Duisburg. Familie Mukhtar will den Duisburgern die afghanische Küche näherbringen. Hinter ihnen liegen dramatische Zeiten. Das sind typische Speisen.

Vor zehn Jahren kam Familie Mukhtar nach Duisburg. Sie floh aus ihrer Heimat Afghanistan. Vater Muhammad arbeitete dort an der Uni Kabul, Mutter Frebe war Lehrerin. Während Tochter Maryam schnell die Aletta-Haniel-Gesamtschule besuchte, gab‘s bei Bruder Aliullah eine dramatische Wendung.

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Als sie damals einreisten, war Aliullah schon volljährig. Er hatte einen Platz am Robert-Bosch-Berufskolleg in Hamborn, dort lief ein Pilotprojekt, um junge Erwachsene fit für das Leben in Deutschland und den Arbeitsmarkt zu machen. Aliullah wusste schon früh, dass er Informatiker werden möchte. Heute ist er es wirklich. Doch dazwischen wurde es dramatisch.

Aliullah drohte Abschiebung von Duisburg in die Slowakei

Teigtaschen gehen immer: „Everday is Mantu Day“.
Teigtaschen gehen immer: „Everday is Mantu Day“. © FUNKE Foto Services | Oliver Mueller

„Zwischendurch kam ein Brief, dass ich abgeschoben werden soll. Ich war damals schon über 18, nach dem Dubliner Verfahren hätte ich zurück in die Slowakei gesollt.“ Seine Schwester war jünger, sie und die Eltern betraf die Regel nicht. Doch seine Mitschüler und die Schule demonstrierten und engagierten sich. Eine Duisburger Gemeinde bot Aliullah Kirchenasyl. Dort lebte er ein halbes Jahr. „Ich hatte Wlan, so konnte ich online am Unterricht teilnehmen.“

Mittlerweile ist er eingebürgert und hat einen deutschen Pass, ebenso wie seine Schwester, die demnächst Zahnmedizin studieren möchte. Bereits nach einem Jahr kam sie an der Gesamtschule in eine Regelklasse.

Mama und Papa machten ebenfalls Sprachkurse. Freba hat ein B1-Zertifikat, doch der Studien- und Berufsabschluss des Ehepaares wurde nicht anerkannt. Sie sprechen Deutsch, haben aber kaum Gelegenheit dazu. „Wir bekommen viel Besuch“, beschreibt Maryam. Wenn Freunde und Verwandte kommen, sind die immer voll des Lobes, wenn aufgetischt wird. „Bei uns gibt es ein Sprichwort: wenig Platz, großes Herz”, sagt Aliullah lächelnd. Also fassten sie den Entschluss, dass die Eltern ein kleines Café eröffnen sollen.

Familie ist überzeugt von der Lage an der Münzstraße

Die Lampen sind vom Vorgänger „Teos“ übernommen worden, den Rest hat die Familie komplett renoviert.
Die Lampen sind vom Vorgänger „Teos“ übernommen worden, den Rest hat die Familie komplett renoviert. © FUNKE Foto Services | Oliver Mueller

Durch Zufall entdeckten sie das ehemalige „Teos“, das von Ex-Fußballer Salih Altin gegründet wurde, aber bereits wieder leer stand. „Die Lage ist zentral, hier kommen Leute vorbei“, ist Maryam vom Standort an der Münzstraße überzeugt. Familie Mukhtar machte sich erneut mit der Bürokratie vertraut. „Wir hatten Glück. Als wir das Gewerbe anmelden wollten, habe ich nach einem Termin geschaut, und in 15 Minuten war etwas frei.“ Sie machten sich schnell auf den Weg von Neuenkamp in die Stadt, konnten alles regeln. Das „Lazeez“ war auf dem Papier gegründet.

Das Ladenlokal haben sie komplett selbst renoviert. Die alten Lampen sind geblieben. An der Wand hängt nun eine Leuchtschrift „Everyday is mantu day“. „Mantu“, die typischen Teigtaschen, stehen in verschiedenen Varianten auf der Karte. Gefüllt mit Hackfleisch und Zwiebeln beispielsweise. Begleitet werden sie von einer Tomatensoße, Spalterbsen und Knoblauchjoghurt samt frischer Minze und Koriander. „Mantu sind ein bisschen größer als die Teigtaschen, die man aus der Türkei kennt“, beschreibt Maryam. Die kleine Portion steht für 9,90 Euro auf der Karte, die große für 14,90 Euro. Ashak, ebenfalls hausgemachte Teigtaschen mit Lauch, sind sogar vegan (9,90 Euro).

Auf der Karte stehen Teigtaschen und gefüllte Brote

Andere typische Speisen sind Bolani, Fladenbrot mit unterschiedlichen Füllungen (Hack, Lauch, Kürbis-Dill oder Kartoffeln). Ab 4,90 Euro kostet die Portion. Dazu bekommt man afghanisches Koriander-Chutney und Knoblauchjoghurt-Dip.

„Unser Ziel ist es, nicht nur köstliche afghanische Gerichte anzubieten, sondern auch andere Menschen zu inspirieren, die vielleicht selbst schwierige Zeiten durchgemacht haben.““

Maryam Mukhtar will Zahnmedizin studieren. Sie und ihr Bruder haben den Eltern bei der Eröffnung des Lokals geholfen.

Vater Muhammad wird seine Frau im Café unterstützen. Er hat ein Händchen für Deko und regelt Papierkram im Hintergrund. Auch seine Amtsbesuche hat er selbst übernommen, obwohl seine Kinder schnell viel besser Deutsch sprachen. Er kommuniziert gerne. Wenn‘s mit dem Deutsch hapert, wechselt er ins Englische. Das Café bietet den Eltern die Möglichkeit, die Sprache noch besser zu lernen. „Sprache öffnet einem die Tür“, weiß Maryam. „Unser Ziel ist es, nicht nur köstliche afghanische Gerichte anzubieten, sondern auch andere Menschen zu inspirieren, die vielleicht selbst schwierige Zeiten durchgemacht haben.“

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Allen, die ihre erstes afghanische Vokabel lernen wollen, sei gesagt: „Lazeez“ bedeutet „lecker“.

>> Die Öffnungszeiten

  • In den nächsten Tagen findet ein sogenanntes Soft-Opening an der Münzstraße 46 statt. Am 30. November wird die Eröffnung dann groß gefeiert.
  • Dienstags bis samstags kann man künftig von 10 bis 20 Uhr im „Lazeez“ essen gehen, sonntags von 12 bis 20 Uhr.