. Dem Mut für Neuanfang begegnete auch der Reeser Pfarrer Michael Eiden mit großem Respekt: „Das Bekannte für ein neues Ziel hinter sich lassen erfordert viel Zuversicht.“ Was mit dem Haus Aspel nach dem 31. Dezember 2022 passiert, ist wohl noch ungewiss.