Emmerich/Kreis Kleve. Der Handel und das Handwerk legen sich Vorräte für Baustoffe an. Die Preise explodieren und viele Materialien sind nur schwer zu bekommen.

An den Roh- und Baustoffmärkten herrschen zurzeit außergewöhnliche Zustände. Seit Wochen und Monaten steigen die Preise. Seit Beginn des Jahres haben sich zum Beispiel Eisenerz um 30 Prozent und Kupfer um 28 Prozent verteuert. Kunststoffe sind enorm teuer geworden und die Bauholzpreise haben sich zum Teil verdreifacht. Dies bleibt nicht ohne Folgen: Viele Unternehmer im Kreis Kleve beklagen Lieferengpässe bei wichtigen Baustoffen. Und langsam greift das Klopapier-Phänomen um sich: Die Unternehmer fangen an zu hamstern.

Preissprünge sind ein Problem

Auch Bauholz ist ein begehrtes Material geworden.
Auch Bauholz ist ein begehrtes Material geworden. © FUNKE Foto Services | Konrad Flintrop

Im Dachdecker-Gewerk sind die Preissprünge deutlich spürbar. Dirk Jordan aus Emmerich merkt, dass alles „en masse“ gestiegen ist. Die Bauholzpreise hätten sich von 350 Euro je Kubikmeter zu Beginn des Jahres auf jetzt 1000 Euro entwickelt. „Man kann noch Bauholz bekommen, aber es dauert alles länger und es ist deutlich teurer.“ Wer einen Altbau sanieren möchte, der wartet aktuell noch ein wenig. auch Schweißbahnen und Kunststoffe seien im Preis deutlich gestiegen.

Im Moment könne Jordan noch nicht erkennen, dass die Nachfrage nachgelassen hat: „Das läuft Gott sei Dank noch alles sehr gut“, freut er sich. Bei neuen Angeboten könne er Preise nur noch für eine Woche garantieren. Die Entwicklung sei zurzeit rasant.

Nils Nyland ist spezialisiert auf Alufenster, Türen und Tore. Er ist vor allem im gewerblichen Bereich tätig. Er beobachtet bereits seit längerer Zeit Preissteigerungen bei Aluminium und Glas. In den vergangenen zwei Jahren seien hier die Preise um 13 Prozent gestiegen. Die Lieferanten begründen dies mit „der Situation auf dem Rohstoffmärkten“. „Dies ist jetzt eine Situation, in der man als Unternehmer aufpassen sollte und die richtigen Entscheidungen treffen muss“, sagt er.

Handel und Handwerk kaufen Vorräte ein

Für sein Unternehmen in Emmerich sei Verlässlichkeit ein wichtiges Gut. Um mit großen Discountern zusammen zu arbeiten, müsse man Termine einhalten können. Daher ist die Verfügbarkeit von Baustoffen extrem wichtig. Nyland kann aber nicht alle möglichen Fensterformate horten, da diese passgenau auf den Kunden abgestimmt sein müssen. Bei Standardfenstern ginge das und werde jetzt auch gemacht. Denn Nyland geht davon aus, dass die Baupreise im nächsten halben Jahr weiter steigen werden. „Wir kommen in eine inflationäre Phase“, sagt er.

Bauen ist teuer geworden.
Bauen ist teuer geworden. © ZB | Jan Woitas

Zum Teil gebe es auch Schwierigkeiten, weil die weltweiten Lieferketten gestört sind. So habe er jetzt erfahren müssen, dass die Plastikfolien für Verbundgläser aktuell nur erschwert geliefert werden können. Der Lieferant für diese Folien sitzt in Texas und hat Probleme.

Michael Köster ist Innungsmeister für das Baugewerk und der Emmericher sieht erhebliche Probleme in vielen Branchen. „Teilweise wurde schon Kurzarbeit angemeldet, weil kein Material da ist. Dabei sind die Auftragsbücher voll“, berichtet er. Stahl und Holz seien knapp und dies führe zu langen Lieferzeiten. Im Trockenbau käme man auch noch an Gipsplatten und Dämmstoffen. „Das ist ein echtes Problem“, sagt er.

Unternehmer haben schwere Kalkulationsbasis

Durch die stark schwankenden Preise wird auch das Verhältnis zum Kunden gestört, denn der vereinbart zum Zeitpunkt X einen festen Preis mit dem Unternehmer. „In der Regel gehen dann die Preissteigerungen zu Lasten des Unternehmers“, sagt Köster. Und bei knapp kalkulierten Preisen ist auch dies ein Problem.

Engpässe bei Materiallieferungen

Steigende Materialpreise und Lieferengpässe beschäftigen die Wirtschaft schon seit Beginn des Jahres. Die Gründe dafür seien vielfältig, heißt es von der Handwerkskammer. Zum Teil wird dies auf einer starken Nachfrage im Welthandel zurückgeführt. Die USA und China hätten eine hohe Nachfrage nach Bauholz und Stahl. Auch in Deutschland wird zurzeit viel gebaut. Die öffentliche Hand hat viele Projekte angeschoben. Etwa Schulbauten oder Straßenbauprojekte. Zur Preisentwicklung tragen auch die niedrigen Zinsen bei, die die Nachfrage anheizen.

Auch Köster beobachtet, dass die Unternehmer Materialien einlagern, um einsatzfähig zu bleiben und auch Kalkulationssicherheit zu haben. „Man kann schon den WC-Papiereffekt erkennen“, sagt er. Auch manche Handelsunternehmen decken sich jetzt mit Vorräten ein – und so wird die Situation auf den Märkten noch schlimmer.

Auf der Suche nach Kabel

Auch die Elektrobranche stöhnt über die Preissteigerungen. Georg Weykamp aus Kleve, Innungsmeister für den Bereich Elektro, sucht händeringend Kabel. Größere Kabeltrommeln mit 500 Metern seien kaum zu bekommen. In der vergangenen Woche habe er den ganzen Tag nichts anderes gemacht als Kabel zu organisieren: „Es gibt enorme Engpässe auf dem Kunststoffmarkt. Auch die Kupferpreise sind deutlich gestiegen. Vor zwei Jahren lagen sie noch bei 450 Euro je 100 Kilo, jetzt zahlen wir dafür 750 Euro“, so Weykamp.

Natürlich müsse auch er sich jetzt Vorräte anlegen: „Ich muss das machen, um den Betrieb sicher zu stellen“, sagt er. Auch der Großhandel habe vieles schon eingekauft: „Aber auch hier werden die Bestände langsam knapp.“