Emmerich/Görlitz. Die Staatsanwaltschaft bestätigt Festnahmen im Zusammenhang mit dem Millionen-Coup im Zollamt Emmerich. Es soll Gerüchte um weitere Täter geben.
Mit einer gemeinsamen Presseerklärung gingen Staatsanwaltschaft und Polizei an die Öffentlichkeit: Vier Personen, die im Zusammenhang mit dem Millionenraub im Hauptzollamt Emmerich am 1. November 2020 stehen sollen, wurden festgenommen.
Die vier Tatverdächtigen, drei Männer und eine Frau, wurden im polnischen Görlitz und in Karpacz geschnappt. Nach Informationen von Bild.de sei das Quartett nicht allein tatverdächtig. So soll aktuell noch gegen vier weitere Beschuldigte ermittelt werden. Die NRZ hakte bei Oberstaatsanwalt Johannes Hoppmann nach. Weder dementierte noch bestätigte der Vertreter der Klever Staatsanwaltschaft die Informationen. Er verwies viel mehr auf die laufenden Ermittlungen in dem Fall und äußerte sich nicht.
Zollraub Emmerich: Täter sollen sich gestritten haben
Wie Oberstaatsanwalt Johannes Hoppmann aber bereits mitteilte, laufen zumindest gegen die vier mutmaßlichen Täter zwei Strafverfahren. Sowohl die deutschen Behörden als auch die polnischen Behörden führen eigene Verfahren. „Die Frage, ob – gegebenenfalls – nach Abschluss der Ermittlungen in Polen oder in Deutschland Anklage erhoben wird, kann derzeit noch nicht abschließend beantwortet werden“, so Hoppmann.
Wie berichtet, wurden im November 2020 in Emmerich 6,5 Millionen Euro gestohlen. Die Täter hatten sich durch eine Kernbohrung Zugang zum Tresorraum im Keller der Zollverwaltung am Parkring verschafft.
Die polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza berichtete bereits in der vergangenen Woche über die Festnahmen in Görlitz. Sie berief sich in ihrer Berichterstattung auf mehrere unabhängige Quellen, die mit der kriminellen Unterwelt in Verbindung stehen sollen. Der Fall soll unter anderem ans Tageslicht gekommen sein, weil sich die Tätergruppe über die Aufteilung des Geldes gestritten habe, so die GW.
Die Staatsanwaltschaft Kleve teilte am Mittwochnachmittag mit, dass die Ermittlungskommission Kern, die in Kalkar angesiedelt wurde, eng mit den polnischen Strafverfolgungsbehörden und der Polizei in Sachsen zusammengearbeitet hat. Der Kommission gehören auch die Polizei Kleve und die Polizei Krefeld an.
In polnischer Untersuchungshaft
Bei einem der festgenommenen Tatverdächtigen handelt es sich um einen deutschen Zollbeamten, der als Tippgeber fungiert haben soll. Er besitzt zugleich die polnische Staatsangehörigkeit. Wie die NRZ von einer Quelle erfuhr, soll es sich bei der Person nicht um einen „Urzöllner“, sondern um ein Kollege der Liegenschaftsverwaltung handeln. Ferner wurde eine polnische Frau festgenommen, die als Vermittlerin angesehen wird. Zwei weitere mutmaßliche Polen sollen den Einbruch tatsächlich ausgeführt haben.
Oberstaatsanwalt Johannes Hoppmann, Sprecher in Kleve, teilte auf NRZ-Anfrage mit, dass gegen die vier mutmaßlichen Täter zwei Strafverfahren laufen. Sowohl die deutschen Behörden als auch die polnischen Behörden führen jeweils eigene Verfahren. Weitere Angaben möchte die Staatsanwaltschaft vor diesem Hintergrund nicht machen. Die Justiz weist darauf hin, dass bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt. Die Festgenommenen befinden sich jetzt in Untersuchungshaft in Polen, sie wurden zuvor einem polnischen Haftrichter vorgeführt.
Durchsuchungen am 10. Mai in Köln und Görlitz
Deutsche Polizeibeamte durchsuchten am 10. Mai 2022 die beiden Wohnungen des tatverdächtigen Zollbeamten in Köln und Görlitz sowie dessen Arbeitsstätte in Bonn. Darüber hinaus wurden seitens der polnischen Strafverfolgungsbehörden eine Vielzahl von Objekten in Polen durchsucht. Ob die Ermittler die erbeuteten 6,5 Millionen Euro haben sicherstellen können, wollte die Staatsanwaltschaft Kleve nicht mitteilen.
Nach der Berichterstattung der polnischen Zeitung Gazeta Wyborcza soll einer der Einbrecher zum Tippgeber aus den Zollkreisen gefahren sein, um die vereinbarte Summe von 1,5 Millionen Euro an den Ideengeber zu übermitteln. Tatsächlich sollen aber nur 500.000 Euro übermittelt worden sein, so die Zeitung. Der Kurier soll sich eine Millionen Euro selbst in die Tasche gesteckt haben. Als der Zoll-Beamte dies mitbekommen habe, soll es Streit gegeben haben, von dem auch die polnischen Ermittler Wind bekommen haben sollen. Die Informationen der Gazeta Wyborcza sind von den deutschen Behörden nicht bestätigt worden.