Hüthum.. Vorige Woche besuchte die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner noch Altkanzler Helmut Kohl, gestern war sie Ehrengast beim traditionellen Hüthumer CDU-Tag. Helmut Arntzen hatte den Promi-Besuch eingestielt.


Frisch kommt sie rüber, interessiert und vor allem: hellwach. Frühmorgens um 7 steigt sie in die schwarze BMW-Limousine mit Bad Kreuznacher Kennzeichen. Ziel: Emmerich. Nach dreieinhalb Stunden und ca. 320 Kilometern ist Julia Klöckner pünktlich am Rathaus angekommen, wo die CDU der stellvertretenden Bundesvorsitzenden und Oppositionschefin im Mainzer Landtag einen großen Bahnhof bereitet.

Der erfahrene Einfädler

Eingefädelt hat auch diesen Besuch wieder Hüthums graue CDU-Eminenz Helmut Arntzen. Er beweist ein glückliches Händchen mit seiner Wahl so kurz vor dem Superwahlsonntag: Julia Klöckner füllt nachmittags das Waldschlösschen. Rund 100 Bürger wollen sich die prominente Politikerin aus der Nähe ansehen, die ihre pfälzischen Wurzeln nicht verleugnen kann und mag. Immer wieder sagt sie „Sach’“, „nit“ und „gell“. Aber wohl niemand würde ihr das als Ausbund von Provinzialität ankreiden wie dem nur in seinen Anfangsjahren belächelten Helmut Kohl.

Ihren großen Pfälzer Landsmann, erzählt die Winzerstochter, habe sie erst vorige Woche in Ludwigshafen besucht, und der habe, bei aller Kritik an der EU, geschwärmt, was es doch für eine tolle Sache sei, dass die Nationen nicht mehr aufeinander schießen, sondern gemeinsam das Europa-Parlament wählen.

Von Kohl zu einem anderen Helmut – zu Arntzens nach Hüthum. Morgens im Ratssaal hat der 1. Vize-Bürgermeister Herbert Ulrich Julia Klöckner begrüßt, die natürlich auch beschenkt wird und nun mit einer Emmerich-Tasche in Mainz oder Berlin shoppen gehen kann, dazu gibt’s einen Karton Katjes. „Das war der ausschlaggebende Punkt, warum ich gekommen bin“, sagt die 41-Jährige schlagfertig. Auch die Probat-Werke sind ihr bekannt, was wiederum den Fraktions- und Betriebsratschef Gerhard Gertsen freut.

„Das hat Format hier“, sagt die Ex-Weinkönigin artig. Aber sie will auch wissen, was die Emmericher Bürger umtreibt. „Die Betuwe“, schießt es sogleich aus Fraktions-Geschäftsführerin Gaby Hövelmann heraus. Und dann, als die Gastgeber mit Blick auf die Uhr zum Aufbruch nach Borghees mahnen, sagt sie charmant: „Ich bin völlig in Ihrer Hand.“

Aber Julia Klöckner kann auch anders. Für sie ist es in einer Demokratie völlig normal, über unterschiedliche Konzepte zu streiten, Gegensätze herauszuschälen. Und da ist das Desaster am Nürburgring ein dankbares Thema. Friedensprojekt Europa, Rente mit 63, Inklusion, Generationen-Gerechtigkeit, Pflege – diese Stichworte bestimmen Klöckners freie Rede.

Für einige sind ihre Ausführungen zur aktuellen politischen Lage in Deutschland zu pointiert. Dr. Viertel etwa beklagt die Schwarzweiß-Malerei, fordert von den Politikern mehr Demut, das Eingeständnis von allen Seiten, Fehler zu machen. Klöckner pariert die Kritik, und bekommt am Schluss so viel Beifall wie er sonst nur im Emmericher Stadttheater üblich ist.

Hüthum: Mal Karriere-Sprungbrett, mal Fallgrube


Wenn Helmut Arntzen ruft, eilt die schwarze Prominenz aus Bund, Land und Europa gern nach Hüthum. Schließlich macht es jedem Redner Spaß, zur Mittagsstunde vor vollem Haus und fast nur vor Fans zu sprechen. Ranghöchster Gast war das letzte DDR-Staatsoberhaupt und die spätere Ministerin und Staatssekretärin Sabine Bergmann-Pohl.




Für manchen Gast war Hüthum Karriere-Sprungbrett, für andere kam der freie Fall, etwa für Adolf Sauerland oder Hendrik Wüst. Die Zukunft von Julia Klöckner scheint koralle-rosig zu sein wie ihr Blazer. CDU-Ortsboss Erik Arntzen traut ihr eine gewichtige Rolle in der Ära nach Merkel zu. Aber Vorsicht: Die Kanzlerin mag Konkurrenz nicht sonderlich.