Duisburg/Moers. Ein Duisburger fährt mit dickem Schaden aus der Waschstraße, doch der Betreiber will nicht zahlen. Der Fahrer sagt: „Dieses Vorgehen hat System.“

Auf einmal heißt es David gegen Goliath. Eigentlich wollte Bernd Klemt aus Duisburg am 30. August nur kurz mit seinem BMW-Cabrio durch die Waschstraße, damit ein Gutachter die Unwetterschäden an seinem Auto unbeschwert aufnehmen kann. Hagelkörner hatten auf dem Dach und der Motorhaube einige Spuren hinterlassen.

Doch die Unwetterschäden waren nach dem Besuch der „IMO Car Wash”-Anlage in Moers-Scherpenberg das kleinste Problem des Hombergers. Eine defekte Bodenplatte beschädigte die beiden Felgen auf der Fahrerseite. Die Mitarbeiter der Waschanlage hätten sofort erkannt, dass es ein Problem gibt, erzählt Klemt: „Die haben nach mir die Waschstraße geschlossen und alle wartenden Autos weggeschickt.“

Auch interessant

Cabrio in Waschstraße beschädigt: Fahrer streitet mit Schadenregulierer

Im Beisein eines Mitarbeiters füllte er das für Schadensfälle vorgesehene Formular aus. Dabei sei ihm nochmal bestätigt worden, dass der Schaden definitiv durch die Bodenplatte verursacht worden war. So weit, so gut, könnte man denken. Doch plötzlich liegt Klemt im Clinch mit der Firma, die die Schadenregulierung für die Waschstraße übernimmt: mit der „Sedgwick Germany GmbH”.

Bernd Klemt aus Duisburg wollte mit seinem BMW-Cabrio nur kurz in die Waschstraße. Jetzt streitet er sich seit Wochen mit dem Betreiber und Schadenregulierer.
Bernd Klemt aus Duisburg wollte mit seinem BMW-Cabrio nur kurz in die Waschstraße. Jetzt streitet er sich seit Wochen mit dem Betreiber und Schadenregulierer. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Bernd Klemt gewährt einen Einblick in seinen Mail-Verlauf. Wenige Tage nach dem Vorfall meldete sich eine Mitarbeiterin von Sedgwick bei ihm. Sie bat ihn, „Fotos mittels eines Maßbandes” vom Schaden zu senden. Außerdem sollte er ein Foto von den „Reißenmaßen” machen. Vermutlich waren die Reifenmaße gemeint. In der Zuversicht, dass sich der Vorfall schnell klären lässt, schickte Klemt die angeforderten Fotos ab.

Rund 1200 Euro teurer Schaden: Waschstraße bietet Gutschein

Daraufhin bekam er eine Mail, aber nicht vom Schadenregulierer, sondern vom Kundenservice der „IMO Autopflege GmbH“ mit Sitz in Mülheim, zu der die Moerser Waschstraße gehört. Im Schreiben heißt es, dass die von ihm beschriebenen Schäden an dem Fahrzeug „nicht eindeutig einem möglichen Defekt unserer Technik oder einem Fehlverhalten unseres Personals“ zuzuordnen seien. Gründe für diese Einschätzung werden nicht genannt.

Damit er „IMO Car Wash“ dennoch „in guter Erinnerung” behält, schenkte ihm das Unternehmen einen Gutschein für eine Gratis-Autowäsche in einer der Anlagen der Waschstraßen-Kette.

Die Felgen des BMW sind beschädigt. Ein Gutachter schätzt den Schaden auf rund 1200 Euro.
Die Felgen des BMW sind beschädigt. Ein Gutachter schätzt den Schaden auf rund 1200 Euro. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Klemts Gutachter, der das Auto ursprünglich nur auf Unwetterschäden untersuchen sollte, habe den bei der Autowäsche entstandenen Schaden auf rund 1200 Euro geschätzt. Die vordere Felge ließe sich reparieren. Die hintere Felge müsse komplett neu gemacht werden. Vielleicht müssen wegen des Allradantriebs alle vier Felgen erneuert werden. Dann wären die Kosten noch höher.

Einen Bordsteinschaden habe der Gutachter aufgrund fehlender Verunreinigungen und Rostpartikel ausgeschlossen. Zumal die Fahrerseite betroffen ist und nicht die Beifahrerseite, wie es bei Bordsteinschäden üblich ist. 

Autofahrer vermutet ein System hinter dem Vorgehen

Dass der Waschstraßen-Betreiber den Schaden nicht zahlen will, empört den Homberger. Er vermutet: „Dieses Vorgehen hat System.” Für „IMO Car Wash“ sei es günstiger, einen Schadenregulierer zu engagieren, der Schadensansprüche abwehrt, anstatt die Beiträge an einen regulären Versicherer zu zahlen, so der Vorwurf. „Wenn von zehn Leuten nur zwei klagen, lohnt sich das natürlich”, so Klemt.

Harald Rahlke von der Verbraucherzentrale Duisburg will nicht ausschließen, dass manche Unternehmen tatsächlich auf solche Strategien setzen. „In den meisten Fällen hilft da nur noch der Rechtsweg”, sagt er. Doch ein solches Vorgehen sei nicht die Regel. In den vergangenen zwölf Monaten sei ihm kein Fall dieser Art begegnet.

Unternehmen reagiert auf kritische Kommentare meist uneinsichtig

„Für viele Personen ist der Rechtsweg finanziell nicht stemmbar oder einfach zu stressig”, meint Bernd Klemt. Ein befreundeter Anwalt hätte ihm gesagt, dass er mit vier- bis fünftausend Euro in Vorleistung gehen müsse, um am Ende eventuell ein paar hundert Euro rauszubekommen. Klagen möchte er daher nicht.

Ihm ist es wichtiger, dass auf das Vorgehen aufmerksam gemacht wird. Er selbst macht es auch, zum Beispiel mit einem Kommentar in den „Google-Rezensionen”. Das Unternehmen antwortet darauf, es reguliere die Ansprüche der Kunden „sehr professionell und nicht unbedacht”. In Klemts Fall hätten „insbesondere Techniker, die spezialisiert auf Waschstraßen sind”, bestätigt, dass sein Anspruch unberechtigt sei. 

Noch mehr Autofahrer beschweren sich über Anlage und Schadenregulierer

Auf Bewertungsportalen wie „Trustpilot” und in den „Google-Rezensionen” beschweren sich einige Nutzer über das Verhalten der Schadenregulierung. Sedgwick bemüht sich, auf die Kommentare zu antworten, bleibt freundlich, aber meist uneinsichtig.

Auch Sascha Sauerbier aus Velbert äußerte sich vor wenigen Tagen kritisch in den „Google-Rezensionen” des Unternehmens. Sein Fall klingt ähnlich wie der des Hombergers. Die Felgen seines Autos seien in einer Anlage von „IMO Car Wash“ beschädigt worden.

„Dieses Vorgehen hat System. Wenn von zehn Leuten nur zwei klagen, lohnt sich das natürlich.“

Bernd Klemt
BMW-Fahrer aus Duisburg

„Ein Mitarbeiter hat den Felgenreiniger zu hoch dosiert”, erzählt Sauerbier. Dies sei ihm von einem Mitarbeiter auch so bestätigt worden. Genauso wie Klemt sollte er den Schaden mit Fotos festhalten und an den Schadenregulierer schicken. Der Mail hat er zudem einen Kostenvoranschlag von 1500 Euro beigefügt. Eine Antwort darauf habe er nicht bekommen.

Zwei Wochen nach dem letzten Kontakt mit Sedgwick habe er versucht, einen Mitarbeiter des Unternehmens zu erreichen. Als dies nach mehreren Anläufen gelang, sei ihm versichert worden, dass sein Fall in Bearbeitung ist. Seit diesem Gespräch seien schon wieder vier Wochen vergangen und weitere Kontaktversuche gescheitert. Jetzt habe er einen Anwalt eingeschaltet. „Anders kommt man an die echt nicht ran”, meint Sauerbier.

Sedgwick lässt Fragen unbeantwortet, „IMO Car Wash“ antwortet nicht

In beiden Fällen bleiben einige Fragen offen: Warum wurde kein Gutachter beauftragt, der den Schaden vor Ort prüft? Inwiefern kann man überhaupt anhand von Fotos zu einer fundierten Einschätzung kommen? Was sehen die spezialisierten Techniker als Ursache?

Auf eine entsprechende Anfrage der Redaktion meldet sich Judy Molnar, Sprecherin der Sedgwick-Gruppe, zu der die „Sedgwick Germany GmbH“ gehört. Die Fragen lässt sie jedoch unbeantwortet, weil eine Beantwortung „einen Verstoß gegen unsere Richtlinien und die gesetzliche Verpflichtung zur Wahrung der Vertraulichkeit von Kundendaten darstellen“ würde.

Ebenfalls führt sie mit diesem Verweis nicht näher aus, wie die Schadensbearbeitung im Unternehmen generell abläuft und wie die Zusammenarbeit mit „IMO Car Wash“ funktioniert. Die „IMO Autopflege GmbH“ reagierte gar nicht auf eine telefonische und schriftliche Anfrage.

Fahrer bleibt hartnäckig: Jetzt gibt Sedgwick Fehler zu

Für Bernd Klemt aus Duisburg-Homberg scheint sich trotzdem etwas zu bewegen. Obwohl er auf den Rechtsweg verzichtet, hat ihn das Thema weiter umgetrieben. Nach mehreren Wochen gesteht Sedgwick nun in einer Mail ein, dass die Bearbeitung von Klemts Felgenschaden nicht ganz fehlerfrei abgelaufen sei.

Der Waschstraßenbetreiber habe ursprünglich keinen Schaden an der Anlage gemeldet, heißt es. In Verbindung mit der ermittelten Reifenhöhe sei Sedgwick zum Schluss gekommen, dass der Schaden nicht im Zusammenhang mit einem technischen Defekt steht. Jetzt habe das Unternehmen aber noch mal mit dem Betreiber gesprochen, die Fotos ausgewertet und dadurch festgestellt, dass die Ausfahrtklappe tatsächlich defekt war.

Im Schreiben wurde Klemt aufgefordert, einen Kostenvoranschlag zu schicken. Noch am selben Tag bekam er von Sedgwick eine Zahlungsbestätigung. Zumindest in seinem Fall scheint sich die Hartnäckigkeit ausgezahlt zu haben.

+++ Folgen Sie der WAZ Duisburg auch auf Instagram +++