Duisburg. Der Duisburger Hafen wird die „Halle 2“ bauen – und dem Kunstwerk „Rheinorange“ die Strahlkraft rauben. Deswegen meldet sich nun ihr Schöpfer zu Wort.
Wem gehört die Stadt? Na, den Bürgern, antwortet man da doch reflexartig. Das sieht auch Lutz Fritsch so, der diese Frage gestellt hat, und der dementsprechend „verwundert und entsetzt“ ist angesichts dessen, was in der Stadt Duisburg gerade passiert. Fritsch ist nämlich Künstler, in Duisburg wohlbekannt durch seine Stele „Rheinorange“ an der Mündung von Rhein und Ruhr. Und sein Kunstwerk wird bald wohl eine Menge Strahlkraft und auch Sichtbarkeit verlieren. Aber was ist überhaupt passiert?
Der Duisburger Hafen will und wird auf der Mercatorinsel, also in der Sichtachse zwischen Ruhrort und Rheinorange, eine zweite Logistikhalle bauen, im Volksmund nur „Halle 2“ genannt. Dagegen wehren sich die Ruhrorter seit Jahren, ein hässlicher Klotz statt freie Sicht und Hafenromantik: Doch selbst vor dem Oberverwaltungsgericht obsiegte Industrie vor Kultur. Dass die Halle kommen wird, steht seitdem quasi fest.
Umstrittenes Bauwerk in Duisburg: Warum braucht es die „Halle 2“?
Hafenchef Markus Bangen argumentierte bei einem Bürgergespräch zum Bau der Halle so: „Firmen wollen sich in Duisburg ansiedeln und dafür brauchen wir Fläche. Wir sind für den wirtschaftlichen Erfolg verantwortlich und dürfen den Anschluss nicht verlieren.“ Dabei blickte er vor allem nach Italien, wo die Konkurrenz sitzt: Wenn der Flächenbedarf der Interessenten nicht bedient werden könne, sei das langfristig sehr schädlich. Bis zu 400 Arbeitsplätze können in „Halle 2“ entstehen.
Jetzt ist der ungleiche Kampf „Wirtschaft gegen Kultur“ in Duisburg nichts Neues, selbst vor „Tiger & Turtle“ haben die hohen Herren nicht Halt gemacht. Von seinem Schrecken hat das Ganze trotzdem nichts verloren, das sieht auch Lutz Fritsch so. „Es ist unfassbar, wie hier mit öffentlichem Gut, dem Freiraum Mercatorinsel umgegangen wird“, schreibt er in einem offenen Brief, der der Redaktion vorliegt und der auch an Oberbürgermeister Sören Link und Hafenchef Markus Bangen geschickt wurde.
Schöpfer der Duisburger „Rheinorange“: moralische Verantwortung von Hafen und Stadt
„Die Bürgerinnen und Bürger haben viele Jahre darum gekämpft, dass dieser Freiraum als eine Lebensqualität der Stadt Duisburg erhalten bleibt: ein starkes Zeichen, das Politik und Hafengesellschaft ernst nehmen müssen“, schreibt Fritsch. Und dass die Hafengesellschaft als Teil der Stadtgesellschaft eine moralische Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern habe, „diesen besonderen Ort zu bewahren und nicht zu zerstören, was Duisburg lebenswert macht“.
Zu dieser moralischen Verantwortung gehöre für Hafengesellschaft und Duisburger Politik auch, diesen Ort für Duisburger und die, die ob neuer Arbeitsplätze bald Duisburger sein werden, zu kultivieren. „Die Stadt lebt nicht nur vom Hafen, sondern auch mit dem Hafen. Und sie leidet auch unter den Aktivitäten des Hafens.“
„Stadtplanung kann nicht nur von kurzfristigem Profit dominiert werden“
Arbeitsplätze und Hafenerweiterungen, schreibt Lutz Fritsch weiter, ließen sich nicht um jeden Preis erreichen. „Enttäuschte Bürger leben nicht gerne in einer Stadt, in der alles zugebaut und in der Wünsche der Bürger nicht ernst genommen werden. Stadtplanung kann nicht nur von kurzfristigem Profit dominiert werden.“
Die Menschen, sagt der Künstler, wollen nicht nur Hafen, sondern auch leben. „Sie sehnen sich nach einer Lebens- und Aufenthaltsqualität am Wasser, nach freiem Blick auf die Flussmündung und die Hafeneinfahrten. Dieser Blick ist einmalig! Wie viele Städte in Deutschland haben so ein Juwel einer majestätischen Flussmündung mitten in ihrer Stadt?“
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Für Duisburger und seine Bürgerinnen und Bürger wünscht er sich deshalb, dass die Mercatorinsel nicht mit der „Halle 2“ bebaut wird, denn: „Die Hafengesellschaft ist zwar Betreiberin des Geländes, doch die Mercatorinsel gehört der Stadt und ihren Bürgerinnen und Bürgern, das sollte man nie vergessen.“