Duisburg. Wer süchtig ist, braucht Hilfe. Doch laut einer Studie gibt es in Duisburg nur wenige Anlaufstellen für Betroffene. So ist die Lage wirklich.
Duisburg hat ein Problem: Es gibt nur wenige Beratungsstellen für Suchterkrankte. Zu diesem Ergebnis kommt eine bundesweite Suchthilfe-Analyse des Unternehmens Cantourage.
Der Anbieter für medizinisches Cannabis untersuchte das Suchthilfe-Angebot in den 25 bevölkerungsreichsten Städten Deutschlands. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl landete Duisburg auf einem der letzten Plätze. Die Daten bezieht Cantourage aus dem Suchthilfeverzeichnis der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen sowie einer überprüfenden Recherche auf dem Kartendienst Google Maps. Doch ist die Lage wirklich so dramatisch?
Suchthilfe in Duisburg: Weite Wege für Betroffene, hohe Auslastung in den Beratungsstellen
„Ja“, ist die bündige Antwort von Mustafa Arslan, Geschäftsführer des Suchthilfeverbunds Duisburg. In der Stadt gebe es „keine niedrigschwelligen Suchthilfeangebote“ mehr. Neben finanziellen Mittel fehlen den Trägern personelle Kapazitäten, um ein ausreichendes Angebot zu gewährleisten.
„Schon Kinder sind von den Auswirkungen der Suchterkrankung eines oder beider Elternteile betroffen.“
Abhängige müssen deswegen „weite Wege zu den Suchthilfeangeboten“ zurücklegen. Aufgrund der Auslastung können die Beratungsstellen außerdem nur erschwert Menschen erreichen, „die Hilfen nicht von sich aus aufsuchen“. Der Suchthilfeverbund befürchtet, dass Suchterkrankungen chronisch werden könnten. Heißt: Die Sucht verfestigt sich, gleichzeitig sinkt die Chance auf Heilung. Das hat nicht nur unmittelbare Folgen für die Erkrankten, weiß Arslan: „Schon Kinder sind von den Auswirkungen der Suchterkrankung eines oder beider Elternteile betroffen.“
„Das Suchthilfesystem in Duisburg ist gut aufgestellt“
Die Stadt wiederum schätzt die Lage weniger angespannt ein. „Das Suchthilfesystem in Duisburg ist gut aufgestellt“, sagt Pressesprecher Christoph Witte. Regelmäßig würden die bestehenden Angebote optimiert und neue Angebote bedarfsorientiert entwickelt werden. Unter anderem hat „der Rat der Stadt die Einrichtung und den Betrieb eines Drogenkonsumraumes für Duisburg grundsätzlich beschlossen.“ Er soll an der Kasinostraße enstehen, mit der Inbetriebnahme ist aber nicht vor Ende 2025 zu rechnen.
Sorgen bereitet der Stadt allerdings das fehlende Beratungsangebot in Rheinhausen, nachdem dort im Frühjahr das Alexianer Bürgerhaus dicht gemacht hatte. „Die Schließung der Beratungsstelle stellt sicherlich eine Bedarfslücke dar, die nur schwer zu kompensieren sein wird“, gibt Witte zu. Vor allem, weil sie fast ausschließlich von einem externen Träger finanziert wurde.
Durch den Abzug der Alexianer aus Duisburg bieten nach Einschätzung der Stadt noch der Suchthilfeverbund, das Suchthilfezentrum Nikolausburg sowie der Sozialpsychiatrische Dienst verschiedene ambulante Dienste an. In der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (PSAG) arbeiten Stadt und Träger zusammen. „Dadurch werden Veränderungsbedarfe in der psychosozialen Versorgung sowie der Suchtkrankenversorgung vermittelt“, sagt Witte. Gemeinsam arbeite man zudem an Möglichkeiten, die Versorgung zu verbessern.
Suchthilfeverband kann Andrang noch bedienen – aber wie lange noch?
Auch Arslan lobt die übergreifende Zusammenarbeit mit anderen Trägern und Versorgern in Duisburg: „Die Vernetzung der Hilfen untereinander, zum Beispiel mit der Jugendhilfe oder der Wohnungslosenhilfe, bilden eine wichtige Grundlage.“ Doch das Hilfsangebot beruht auf finanzieller Förderung und einer ausreichenden medizinischen Versorgung vor Ort. „Gehen die Hilfesysteme in die Knie und geraten in finanzielle Schieflage, hat das langfristige Folgen im sozialen und gesundheitlichen Bereich.“ Das daraus resultierende soziale Gefälle könnte besonders Menschen mit Migrationshintergrund betreffen.
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Die gute Nachricht: Wer aktuell Hilfe benötigt, bekommt sie in der Regel auch. „Der Suchthilfeverband bemüht sich, alle Anfragen und Interventionen zeitnah zu bedienen beziehungsweise durchzuführen“, sagt Arslan. Auch offene Sprechstunden, für die kein Termin notwendig ist, werden weiterhin angeboten. Doch entgegen der städtischen Einschätzung berichtet der Verbundgeschäftsführer von ersten Anzeichen der sich verschärfenden Lage: „Wer längerfristig Hilfe in Anspruch nehmen möchte, muss durchaus mit Wartezeiten rechnen.“
Diese Hilfestellen für Suchtkranke gibt es in Duisburg:
- Sozialpsychiatrische Dienst des Duisburger Gesundheitsamtes (Ruhrorter Straße 195)
- Suchthilfeverbund Duisburg e.V. (Beekstraße 45b und Rathausstraße 2)
- Suchthilfezentrum Nikolausburg der Caritas (Fürst-Bismarck-Straße 34)
- Die Diakonie stellt unter anderem in der Bahnhofsmission und im Paul-Beier-Haus (Johanniterstraße 29) Informationen und Kontakte zur Suchthilfe bereit
- Das Blaue Kreuz bietet Suchtkranken und auch Angehörigen Hilfe an (Wildstraße 31)
- Die Regenbogen Duisburg gGmbH unterstützt an mehreren Standorten Menschen mit psychischen Erkrankungen, die auch in Zusammenhang mit einer Sucht stehen können