Haldern.. Das Haldern Pop 2014 ist grandios gestartet. An den ersten beiden Festivaltagen erlebte das Publikum Musik, die in verschiedenster Weise bewegte. Mal gefühlvoll, mal excessiv und mal leicht zugänglich erlebten die Fans einen erlesenen Musikreigen in Haldern.


Der Ort der magischen Momente war beim 31. Haldern Pop Festival – präsentiert von der NRZ – bisher vor allem das Spiegelzelt. Der Regen, der Freitag leider sehr pünktlich einsetzte, war ein natürlicher Stimmungskiller. Viele Besucher retteten sich ins Trockene. Die Hauptbühnenkonzerte des Nachmittags und Vorabends waren gut, keine Frage, aber die Magie entfaltete sich überdacht.

Dieser Nick Mulvey. Raffinierte Methode. Der Sunnyboy strahlt die Besucher an. Doch hinten raus verlieren sich die Melodien, entfalten hypnotische Effekte. Bamm! Der Zuhörer ist gefangen. Seine Geheimwaffe ist neben der in Sicherheit wiegenden Stimme das virtuose Gitarrenspiel. Man muss einfach zusehen, wie die Finger die Saiten streicheln. Genial.

Richtig Lust auf Musik hatte Honig, der mit seiner sechsköpfigen Band auf der Hauptbühne spielte. „Es macht so Bock hier, ich krieg das Grinsen nicht aus der Fresse“, sagte der Düsseldorfer. Und weil auch andere sich an seinem harmonischen Pop erfreuen sollten, spielten All The Luck In The World, Town of Saints und The Horny Horns (ja, die von Cold Sweat) bei einigen Stücken auch mit. So zelebriert man ein Hauptbühnen-Debüt. Die Versuche den Regen wegzusingen, scheiterten aber sowohl bei Honig, als auch bei My Brightest Diamond, deren experimentelle Musik teils auch sehr rockig wurde.

Das Folk rocken kann, bewiesen East Cameron Folkcore. Die Texaner – neun Musiker – bieten ihren Folk mit ordentlich Bombast. Sie bewiesen große Spielfreude auf der Hauptbühne.

Neu ist beim Haldern Pop der frühe Start am Freitag um 11 Uhr – nämlich in der St. Georg-Kirche. Zum Auftakt mit Cantus Domus waren die Ränge gefüllt. Das klassische Chorliedgut war den Besuchern andauernde Ovationen wert. Freunde der Chormusik sollten am Samstag um 11 Uhr in der Ev. Kirche in Rees Cantus Domus nicht verpassen – bei freiem Eintritt.

Bis zum Mittag blieb es auch Klassisch. Das Orchester Stargaze schickte zunächst ein Streicherquartett vor den Altar. Und begleitete dann die begnadete Sängerin Shara Worden (My Brightest Diamond) bei einem fünfteiligen Liederzyklus von David Lang, den der Komponist eigens für die Stimme Wordens schrieb. Das Resultat war berührend, aber weit weg von Popmusik. Sicher keine leichte, zugängliche Musik. Als es dann populärer wurde, nämlich bei Rhodes, war die Kirche auch rappelvoll. Die gefühlvollen Balladen begeisterten das Publikum.

Königlicher Pogo im Spiegelzelt

Selten hat man so viele in der Musik versunkene Menschen auf einmal gesehen, als beim Haldern Pop am Donnerstagabend im Spiegelzelt: The Slow Show trieb manch’ gestandenen Mann die Tränen in die Augen. War das schön! Die ruhigen, vorsichtig aufgebauten Stücke, getragen von der tiefen, markanten Stimme Rob Goodwins fesselten nicht nur die Besucher im Zelt, sondern auch die vielen Zuhörer im Biergarten, die gebannt auf die Leinwand-Übertragung schauten. Das i-Tüpfelchen war, dass erst der Chor Cantus Domus und dann Musiker des Orchesters Stargaze die traumhaft schönen Melodien begleiteten. Festivalchef Stefan Reichmann herzte Goodwin nach dem Auftritt erst einmal. Er wusste: Die Band aus Manchester hat ihre Chance genutzt. „Das war bisher unser bester Festivalauftritt“, sagte ein gerührter Goodwin.

Ganz andere Gefühle erregten Royal Blood. Die Zwei-Mann-Band (Gitarre/Schlagzeug) bescherte dem Spiegelzelt einen königlichen Pogo. Die Fans feierten exzessiv. Die Engländer spielten ihren harten, sehr griffigen Rock sehr sauber und handwerklich gekonnt. Das Duo ist reif für große Bühnen.

Als absolut konsenstauglich erwiesen sich The Districts. Die Teenager aus Pennsylvania hinterließen mit ihrem Rock’n’Roll, der an die jungen Kings of Leon erinnert, eine wohlriechende Duftmarke. Wie kann man mit unter 20 Jahren schon so rauchig klingen, wie 30 Jahre alter Whiskey schmeckt. Sänger Rob Grote kann’s.